Tübinger Transtec AG geht mit Volldampf an die Börse

20.02.1998

TÜBINGEN: Die Transtec AG ist wieder auf starkem Wachstumskurs und will Anfang April an die Börse gehen. Der Systemhersteller meldet für 1997 nach vorläufigen Zahlen ein Umsatzplus von 25 Prozent auf 193 Millionen Mark, das Ergebnis verbesserte sich vor Steuern um fast 80 Prozent auf 8,5 Millionen Mark. Auch für 1998 erwartet Vorstand Manfred Rubin-Schwarz "ein zweistelliges Wachstum". Das Unternehmen, das sich heute als Hersteller und nicht mehr als Händler bezeichnet, arbeitet derzeit an seinem Einstieg in das Telekommunikations-geschäft.Vermeldete Transtec schon nach dem ersten Halbjahr 1997 Rekorde bei Umsatz und Ertrag, so gewannen die Geschäfte im zweiten Halbjahr sogar weiter an Fahrt: Nach einem Umsatzwachstum von 20 Prozent im ersten Halbjahr betrug die Steigerung im gesamten Jahr 25 Prozent. "Wir hatten allein im vierten Quartal einen Auftragseingang von 40 Millionen Mark und mußten eine Menge Sonderschichten fahren", betonte Vorstandsvorsitzender Bernhard Bruscha vor der Presse. Die Wachstumsdelle des Jahres 1996 ist damit überwunden. "Wir sind zu unserer alten Ertragskraft zurückgekehrt", freut sich Vorstand Rubin-Schwarz. Dies zeigt sich besonders im Gewinn vor Steuern: Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit verbesserte sich um 78 Prozent auf 8,5 Millionen Mark.

Transtec versteht sich heute vor allem als Hersteller von Computersystemen und vertreibt diese direkt an professionelle Kunden. Dabei setzt Transtec nicht auf die umfangreichen Projektaufträge, um die besonders die großen Hersteller kämpfen. Statt dessen lebt das Unternehmen vor allem von Einzelbestellungen: So lag der durchschnittliche Wert der 70.000 Aufträge in 1997 bei 4.000 Mark.

Begonnen hatte das Unternehmen vor 18 Jahren mit dem Verkauf von Digital-Produkten per Katalog. Heute spielt dies für Transtec keine Rolle mehr. Statt dessen assembliert das Unternehmen heute zu einem großen Teil selbst und erzielte 1997 mit den eigenen Systemen 53 Prozent des Konzernumsatzes. Besonders der attraktive Preis dieser Produkte, die Lieferbarkeit und Strategien wie Buil-to-Order und Just-in-Time-Fertigung hätten die eigene Produktion so erfolgreich gemacht, betont das Unternehmen.

Rechner können im Web konfiguriert werden

Seit Mitte 1997 hat Transtec außerdem einen Java-basierten Online-Konfigurator im Web laufen. Dieser ermöglicht den Kunden, einen Rechner per Mausklick zu konfigurieren. Dabei werden ihm sofort Preis und Lieferbarkeit der Komponenten angezeigt. Erklärt Bruscha: "Durch farbige Buttons sieht der Kunde, welche Komponenten am Lager sind, welche in den nächsten zwei Wochen lieferbar sind und wo ein Engpaß besteht." Dadurch lasse sich einerseits das Käuferverhalten steuern, andererseits trage dies zur Kundenzufriedenheit bei. Bereits im Frühjahr 1997 hatte das Unternehmen ein Online-Bestellsystem mit Auftragstracking einschließlich Verbindung zum Paketdienst UPS eingeführt.

Trotzdem kommen bisher nur fünf Prozent der Aufträge aus dem Web. "Wir glauben aber, daß ein Drittel des Auftragsvolumens mit Internet-Beteiligung zustande kommt", so Bruscha. Typischerweise informiere sich der DV-Fachmann im Internet, die Bestellung laufe dann jedoch traditionell über die Einkaufsabteilungen der Kunden.

Ebenso unverzichtbar wie das Internet sind die fünf ausländischen Tochtergesellschaften für den Konzernerfolg. Sie alle schrieben 1997 erstmals schwarze Zahlen. Dabei erwirtschaftete die Schweizer Tochter ein Umsatzplus von fast zehn Millionen Mark auf 46 Millionen Mark, Großbritannien und Frankreich folgen mit 16,7 beziehungsweise 13,4 Millionen Mark Umsatz. Die niederländischen und österreichischen Tochtergesellschaften setzten mit 5,6 beziehungsweise 9,3 Millionen Mark jeweils etwa doppelt soviel um wie im Vorjahr. Insgesamt beträgt der Auslandsumsatz des Konzerns 47 Prozent, für 1998 erwartet Transtec einen Anteil von mehr als 50 Prozent. Der Inlandsumsatz erhöhte sich nach einem Jahr der Stagnation von 88 auf 102 Millionen Mark.

Belegschaft soll wieder wachsen

Intern sei das Unternehmen 1997 effizienter und schlanker geworden. So stieg der Umsatz pro Mitarbeiter von 889.000 Mark auf 1,176 Millionen Mark. Gleichzeitig wurde die Zahl der Beschäftigten weiter reduziert: Arbeiteten Mitte 1996 noch 180 Menschen für Transtec, so waren es Ende 1997 nur noch 164. Durch das zu erwartende Wachstum 1998 werde nun aber wieder eingestellt, erklärte Bruscha ohne konkreter zu werden. Auch zum für 1998 erwarteten Umsatz machte der Vorstandschef außer der generellen Wachstumsprognose keine weiteren Aussagen. Der Grund: "Noch sind unsere Erwartungen nicht von Wirtschaftsprüfern abgesegnet."

Allerdings muß das Unternehmen rasch mit Zahlen aufwarten: Anfang April will die Transtec unter Konsortialführung der Bayerischen Vereinsbank AG Stammaktien am Neuen Markt plazieren.

Insgesamt soll der Börsengang eine Mischung aus Kapitalerhöhung und der Abgabe von Aktien sein. Ziel ist, damit das Eigenkapital, das momentan bei 40 Prozent liegt, zu stärken. Zu erwarten ist, daß die Deutsche Beteiligungs AG ihren Anteil von derzeit zwölf Prozent reduziert. Aktien abgeben will auch Firmengründer Bruscha, der bisher mit etwa 80 Prozent am Grundkapital von 11,4 Millionen Mark beteiligt ist. "Allerdings werde ich deutlich über 50 Prozent behalten."

Mit dem neuen Kapital will die Transtec "auf solider Basis expandieren". Dazu will das Unternehmen neue Auslandsgesellschaften in Westeuropa gründen, den Kundenstamm von 15.000 Unternehmen und Organisationen in Deutschland und bei den bestehenden Auslandstöchtern weiter ausbauen und in neue Produktbereiche vorstoßen. Außerdem soll das erhöhte Eigenkapital grundsätzlich auch Akquisitionen erlauben. Über das Volumen des Börsengangs und die Vorstellungen für den Emissionswert der Transtec-Aktien will das Unternehmen erst im März Aussagen machen.

Dafür gab Bruscha Einblick in seine mittel- und längerfristige Planung: Durch das Zusammenwachsen von Telekommunikation und Informationstechnik sieht er für die Zukunft besondere Chancen. Offenere Schnittstellen und Lösungen wie "Voice over IP" oder Computer Telephony Integration (CTI) sollen dem Unternehmen erlauben, seine Geschäftsidee von der IT auf die Telekommunikation zu übertragen. Bruscha: "Wir wollen künftig durch den Mix von Komponenten Lösungen anbieten." Der bisher typische reine Projektmarkt, "in dem die großen Hersteller den Kunden umarmen", habe in der Telekommunikation zu hohen Preisen geführt und dazu, "daß nicht alles, was möglich ist, gemacht wurde". Sprich: Die Lösungen hätten sich an den Fähigkeiten und dem Angebot der Hersteller orientiert.

Allerdings erwartet Bruscha, daß im TK-Geschäft erst in drei bis fünf Jahren die von ihm erwartete Änderung spürbar ist. Solange werde auch der Umsatzanteil der TK bei Transtec verhältnismäßig gering sein. "Noch ist der Kunde nicht soweit, aber wir wollen frühzeitig bewußtmachen, daß wir auch in der Telekommunikation einiges zu bieten haben." Derzeit arbeite man an einem konkreten Projekt in dieser Richtung, im Laufe dieses Jahres will das Unternehmen Genaueres vorstellen.

Transtec-Vorstand Manfred Rubin-Schwarz (links) und Vorstandsvorsitzender Bernhard Bruscha wollen nun auch in das Telekommunikationsgeschäft einsteigen.

*Thomas Pleil. Der Autor ist freier Journalist in Stuttgart.

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