Trotz vieler Informationskanäle bleiben Kunden Marken und Händlern treu

16.08.2001
Direktverkäufer im Internet sind schon seit langem das Schreckgespenst des Fachhandels. Seine Befürchtung: Sie nehmen dem stationären Händler die Kunden weg. Stimmt ja gar nicht, sagen die Marktforscher der Boston Consulting Group (BCG) in ihrer neuesten Studie und verweisen auf den Synergieeffekt der Multichannel-Strategie sowie die hohe Marken- und Händlertreue des Kunden.

Die Boston Consulting Group (BCG) zeigt in ihrer neuesten Studie "The Multichannel Consumer: The Need to Integ-rate Online and Offline Channels in Europe" auf, dass das Internet einen positiven Einfluss auf Käufe bei stationären Händlern, also offline, hat.

Die Studie stützt sich auf eine Online-Umfrage unter fast 12.000 Internet-Nutzern in Europa sowie Einzelinterviews mit Konsumenten und Führungskräften von Unternehmen in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden, den Niederlanden und Italien. Sie repräsentiert damit 85 Prozent der Online-Handelsumsätze in Europa. "88 Prozent der europäischen Internet-Nutzer recherchieren im Web, bevor sie bestimmte Produkte offline einkaufen", sagt Alex Lintner, Partner bei BCG in München. "Für den traditionellen Handel bieten sich enorme Chancen, durch einen gelungenen Auftritt im In-ternet einen wesentlichen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen. Die entscheidende Herausforderung der Zukunft wird darin bestehen, dem Kunden eine hochwertige Kauferfahrung über mehrere Handelskanäle anzubieten."

Recherche im Internet, Kauf beim stationären Händler

Die Studienauswertung ergab, dass 37 Prozent aller Verbraucher, die sich vor dem Offline-Einkauf im Internet informieren, sich dadurch in ihrem Kaufverhalten entscheidend beeinflussen lassen. 85 Prozent dieser Käufergruppe kaufen genau das Produkt einer bestimmten Marke, das sie im Internet gefunden haben, 35 Prozent sogar beim gleichen Händler.

Lintner appelliert an die Handelsunternehmen, das Internet nicht als unabhängigen Geschäftsbereich zu betrachten, sondern als Bestandteil einer Multichannel-Strategie. Man könne nur die wertvollsten, Sprich konsumgfreund-lichsten Kunden an das Unternehmen binden, indem man sie über verschiedene Verkaufskanäle parallel anspreche.

Aber auch die günstige Lage des Offline-Geschäftes ist laut der BCG-Studie entscheidend. So würden 65 Prozent der Verbraucher, die sich auf der Website eines bestimmten Händlers informierten, das Produkt beim Konkurrenten kaufen, wenn dessen Geschäft für sie günstiger gelegen sei. Als günstige Lage empfinden die Käufer zum Beispiel eine gute Verkehrsanbindung, ausreichend Parkplätze und eine ansprechende Laden ausstattung. Ein etabliertes Handelsunternehmen mit einem weit verzweigten Netz von Filialen und einem attraktiven Internetangebot wird demnach kaum zu übertreffen sein. Andererseits werden laut BCG reine Internet-Anbieter in Zukunft große Schwierigkeiten haben, sich im Online-Handel zu behaupten.

Internet-Auftritt beeinflusst den Offline-Umsatz

Wer in der Geschäftswelt von morgen erfolgreich bestehen will, muss nach Aussage der Marktforscher auch seine Kunden im Internet zufrieden stellen, denn die Qualität des Internet-Auftritts wirkt sich enorm auf den Online- und den Offline-Umsatz aus. Zufriedene Online-Kunden gaben laut BCG in den vergangenen zwölf Monaten im Internet durchschnittlich rund 70 Prozent mehr aus als die unzufriedenen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Know-how des Kunden. Je vertrauter er mit Einkäufen über verschiedene Kanäle ist, desto höhere Anforderungen stellt er. Deshalb sollten sich nach Meinung der Berater Unternehmen darauf konzentrieren, dem Kunden eine einfache, sofort verständliche Website und einen praktikablen Service auf allen Kanälen zu bieten.

Über das Internet ist der Handel ähnlich wie in der Offline-Geschäftswelt in der Lage, Kunden gezielt anzusprechen und deren Vorlieben besser zu verstehen. In beiden Welten gibt es so genannte "Heavy Spenders". Sie machen im Schnitt nur 20 Prozent der Käufer aus, sind aber für rund 80 Prozent des Umsatzes verantwortlich.

Die Kunden können nicht nur hinsichtlich des Umfangs ihrer Käufe, sondern auch bezüglich der Einstellungen und Motive ihrer Einkäufe unterschieden werden. In der BCG-Studie werden fünf Käufergruppen nach ihren typischen Verhaltensweisen unterschieden:

Lustlose Käufer: Sie kaufen grundsätzlich nicht gern ein, egal ob offline oder online, und planen jeden Einkauf sorgfältig, um Zeit zu sparen. Diese Gruppe erwartet von Online-Käufen, dass sie ihnen das Leben erleichtern.

Begeisterte Käufer: Sie kaufen mit großem Enthusiasmus ein und betrachten das Internet als neue Möglichkeit, die Qualität ihrer Kauferfahrungen noch zu verbessern.

Viel beschäftigte Online-Mütter: Sie kaufen sehr gerne ein, sind aber mehr an Schnäppchen interessiert als daran, eine bestimmte Marke oder ein bestimmtes Produkt zu finden.

Vernunftbetonte Technikfreaks: Sie sind nicht am Einkaufen an sich oder seinen sozialen Aspekten interessiert, sondern legen großen Wert auf Preise und bevorzugen bekannte Marken. Ihre ausgiebige Erfahrung im Umgang mit dem Internet nutzt dieser Käufertyp, um vor dem Kauf möglichst viele Informationen zu sammeln und davon zu profitieren.

Impulsive Besserverdiener: Sie sind impulsiv handelnde Käufer, die sehr gerne einkaufen, im Allgemeinen nicht auf den Preis schauen und ihren Marken treu bleiben.

www.bcg.com

ComputerPartner-Meinung:

Nach Aussage der Boston Con-sulting Group sind Online-Kunden sehr markentreu. Wenn man sich also im Internet in seiner Gesamtheit aus Produkten, Service und attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis wie ein Markenprodukt präsentiert, kann man als Händler die Käufer stärker an sich binden, als die oben genannten 35 Prozent versprechen. (go)

Zur Startseite