Treiben Grafikkarten die Leistungsspirale an?

30.08.2001
Der Herbst steht vor der Tür, und mit ihm beginnt das Jahresendgeschäft. Höchste Zeit also, sich mit den aktuellen Begebenheiten im Markt für Grafikkarten zu beschäftigen.

Kaum eine PC-Komponente ist so starken Leistungs- und Modetrends unterworfen wie Grafikkarten. Hardcore-User rüsten alle drei bis sechs Monate mit einer neuen Karte nach, der durchschnittliche Verbraucher reagiert eher mit einem Achselzucken. Oftmals ist es schwer vorherzusagen, welche Techniktrends ein gutes Geschäft bedeuten und was eher ein Flop zu werden droht.

Ein Beispiel dafür, dass sich der Markt schwer einschätzen lässt, ist der Kyro-/Kyro-II-Chip von ST Microelectronics. Ende des vergangenen Jahres lagen Karten mit dem Kyro-Chip wie Blei in den Regalen, wohingegen in diesem Sommer der Kyro II (und mit Einschränkungen auch der Kyro) die absoluten Renner sind. Die Qualität der angebotenen Produkte mit diesen Chips war vergangenes Jahr sicherlich nicht schlechter als in dieser Saison, die Vermarktung aber schon. Mit der Einführung von Herculeskarten mit den Kyro-/Kyro-II-Chips wurde der Markt aufgerüttelt.

Ähnlich sieht es bei der Software aus. Neue Spiele, die in der Szene favorisiert werden, setzen nicht nur im Bereich der Top-Produkte - wie eine Geforce 3 - Kaufanreize, sondern kurbeln den gesamten Markt an. Als Beispiel sei hier Max Payne angeführt, ein Ressourcen fressender Third Person Shooter, der schon vor dem eigentlichen Launch einen gewissen Kultstatus erlangt hatte. Leider bietet er aber keine wirklich neuen 3D-Features. Klar, dass alle Grafik-Freaks sich schnellstmöglich mit allem, was teuer und edel ist, eindecken. Allerdings ist dieser Markt begrenzt.

Doch auch der Mainstream-Bereich bekommt von diesem Impuls etwas ab, wenn auch mit Verzögerung. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man davon ausgehen, dass Max Payne auf jeden Fall im Weihnachtsgeschäft von sich reden machen wird.

Und welche Karten werden im Jahresendgeschäft die Renner? Klar, dass Nvidia zu den Gewinnern gehören wird. Hier dürften - Preiskorrekturen nach unten vorausgesetzt - die Klassen von MX 400 aufwärts das Rennen machen. Eine in der Leistung reduzierte MX 200 wird es auch bei einem Top-Preis schwer haben, denn die Performance ist zu dünn. Falls es eine "abgespeckte" Geforce-3-Variante noch rechtzeitig zum Oktober in die Regale schafft, hat sie mit Sicherheit auch gute Chancen, in der Käufergunst weit oben zu rangieren.

ATI fordert Nvidia heraus

ATI will mit dem Radeon-8500-Grafikprozessor für den Highend-Bereich und dem Radeon 7500 im Mainstream und gleichnamigen Boards attraktive Produkte gegen die allgegenwärtigen Nvidia-Karten auf den Markt bringen. Eine Einschätzung des Erfolges lässt sich im Vorfeld gar nicht tätigen, da die reine Performance nicht unbedingt das Hauptargument für eine breite Akzeptanz von ATI-Karten im Massenmarkt ist.

Viel wichtiger werden die Fragen sein, welche Hersteller ATI-Chips verbauen und welche der Anbieter eine breite Distribution besitzen werden. Diese Fragen sind bis jetzt von offizieller Seite nicht geklärt. Gerüchteweise taucht auf einigen Websites schon fast ein Dutzend potenzieller Integratoren auf. Falls sich das bestätigt, dürfte es die Marktchancen der neuen Radeons erheblich steigern.

Radeon in zwei Ausführungen

Bestätigt dagegen sind die Eckdaten der Karten: 250 MHz Chiptakt und 550 MHz DDR-Speichertakt für das 8500er-Modell sowie Werte von 270 MHz und 460 MHz für die Radeon 7500. Die Endkundenpreise der Radeon 8500 werden im Bereich der aktuellen Geforce-3-Karten liegen, die Radeon 7500 wird sich wohl in einer Preisklasse oberhalb der aktuellen MX-Versionen bewegen. Für beide Karten sieht ATI sowohl Video- als auch DVI-Ausgänge vor. Mit 550 MHz RAM-Takt setzt sich das Unternehmen an die Spitze der erhältlichen Boards.

Offen ist allerdings noch die Frage offen, wie sich die Performance in aktuellen und besonders auch in kommenden Spielen bemerkbar macht, denn der eigentliche Prüfstein für die neue Grafikgeneration wird zweifellos Unreal 2. Bisher mussten sich aktuelle Grafikkarten an 3D-Engines messen, die schon rund zwei Jahre alt sind. Der Effekt ist klar: Da keine wirklich bahnbrechenden Features unterstützt werden müssen, ist die Beurteilung fast ausschließlich auf die Geschwindigkeit begrenzt.

Für den Handel bedeutet das in der Argumentation, dass sich normalerweise eine teurere Karte gegenüber einer billigeren dadurch auszeichnet, dass sie einfach schneller ist. Bei Unreal 2 zum Beispiel wird die Bildqualität bei "spielbarer" Frame-Rate zu einem entscheidendem Kriterium. Es ist zu erwarten, das auch weniger ambitionierte Spieler zu einer etwas leistungsstärkeren und teureren Karte greifen werden, da sich alle gebotenen optischen Features mit einer einzigen, noch dazu recht aktuellen Karte nutzen lassen.

Auch von ST Microelectronics sind neue Chips zu erwarten. Mit Details hält sich der französische Halbleiter-Riese bedeckt, aber inoffizielle Informationen aus verschiedenen Internetquellen weisen auf einen aufgebohrten Kyro-II-Chip mit deutlich höheren Taktfrequenzen hin. Andere erwarten eine komplett neue Chipgeneration mit implementierter Transform- und Lighting-Hardware-Beschleunigung. Letzterer soll dann auch endgültig die Eintrittskarte in die Grafik-Spitzenklasse werden.

www.ati.com

www.nvidia.de

www.eu.st.com

ComputerPartner-Meinung:

Der Markt für Grafikkarten ist und bleibt spannend. Nachdem zuletzt Nvidia auf Kosten von ATI Marktanteile abgeben musste und die neuesten Radeon-Modelle viel versprechen, wird es nicht lange dauern, bis Nvidia mit einer neuen Preissenkung zurückschlägt. (cu)

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