Troubleshooter soll Vobis wieder flottmachen - in Österreich

26.09.2002
Bei Vobis Österreich steht der Dachstuhl in Flammen. Tiefrote Zahlen und ein schmerzhafter Umsatzeinbruch zwingen zum schnellen Handeln. Jetzt soll der Sanierer Michael Dressen als Feuerwehrmann den Brand löschen und den Laden wieder auf Vordermann bringen.

Mit der deutschen Vobis hat das Unternehmen im Nachbarland Österreich bis auf den Namen und eine gemeinsame Geschichte nichts mehr zu tun; und die gemeinsame Geschichte endete 1999. Damals kauften die Berliner Unternehmer Jürgen Rakow und Jürgen Brochmann die deutsche Vobis-Organisation, die Filialen in Österreich gingen - wie auch die in Italien, den Niederlanden, Polen und Russland - an die italienische Firma Vobitech. Die Läden in Italien sind inzwischen an den Retailer Tecnodiffusione in Pisa weiterverkauft worden.

Umsatzhalbierung in einem Jahr

Im vergangenen Jahr kaufte Vobitech zusätzlich den österreichischen Vobis-Wettbewerber Birg, der etwa 100 Millionen Euro Umsatz darstellte (Vobis Österreich: 30 Millionen Euro). Doch die Übernahme entwickelte sich zum Desaster. Die einzelnen Filialen wurschtelten ohne Steuerung vor sich hin, jeder Laden machte, was er wollte, ein Controlling, das seinen Namen verdient, fand nicht statt. Die Folge: Der gemeinsame Umsatz brach erdrutschartig auf etwa 70 Millionen Euro ein, unterm Strich blieben blutrote Zahlen.

Die italienische Muttergesellschaft rief den sanierungserfahrenen Unternehmensberater Michael Dressen zu Hilfe. Dressen ist Inhaber der Beratungsgesellschaft Dressen Heims International in München und verfügt als ehemaliger Geschäftsführer der italienischen Computer-2000-Gesellschaft noch immer über Kontakte dorthin. Als Interimsgeschäftsführer hat er nun den Auftrag, Vobis und Birg zu restrukturieren und zu sanieren.

"Ich bin optimistisch, dass wir in sechs bis neun Monaten wieder schwarze Zahlen schreiben", sagt Dressen im Gespräch mit ComputerPartner. Natürlich kam auch er um Entlassungen nicht herum: 20 der bisher 200 Mitarbeiter mussten bereits das Unternehmen verlassen, darunter auch der bisherige Geschäftsführer Martin Puletz (kam von Birg, davor Ingram und J&W). Darüber hinaus hat Dressen sofort das Broker-Geschäft gestoppt."Schon allein dadurch haben wir die Margen stark verbessert", sagt er. Weitere Punkte auf seiner Agenda sind:

- Sortimentsbereinigung: Derzeit führen die Vobis-Outlets rund 2.400 Produkte. Hier sieht Dressen eine Obergrenze bei 1.000 Positionen ("Wir brauchen nicht fünf unterschiedliche Druckerhersteller."). Bei Birg soll das Angebot sogar auf nur noch 500 Artikel reduziert werden.

- Die Sortimentsbereiche Bücher und Software werden an Rack-Jobber abgegeben, also externe Dienstleister, welche die Regalpflege übernehmen. Dadurch spart Vobitech Lagerfläche und fixe Kosten.

- Verkleinerung der Ladenfläche: Aus den "guten alten Zeiten" gibt es noch Vobis-Filialen mit einer Fläche von 1.000 Quadratmetern. In Zukunft soll es keine Geschäfte mehr mit mehr als 200 Quadratmetern Fläche geben.

- Als Aufbaumaßnahme will Sanierer Dressen Dienstleistungen anbieten, "die andere Retailer nicht schaffen", wie zum Beispiel die Reparatur von PCs, unabhängig von der Marke.

Was die Anzahl der Filialen betrifft (sieben Vobis-, elf Birg-Filialen), will Dressen keine Reduzierung vornehmen. "Das ist so in Ordnung", sagt er. Sein Engagement in der österreichischen Hauptstadt ist auf maximal neun Monate befristet - dann soll das Feuer gelöscht sein.

www.vobitech.at

www.vobitech.it

www.tecnodiffusione.it

www.dhiconsulting.de

ComputerPartner-Meinung:

Vobis und Birg sind ein weiteres Beispiel dafür, dass Fusionen und Übernahmen häufig in Katastrophen enden. Die Gesellschafter können dann nur hoffen, dass sie noch jemanden finden, der einen Plan hat, wie die Unternehmen zu retten sind, sowie das glückliche Händchen und das erforderliche Durchsetzungsvermögen. (sic)

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