Triforium 2002: Microsoft hat viel vor und noch mehr vor sich

14.02.2002
Drei Tage lang wälzten sich fast 2.000 Microsoft-Kunden und -Partner durch die Hallen des Berliner Hotels Estrel. Sie waren zur "Triforium 2002"-Veranstaltung gekommen. Das beliebte "Networking" fand tagsüber und am Abend statt; Microsofts Sicht der IT-Welt kam nicht zu kurz, ebenso wenig wie Bekenntnisse an die Adresse der Partner und eine Reihe Hausaufgaben für diese.

So viele registrierte Besucher und bekennende Anhänger bringt in Deutschland kaum ein IT-Firma zusammen. Kein Wunder also, dass die Deutschlandchefs Microsofts - Kurt Sibold, Walter Seemayer, Wolfgang Ebermann, Gerd Olsowsky-Klein und Michael Hartmann - es sich kollektiv nicht nehmen ließen, allen Versammelten zur "Triforium 2002"-Eröffnung erst auf die Schulter zu klopfen, um sie dann daran zu erinnern, welche Aufgaben trotz des Erreichten - unter anderem 30 Prozent Zuwachs im Mittelstandsgeschäft im vergangenen Jahr - noch vor ihnen stünden. "Wir wollen mit Ihnen die Themen Produktivität der Mitarbeiter, IT-Integration und Sicherheit zum Thema der nächsten zwölf Monate machen", stimmte Kurt Sibold das Auditorium ein.

Seitdem Bill Gates "Trustworthy Computing" (vertrauenswürdiger Computereinsatz) zum strategischen Schwerpunkt der Redmonder erhoben hat, entpuppen sich die Microsoft-Offiziellen als unnachgiebig besorgte Sicherheitsexperten. "Alle Entwickler werden sich im nächsten Monat nur mit Sicherheit beschäftigen", verrät Sascha Hanke, Technical-Product-Manager Windows, im Gespräch. Keine Patches im nächsten Monat? Oder umgekehrt jeden Tag Megabyte-Dateien? "Keine!", sagt er mit abgesenkter Stimme. Zudem sieht er so überzeugt drein, dass man nahe dran ist, die fast täglichen Meldungen über Softwarelöcher in Windows-Produkten für schlecht recherchierte Gerüchte zu halten.

Probleme bei XP-Umstellung nicht bekannt

Diese Sicherheitsoffensive hat die Company mit erheblichem Marketingaufwand in Szene gesetzt - doch wie will Microsoft zum Beispiel das rund 70 Millionen Zeilen Code umfassende XP umschreiben, nachdem es rückwärtskompatibel sein soll und deshalb ältere Windows-Speicheradressierungen berücksichtigen muss? Hierzu passt, dass sich die Company für Berlin überhaupt offizielle Sprachregelungen verordnet hat. Zum Beispiel zur heftig debattierten Windows-Migration auf XP. "Sie ist problemlos!", sagt Hanke. "Auch bei AD (Active Directory)?" "Sie können", erwidert der XP-Exerperte, "die in Windows NT angelegte Struktur komplett übernehmen. Natürlich müssen Sie dann weitere Funktionalität hinzufügen."

Die gerade dadurch entstehenden Probleme, die beispielsweise Marktforscher Gartner dazu veranlassten, Benutzer vor der Illusion einer schnellen Migration im Unternehmensbereich zu warnen, sieht er als gewissermaßen übertrieben an.

"Wir haben zu wenig auf Sicherheit gesetzt"

Dass Microsoft jetzt schon alle Tools bereithält, um die Integration von Geschäftsbeziehungen in Unternehmen (in der Größenordnung 50 bis 1.000 PCs) und mit Kunden zu realisieren, versichert Wolfgang Ebermann, Direktor Vertrieb Mittelstand. Kein Wort verliert er zu Problemen mit Schnittstellen, die Microsoft bis heute nicht veröffentlicht, und Sicherheitsprobleme mit Microsoft-Servern erklärt er zum Thema der Vergangenheit. "Wir haben darauf zu wenig geachtet. Aber jetzt hat das Thema Sicherheit oberste Priorität, und wir werden alles tun, um unsere Software sicher zu machen." Genau.

Kommende Partneraufgaben

Sicherheit von Kundennetzen wird also ein großes Thema. Als zweites Thema wurde in den Vorträgen die "Integration bestehender IT-Landschaften" propagiert. Daran bastelt Microsoft bekanntlich schon seit den NT-Jahren; was aber nun gefragt ist, bezeichnet das Unternehmen im Dreischritt "Integration", "Informations-Management in Unternehmen" und "CRM/E-Commerce". Entsprechend sollen Partner für diese Aufgaben mobilisiert werden - angesichts des Reservoirs von allein 1.200 zertifizierten Partnern eine lösbare Aufgabe.

Doch damit sich diese nicht gegenseitig das Leben schwer machen, gibt es eine schlichte Tabelle. Mit "Künftige Geschäftsfelder" ist sie überschrieben; aufgelistet werden folgende Partner-Geschäftsfelder: ISV, Business-Lösung, Infrastruktur-Lösung, Lizenz und Training.

"Es ist Platz für alle", sagt Mittelstands-Manager Ebermann und fasst dabei den trotz der Zuwächse immer noch "schlummernden" Mittelstand ins Auge. Zwar macht er sich Sorgen, ob der Mittelstand dem Microsoft-Weg folgen kann: "Ist er technisch bereit?", doch mit Hilfe der Partner, neuen Account-Managern, Tele-Sales-Unterstützung und dem Angebot an Partnern, sich auf extra eingerichteten Microsoft-Seiten zu vernetzen und so solidarische Online-Hilfe untereinander zu pflegen, müsste der Plan aufgehen, auch die Server- und Applikationswelt des Mittelstands auf die Redmonder einzuschwören.

In Zukunft: Dotnet

Zwar meldeten Partner vereinzelt Widerstand gegen solchermaßen "par Ordre du Mufti" verfügte Aufgabenzuteilung an, doch insgesamt waren sie einverstanden. Schließlich sind sie angesichts des ausgesprochen weiten Feldes, das Microsoft für seine Partner beschreibt, pragmatisch. Und gespannt.

Denn natürlich war die "Dotnet"-Strategie ein zentrales, viel beachtetes Thema des Treffens in Berlin. In mehreren, ausgesprochen gut besuchten Vorträgen warben Marketiers und Techniker für die (verkürzt gesagt) auf einer universellen Laufzeit-Bibliothek beruhende Architektur. Sie soll unter Benutzung von Schnittstellen zwischen Dotnet-Anwendungen und dem Betriebssystem (vergleichbar der "Java Virtuell Machine") universell Softwaredienste via Web anbieten - gleichgültig, welches Gerät die Dienste aufruft.

Es steht zwar noch dahin, wie im einzelnen Webdienste aussehen sollen, doch immerhin wurde einem Partner so viel klar, dass "wir uns in den nächsten vier Jahren darauf einstellen müssen: Microsoft wird zum Lösungsanbieter".

Wie sich dann die Zusammenarbeit mit Microsoft gestalte, müsse er sich noch überlegen, doch bis dahin werde er auf jeden Fall mit der Company zusammenarbeiten. "Es gibt kein erfolgreicheres IT-Unternehmen." Und da es die vielen angereisten Partner nicht anders sahen, war das "Triforium 2002" dann doch ein Erfolg.

www.microsoft.com/germany/

ComputerPartner-Meinung:

Mit der "Triforium"-Veranstaltung führte Microsoft vor, wie attraktiv es für Partner und Kunden ist. Daran ändern schwerwiegende Einwände nichts. Die Company aus Redmond muss Konkurrenz so lange nicht befürchten, wie sie es schafft, ihre Software, auf nahezu jedem Desktop unvermeidlich, auch für IT-Infrastruktur-Projekte attraktiv für die Kunden zu machen. Nur, die Company hat nach wie vor ein Ziel: die definitive Eroberung der IT-Infrastruktur. Daran, wie sie dieses Vorhaben vorantreiben, werden künftig Partner gemessen. Sie werden das zu spüren bekommen: entweder mit Microsoft oder ohne die Company - eine Strategie des "sowohl als auch" hat da keinen Platz. (wl)

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