Trotz bester Zukunftschancen sind EAI-Tools kein Wundermittel

19.07.2001
Das Marktforschungsinstitut Metagroup prognostiziert dem Markt für Enterprise-Application-IntegrationSoftware (EAI) dieses Jahr ein Wachstum um 90 Prozent auf weltweit gut zwei Milliarden Euro.

Zuerst die gute Meldung: Das Marktforschungsinstitut Metagroup sagt dem Markt für Enterprise-Application-Integration-Software (EAI) dieses Jahr ein Wachstum um 90 Prozent auf weltweit gut zwei Milliarden Euro vorher. Und nun die schlechte Meldung: Zum Leidwesen der Unternehmen gibt es derzeit noch kein EAI-Tool, das allen Anforderungen der Firmen gerecht wird.

Was ist nur los im EAI-Markt? Die verschärfte Wettbewerbssituation, der die Unternehmen aufgrund der angespannten Wirtschaftslage immer mehr ausgesetzt sind, ist der Hauptgrund für das enorme Wachstum von Integrationsprojekten. Die Firmen müssen sich wohl jetzt nämlich vermehrt auch auf dem E-Business-Sektor profilieren. Nun war manch ein Unternehmen nicht durchgängig integriert und konnte das volle Potenzial nicht ausschöpfen und ein hohes Maß an Schnelligkeit und Flexibilität nicht anbieten.

Selbstgestrickte Lösungen

Es gibt nach Aussage der Meta-group-Analysten sehr wohl ein breites Angebot an Softwarelösungen zur Enterprise-Application-Integration, doch halten sich besonders deutsche Unternehmen beim Einsatz dieser Tools auffallend zurück. Sie greifen viel häufiger auf eigenentwickelte Point-to-Point-Lösungen zurück. Hiermit lassen sich die Kommunikationsprobleme zwischen den ursprünglich unabhängig entwickelten Applikationen ("Stovepipe Applications") erst einmal lösen. Sie haben jedoch einen gravierenden Nachteil, sa-gen die Experten: Sie sind extrem unflexibel. Besonders E-Business- und Supply-Chain-Management-Initiativen, die sich laut Metagroup durch hohe Komplexität und unternehmensübergreifende Prozessintegration auszeichnen, zeigen sehr deutlich die Grenzen einer solchen Architektur auf.

Die Analysten gehen deshalb davon aus, dass sich EAI-Kompentenz als wesentlicher Maßstab für die Effizienz einer IT-Abteilung durchsetzen wird. Doch warnt Jörg Sauer, Consultant der Metagroup, davor, die derzeit verfügbaren Tools als Wundermittel zu betrachten. "Die richtige Produktauswahl ist sicherlich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für den Erfolg von EAI-Initiativen", meint Sauer. "Entscheidend ist der richtige Projektansatz. Erfolgreich können EAI-Initiativen nur dann sein, wenn sie einer Top-Down-Vorgehensweise auf Unternehmensebene entsprechen."

Untersuchungen der Metagroup haben gezeigt, dass in vielen Unternehmen keine übergreifende Planung existiert und Integrationsanforderungen auf Projektebene gelöst werden - das jedoch mit Ad-hoc-Charakter. Dadurch könne man sehr wohl eine Zeiteinsparung von bis zu 30 Prozent erreichen, es würde aber nur ein kleiner Teil des EAI-Potenzials ausgeschöpft. Die Analysten bemängeln, dass die Verantwortlichen nur vorhandene Point-to-Point-Lösungen durch neue EAI-Tools ersetzen, anstatt an einer unternehmens-weiten, strategisch ausgerichteten EAI-Architektur zu arbeiten.

Auf die richtige Strategie kommt es an

Die Empfehlung der Metagroup zur richtigen Vorgehensweise: Zu- erst sollte ein Team gebildet werden, das für die Produktauswahl und für die Definition von Standards (zum Beispiel Nachrichten-Formate und Strukturen) zuständig ist. Wichtig sei, dass das Know-how und die Anforderungen der verschiedenen Unternehmensbereiche möglichst repräsentativ in den entsprechenden Teams vertreten sind. Sind in kleineren Projekten die ersten notwendigen Fachkenntnisse gesammelt, sollten nach Ansicht der Analysten die anstehenden Integrationsanforderungen aus Unternehmenssicht begutachtet werden. Dabei muss laut Metagroup festgelegt werden, welche Applikationen integriert werden müssen, welche entwickelt beziehungsweise angeschafft werden und mit welcher Priorität die anstehenden Integrationsprojekte angegangen werden sollen.

Mit wachsender Komplexität der Integrationsaktivitäten sollten Anwenderunternehmen EAI-Teams als Center of Excellence (COE) einrichten. Deren Hauptaufgabe ist es, den Markt für EAI-Software im Auge zu behalten. Da es derzeit noch kein Alleskönner-Tool gibt, können mögliche Weiter- oder Neuentwicklungen sinnvolle Anpassungen für die im Unternehmen verwendeten Standards und Architektur-Design-Prinzipien bedeuten. Metagroup empfiehlt besonders Großunternehmen, beim Aufbau einer strategischen EAI-Plattform mehrere EAI-Tools nebeneinander einzusetzen. Anita Liess, Consultant der Metagroup, betont die enorme Bedeutung von EAI und warnt die Unternehmen davor, das Thema zu spät anzugehen: "Unternehmen, die sich frühzeitig mit ihrer strategischen EAI-Ausrichtung beschäftigt haben, werden im Jahr 2005 eine sehr hohe Marktanpassungsfähigkeit und Flexibilität in ihrer IT-Architektur erreicht haben und können auf diese Weise Wettbewerbsvorteile realisieren." Dann werden nach ih-rer Ansicht vor allem die Vorteile durchgängiger E-Business-Konzepte zum Tragen kommen und in überproportionaler positiver Korrelation mit dem Unternehmensumsatz stehen.

www.metagroup.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Theorie klingt ja ganz viel versprechend: Eine durchgehende Unternehmens-Software-Struktur garantiert den wirtschaftlichen Erfolg eines jeden Unternehmens. In der Praxis muss aber nicht nur viel Entwicklungsarbeit an den EAI-Tools geleistet werden, auch scheint es ferner so zu sein, dass bei den Unternehmensverantwortlichen noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Und das ist genau der Punkt, an dem sich ein Systemhaus als Konzeptpartner präsentieren und unentbehrlich machen kann. Die Ausführung des Projektes und die weitere Pflege und Anpassung führen dann mit Sicherheit zum wirtschaftlichen Erfolg, und zwar für alle Beteiligten. (go)

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