Trotz aller Unkenrufe: HP bricht eine Lanze für den indirekten PC-Vertrieb

26.09.1997
PALO ALTO, USA: Hewlett-Packard will die Nummer eins im PC-Sektor werden. Die derzeitige Nummer drei im weltweiten Markt konzipierte zu diesen Zweck wieder einmal eine neue, globale Vertriebsstrategie. Die hat verdächtige Parallelen zur Compaq-Politik und soll auch weiterhin den Fachhandel zentral mit in die Abwicklung einbinden.Vor kurzem veröffentlichte das Marktforschungsunternehmen IDC eine Studie, die in Fachhandelskreisen für Zündstoff sorgen wird: Der Vertrieb von PC-Systemen über den indirekten Kanal, wie er bislang praktiziert wurde, sei heutzutage in weiten Feldern schlicht überholt - und das weltweit (siehe Kasten "Im PC-Bereich werden direkter und indirekter Kanal kooperieren müssen").

PALO ALTO, USA: Hewlett-Packard will die Nummer eins im PC-Sektor werden. Die derzeitige Nummer drei im weltweiten Markt konzipierte zu diesen Zweck wieder einmal eine neue, globale Vertriebsstrategie. Die hat verdächtige Parallelen zur Compaq-Politik und soll auch weiterhin den Fachhandel zentral mit in die Abwicklung einbinden.Vor kurzem veröffentlichte das Marktforschungsunternehmen IDC eine Studie, die in Fachhandelskreisen für Zündstoff sorgen wird: Der Vertrieb von PC-Systemen über den indirekten Kanal, wie er bislang praktiziert wurde, sei heutzutage in weiten Feldern schlicht überholt - und das weltweit (siehe Kasten "Im PC-Bereich werden direkter und indirekter Kanal kooperieren müssen").

Doch dieser harte Theoriebrocken wird, kaum daß er in Umlauf gebracht wurde, verdaulich gemacht durch Verlautbarungen führender Hersteller wie Compaq oder Hewlett-Packard, die dem Indirektvertrieb weiterhin eine Zentralstellung in der Vertriebsstrategie zugestehen.

Wir werden unser globales Vertriebssystem neu organisieren und sind überzeugt, daß dem Vertrieb über Zwischenhändler weiterhin die zentrale Rolle zukommt", bestätigt in diesem Zusammenhang Jacques Clay, Leiter des PC-Geschäftsbereiches bei Hewlett-Packard, anläßlich der Produkteinführung der "Brio"-Familie (siehe Kasten). Bis zum Jahr 2000, so das ehrgeizige Ziel des Herstellers, soll HP weltweit noch vor Compaq und IBM die Liste der erfolgreichsten PC-Hersteller anführen.

Der Markt für Client-Systeme, also PCs, Portables und Palmtops, wird Clays Prognosen zufolge von derzeit rund 65 Milliarden auf etwa 100 Milliarden Dollar innerhalb der kommenden drei Jahre wachsen. "Und der Marktführer dürfte mit 15 bis 20 Prozent daran beteiligt sein", schätzt Clay, in der Hoffnung, daß sein Unternehmen auf dem Siegertreppchen ganz oben stehen wird.

Dabei rechnet er nach wie vor auf die Unterstützung und Loyalität seiner Handelspartner. "Wer weiterhin kostengünstige Standard-Geräte bei uns bestellen will, kann das natürlich tun. Wir werden aber in Zukunft nur noch auf feste Aufträge - und nicht mehr auf Prognosen hin - produzieren", verrät er Punkt eins der neuen Strategie. Zudem sollen "ausgewählte Vertriebspartner in Kürze dazu befähigt werden, einige HP-Modelle selber zu montieren".

ECTO-Programm mit Actebis hat neue Marktanteile gebracht

In Deutschland startete der Hersteller mit seinem ECTO-Programm (Extended Configuration to Order) in Zusammenarbeit mit Actebis bereits Anfang des Jahres seinen ersten entsprechenden Versuchsballon, der dem Vernehmen nach gut im Markt ankommt, einem Manager in der Deutschland-Zentrale zufolge sogar "deutlich Marktanteile gebracht" hat. Das ECTO-Programm, das bisher für die HP Vectra PC der V-Linie läuft, wird es HP zufolge zukünftig auch für die Einstiegs-PCs geben. Damit könne sich jeder Kunde einen PC nach seinen Vorstellungen zusammenstellen lassen.

Der Fachhändler, so die Vorstellung des Herstellers, nehme die Anforderungen des Kunden auf und gibt die Bestellung online an den Distributor weiter. "Innerhalb von 48 Stungen konfiguriert der Distributor nach den Vorgaben des Kunden den gewünschten PC und liefert ihn aus", beschreibt ein Firmensprecher das Wunschszenario. Unternehmensnahen Kreisen zufolge hat sich Actebis bis Ende des Jahres die Exklusivrechte an der "Final Assembly" für Hewlett-Packard gesichert, neue Partner werden also voraussichtlich erst in den kommenden Monaten genannt.

Neues Vertriebskonzept soll auch Preise für PC-Kosten senken

Clay verspricht sich durch sein neues Konzept verminderte Lagerhaltungskosten - für sich und auch für die Vertriebspartner. Einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (11. September) zufolge erwartet er eine Kostensenkung zwischen fünf und 15 Prozent. Damit, so heißt es in der FAZ, wolle HP den "Kostenvorteil von Direktanbieter Dell, dem derzeit erfolgreichsten PC-Hersteller, weitgehend eliminieren". Dessen Vorteil beruhe weniger auf dem Direktvertrieb als vielmehr darauf, daß Dell nur auf feste Aufträge hin fertige. Nichtsdestotrotz ließ es sich Clay nicht nehmen, vor der Presse darauf hinzuweisen, daß "Hewlett-Packard weiterhin Geräte an Großkunden direkt verkauft".

Allerdings, so versichert die Deutschland-Zentrale in Böblingen, habe man durch "Vendor Express" ein Verfahren konzipiert, das eine Brücke schlage über die Kluft Direkt- und Indirektkanal: Es gibt für HP-Handelspartner die Möglichkeit, den Hersteller als Untervertragsnehmer die technische Abwicklung bei einem Großkunden übernehmen zu lassen, während er selber offiziell als Vertrags-erfüller (Rechnungstellung, Überweisungsanschrift) auftritt. Das, so lästert ein HP-Händler, sei zwar mehr eine "recht wackelige Hängebrücke", nutzen würde er es im Fall der Fälle aber in jedem Fall. (du)

Jacques Clay, Vice-President und General Manager der Extended Desktop Business Unit bei Hewlett-Packard: "Dem Vertrieb über Zwischenhändler kommt weiterhin die zentrale Rolle zu." Großkunden werden allerdings weiter direkt beliefert.

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