Trotz Apple-Gewinn bleibt der Handel skeptisch

02.06.1998

ISMANING: 47 Millionen Dollar Gewinn bei einem Umsatz von 1illiarden Dollar lautet die Bilanz von Apple für das erste Quartal 1997/98. Doch der Jubelschrei, in den die Deutschlandfiliale selbstredend mit einstimmt, stößt bei Applehändlern eher auf Skepsis. Sie kritisieren Produktstrategie und -verfügbarkeit.Das erste Quartal 1998 (Stichtag 31.12.97) hat es Peter Dewald, Geschäftsführer von Apple Deutschland, angetan: "Wir sind wieder in einer Wachstumsphase" freut er sich angesichts des Zahlenwerks, das er für die Regionen Deutschland, Österreich und Schweiz, aber auch stellvertretend für seinen Dauer-Interims-Chef Steven Jobs weltweit vorlegen kann (siehe Kasten). Und da er annimmt, daß der "deutliche Umschwung", den er seit der Macworld festgestellt hat, seinem Unternehmen treu bleiben wird, ist er auch wieder am Pläneschmieden: "Mittelfristig müssen wir wachsen. Dazu werden wir weitere Segmente erschließen", kündigt er an.

Doch die Freude der Cupertiner und Ismaniger wollen viele Applehändler so nicht teilen. "Was soll ich meinen Kunden sagen, wenn sie einen billigen Arbeitsplatzrechner, etwa für Textverarbeitung, verlangen?", überlegt beispielsweise ein Münchener Apple-Händler. Seine Forderung lautet: "Apple muß für Verlagskunden ein Lowend-Modell anbieten." Ihn bestätigt ein Broadline-Distributor: "Apple hat zwar mit Bundleangeboten, also Rechner mit 15-Zoll-Monitoren, seine Lager aufgeräumt. Aber für den Kunden heißt das, er muß vergleichsweise teure Rechner kaufen." Oder Umax-Clones, was paradoxerweise einen Bonusabzug für Apple-Händler nach sich zieht. Oder einen Intel-Rechner - was nach Ansicht des Apple-Händlers den "Anfang einer Systemumstellung bedeutet". Einen Lowentry-Rechner anzubieten ist jedoch bei der derzeitigen Apple-Politik nahezu ausgeschlossen. Nach der radikalen Produktbereinigung des vorigen Jahres steht auf Apple?s "To do"-Liste die Konzentration auf das profitable Highendgeschäft mit den neuen G3-Rechnern und MacOS 8.1 ganz oben. Doch auch diese Maxime, die Präsident Jobs mit "Think profit" zusammengefaßt hat und die Apple derzeit mit der weltweiten Marketingkampagne "Think different" und mit "agressiven Preisen" (Dewald) unter die Leute bringen will, bereitet bei der Umsetzung offensichtlich Probleme.

"Apple liefert zu langsam", beschwert sich ein Applehändler. "Das ist fatal, da Kunden sich heute sehr schnell entscheiden." Ihn will ein Münchener Distributor nur zum Teil bestätigen: "Im Publishing-Bereich kommen Kunden mit festen Vorstellungen. Sie nehmen nicht einfach irgendeinen Rechner." Trotzdem hat er auch er von dem G3-Boom, den die Apple-Zentrale mit "sehr starke Nachfrage und Umsatz" beschreibt, noch nicht viel gespürt. " Unser Umsatz mit Apple-Rechnern ist konstant geblieben", bilanziert er das letzte Quartal.

Seine Vermutung ist deshalb, daß das positive Apple-Ergebnis vor allem durch die stärke Konzentration auf den amerikanischen Markt bewirkt wurde. Das glaubt auch Apple-Händler Hans Günther Schuh. Zwar freut sich der Geschäftsführer, der seit seinem Clone-Streit und dem Ausschluß aus dem Kreis der fünf Apple-Distributoren mit den Ismaningern in Fehde liegt, über die 30prozentige Auftragszunahme seines Unternehmens, doch blickt er mit Skepsis auf die Bilanz: "Apple?s Auslandanteil ist von 56 Prozent im ersten Quartal 1997 auf 50 Prozent gefallen. Die Zielrichtung ist klar: Das Unternehmen setzt auf die USA." Dort setzten die Kalifornier beispielsweise jährlich zirka zwei Milliarden im Bereich Schule/Erziehung /"Education") um. Während es in Deutschland in diesem Bereich so gut wie nicht präsent ist.

Widersprüchliches begleiten das Apple-Geschäft

Zur Verfügbarkeit der G3-Rechner meint er: "Apple kann die -266 MHz Highend-Modelle liefern, aber nicht die 233 MHz-Modelle. Das drückt auf die Abverkäufe."

Das will Dewald so nicht stehen lassen: "Wir haben in Europa 35.000 von 50.000 G3-Rechner ausgeliefert. Und wir werden dafür sorgen, daß die Verfügbarkeit weiter wächst." Einer der Maßnahmen, die dafür sorgen soll, ist die Zusammenlegung von Fertigung und Auslieferung nach Irland. "Das Europalager in Holland wird im Frühsommer geschlossen", so der Geschäftsführer. Außerdem erhofft er sich durch die Konzentration auf die Rechner und die Forcierung des "Build to order"-Konzepts via Internet eine schnellere Auftragsabwicklung und weitere Kostenreduzierung. Weshalb zum gleichen Zeitraum "ein europäisches Pilotprojekt" auf die Apple-Händler zurollen soll: "Allerdings nicht in Deutschland", erklärt Dewald.

Hier hat er nämlich noch die Aufgabe vor sich, den indirekten Kanal zu ordnen. Aktuell liegt diese Maßnahme, die für Anfang dieses Jahres vorgesehen war und in einer Konzentration auf zwei statt derzeit vier Distributoren resultieren soll, auf Halde. "Es ist noch nichts passiert", berichtet Ex-Distributor Schuh. So nimmt man in Distributorenkreisen an, daß erst zum Ende des Apple-Fiskaljahres 1997/98 (Stichtag 31. September 1998) das Thema spruchreif sein wird.

Bis dahin verspricht Apple, sein Highend-Betriebssystem Rhapsody ausgeliefert zu haben. "Es ist höchste Zeit für Apple, will es bei Servern konkurrenzfähig bleiben und um nicht massenhaft Verlags- und DTP-Kunden an Intel-Installationen zu verlieren. Im Moment erleben wir eine Durststrecke", erklärt ein anonym bleiben wollender Händler aus Oberbayern. Das Serverproblem sieht man auch bei Apple: "Für ein erneutes Wachstum sind die derzeitigen Segmente allein ncht geeignet", gibt Geschäftsführer Dewald zu. Doch dafür muß der Handel auf Rhapsody warten.

Statt an den Wiederaufbau einer Serverlinie machen sich die Kalifornier gerade daran, die unrentablen Peripherieabteilungen Drucker und Monitore dicht zu machen. "Wir planen eine weitere Kostensenkung um insgesamt 300 Millionen Mark", heißt dazu die offizielle Sprachregelung bei Apple. Was ein Applehändler sarkastisch kommentiert: "Apple hat recht, wenn es sein Produktportfolio bereinigt. Aber soll ich meinen Kunden wirklich empfehlen, als Abteilungsserver Intelrechner mit NT zu nehmen? Dann riskiere ich, daß sie gleich umsatteln!" (wl)

Im Schatten der positiven Apple-Bilanz tummeln sich einige Apple-Probleme. Doch der Tenor in der Ismaninger Zentrale lautet: "Der Umschwung ist da", wie Geschäfstfüher Peter Dewald versichert.

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