Trainierte Mitarbeiter sind das A und O

26.11.1998

MÜNCHEN: Telemarketing ist in Deutschland noch ein Stiefkind, während diese Werbeform in den USA über die vergangenen Jahre hohe Zuwachsraten verzeichnet. Franz-Josef Baumann* beschreibt, wie IT-Fachhändler dieses Direkt-Marketing-Instrument zur Kundenansprache heranziehen können.Telemarketing ist eine Form des Direktmarketings. Jeder kennt personalisierte Werbesendungen, die zu hunderten über das Jahr in die Briefkästen der Verbraucher wandern. Eine bessere, weil persönlichere Form der Kundenansprache ist das Telemarketing. Gut geschulte Call-Center-Agents rufen Altkunden oder potentielle Neukunden an und führen (bei Altkunden) Zufriedenheitsbefragungen durch, machen auf neue Produkte aufmerksam oder fragen im Sinne eines guten Services nach, ob sie für den Kunden etwas tun können. Besonders gute Ergebnisse werden auch erzielt, wenn man auf zuvor versandte Mailings nachfaßt.

Wenn Telemarketing richtig eingesetzt wird, freuen sich die Angerufenen über einen guten Service, der ihnen den Weg zum Händler abnimmt, und sie fühlen sich als Kunden ernst genommen. Wenn es schiefgeht, fühlen sich die Angerufenen belästigt. Deswegen ist es wichtig, trainierte Mitarbeiter ans Telefon zu setzen.

Warum Telemarketing?

Die Produkte der einzelnen Unternehmen werden immer weniger unterscheidbar. In der Regel wird die gleiche Technik eingesetzt. Damit beschränkt sich die Entscheidung der Kunden oft nur auf Markennamen. Ein Weg, Neukunden zu gewinnen und Stammkunden zu binden, ist, die Produkte mit besonderen Dienstleistungen zu bündeln. Dabei kommen Telemarketiers ins Spiel.

Im Mutterland des Dienstes am Kunden, den USA, ist Telemarketing fester Bestandteil einer Service-Strategie. Mit keinem anderen Medium lassen sich die Kunden so persönlich erreichen, und kein anderes Mittel bringt den Unternehmen so viele Informationen über die Vorlieben und Bedürfnisse ihrer Kunden.

Diesseits des Ozeans sind viele Unternehmen noch recht zögerlich mit dem Einsatz von Telefonmarketing. Es wird oft mit dem Schmuddelimage dubioser Anlageberatungen in Verbindung gebracht. Diese haben in der Vergangenheit angelernte Aushilfskräfte für sich telefonieren lassen und damit das Telemarketing an sich in Verruf gebracht.

Im IT-Markt gehen viele Privatkunden zum Fachhändler, um sich beraten zu lassen und kaufen dann doch beim Discounter. Firmenkunden dagegen suchen eine zuverlässige Lösung für die Probleme in ihrem Unternehmen und wollen bei einem technischen Ausfall nicht im Regen stehen. Das eigentliche Geschäft spielt sich für viele Händler deswegen bei Unternehmenskunden ab. Sie können von Systemhäusern aus zwei Gründen angerufen werden:

- Bestehende Kunden sollen durch Service enger an den Fachhändler gebunden werden. Dabei können zugleich die After-sales-Umsätze signifikant gesteigert werden, denn jeder Kontakt zu Kunden ermöglicht potentiell den Verkauf einer neuen Lösung für die aktuellen Probleme der Kunden.

- Durch besondere Ansprache sollen neue Kunden geworben werden, die vielleicht mit dem Service ihres augenblicklichen Lieferanten nicht zufrieden sind oder Lösungen suchen, die er nicht bieten kann.

Daneben setzen viele Händler auch passives Telemarketing ein, um Support und Service zu leisten. Im Gegensatz zum aktiven Telemarketing, bei dem der Call-Center-Agent den Kunden anruft, melden sich die Kunden beim passiven Telemarketing von selbst, um beispielsweise eine Hotline in Anspruch zu nehmen. Trotz des eher serviceorientierten Ansatzes kommen auch viele Umsätze über diese Schiene zustande, so daß sich die Investition in dieses Mittel in der Regel lohnt.

Aufbau eines Call-Centers

Für ein Telemarketing-Projekt ist gute Planung das A und O. Wichtig ist vor allem, sich über seine Erwartungen und damit die genaue Zielsetzung bewußt zu werden. Im Telemarketing werden oft mehrere Ziele mit unterschiedlicher Gewichtung verfolgt. Teilziele können sein: Neukundenakquise, besserer Service für bestehende Kunden, After-sales-Umsätze steigern, mehr Informationen über die Kunden zu gewinnen.

Die nächste Frage ist, ob Telemarketing mit Fachkräften im eigenen Haus oder mit einem externen Dienstleister durchgeführt wird. Wenn ein Call-Center im eigenen Unternehmen aufgebaut wird, ist es ratsam, die Mitarbeiter durch Berater schulen zu lassen. Egal welcher Weg eingeschlagen wird, das eigentliche Telefonmarketing sollten nur ausgebildete und fachlich kompetente Kommunikationsprofis durchführen.

Ob das Telemarketing vor Ort abgewickelt oder vollständig außer Haus vergeben werden soll, hängt vor allen Dingen von der Größe des Betriebes und der Zielsetzung ab. Jeder eingesetzte Mitarbeiter kann bis zu 1.000 Adressen pro Monat anrufen. Oft ist es aber gar nicht notwendig, eine eigene Telemarketing-Abteilung aufzubauen. Viele Ziele lassen sich mit einer oder zwei konzentrierten Aktionen pro Jahr erreichen.

Eine entsprechende Aktion führte Teleaktiv für Kaufmann Datentechnik in Würzburg durch. Ziel der Aktion war es, neue Kunden im Business-Bereich zu gewinnen und dabei Markenprodukte (PCs, Drucker) bereits am Telefon zu verkaufen. Kaufmann Datentechnik wollte mit dieser Aktion 40 Neukunden mit Potiential hinzugewinnen, der geplante Mehrumsatz sollte 80.000 Mark betragen. Zu diesem Zweck stellte das Unternehmen 1.000 Datensätze mittelständischer Firmen zur Verfügung. Nach Abschluß der Aktion hatte Kaufmann Datentechnik 98 Neukunden mit Potential hinzugewonnen und einen Mehrumsatz von 136.000 Mark erzielt. Die Gesamtkosten der Aktion beliefen sich auf 18.000 Mark

Für eine funktionierende Telemarketing-Abteilung müssen mindestens zwei Vollzeitarbeitskräfte nur für diesen Zweck abgestellt werden, besser noch drei. Es zeigt sich, daß ansonsten die Qualität des Telemarketings abflacht, da ohne gegenseitige Beratung sich mehr und mehr Fehler einschleichen.

Erfahrungsgemäß ist es schwierig, die "normalen" Mitarbeiter das Telemarketing nebenher erledigen zu lassen. Sie können sich schlecht mit anderen Tätigkeiten belasten, während sie mittels einer umfangreichen Rückrufliste versuchen, die gewünschten Gesprächspartner zu erreichen. Umgekehrt kann der Anruf eines Kunden mitten in hektische Aktivität fallen, so daß der Mitarbeiter sich nicht richtig auf dessen Bedürfnisse konzentrieren kann.

Seit kurzem gibt es den IHK-Ausbildungsgang zum Call-Center-Agent. Der Bedarf nach diesen Fachkräften übersteigt allerdings das Angebot bei weitem.

Wenn das Call-Center ausgelagert wird, ist es wichtig zu prüfen, wieviel Erfahrung das Telemarketing-Unternehmen mit dem IT-Handel bisher bereits gemacht hat. Wissen die Telemarketiers über Arbeitsabläufe in einem Systemhaus Bescheid? Schließlich treten die Call-Center-Agents am Telefon als Mitarbeiter des IT-Händlers auf, Inkompetenz und Überforderung sind kein gutes Aushängeschild.

Zielgruppenauswertung mit Datenbanken

Neben der Umsatzsteigerung sind die gewonnenen Kundendaten der eigentliche Schatz, der beim Telemarketing gehoben werden kann. Die Vielzahl der Daten, die der Call-Center-Agent erfährt, werden jedoch erst dann zur Information, wenn sie entsprechend geordnet in einer Datenbank vorliegen. Auch hier gilt: Fertige Lösungen sind der falsche Weg. Die Datenbank muß auf die eigenen Bedürfnisse angepaßt werden. Fertige Datenbanken zusammen mit den eigenen Kundendatensätzen werden als Ausgangsbasis herangezogen. Oft sind sie nicht mehr aktuell oder enthalten Dubletten. Das Ziel ist, eine fehlerfreie Datenbank aufzubauen. Mit ihr ist es dann ein Leichtes, tagesaktuelle Listen mit Gesprächspartnern und deren Problemen zu erstellen, Adressen herauszufiltern, zu denen ein Vertriebsmitarbeiter vor Ort geschickt werden soll, oder eine Fragenliste, die an Hersteller weitergegeben wird, zu formulieren.

Was kostet Telemarketing?

Der Aufbau einer eigenen Telemarketing-Abteilung schlägt bei zwei Arbeitsplätzen mit durchschnittlich 16.000 Mark zu Buche, darin enthalten sind die notwendigen Computer, Telefonequipment, Software und eine kommerzielle Datenbank mit geeigneten Kundendaten. Für Beratung und Schulung müssen noch einmal rund 10.000 Mark gerechnet werden. Beide Beträge fallen in der Regel nur einmalig an. Die Lohnkosten eines ausgebildeten Call-Center-Agent betragen zwischen 63.000 und 75.000 Mark im Jahr.

Die Preisbildung externer Telemarketing-Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Es gibt Unternehmen, die neben einer Grundgebühr erfolgsabhängige Gebühren vereinbaren, andere beziehen in ihre Abrechung nur Nettokontakte (das heißt, wenn der gewünschte Gesprächspartner erreicht wurde) ein. Werden die einzelnen Angebote auf der Basis von Nettokontakten umgerechnet, so liegt der einzelne Nettokontakt inklusive der Telefongebühren durchschnittlich bei 17 Mark. Damit sind die Kosten bei Einschaltung eines externen Dienstleisters allein von der Anzahl der anzutelefonierenden Adressen abhängig. Wenn zum Beispiel pro Monat 200 Unternehmen antelefoniert werden, betragen die monatlichen Kosten 3.400 Mark.

*Franz-Josef Baumann ist Geschäftsführer des Telemarketing-Unternehmens Tele Aktiv in Würzburg.

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