Tulip Computers: Die holländische Tulpe geht im Konkurrenzgestrüpp verloren

05.08.1998

S'HERTOGENBOSCH: Tulip Computers NV steht am Abgrund: Die Hausbank hat den Kredithahn zugedreht, Gläubiger können nicht ausbezahlt werden, die Fließbänder stehen still. Administratoren von Chapter 11 führen jetzt das Regiment und entscheiden über zukünftiges Wohl und Wehe des Unternehmens.Die Stimmung bei Tulip ist auf dem Nullpunkt. Es hat schon in der Vergangenheit viele Momente gegeben, wo das Ende des PC-Herstellers in Sichtweite rückte: Doch jetzt scheint es endgültig soweit zu sein.

Das Unternehmen krankt schon seit vielen Jahren an seiner hauchdünnen Finanzdecke. Hohe Investitionen in neue Fertigungsstätten, die Übernahme von Commodore (das Gezappel zog sich von Mai bis Oktober 1997) und letztendlich die starke Konkurrenz machten den Niederländern das Leben zur Plage. Die im März 1998 bekanntgewordenen Geschäftszahlen (ein Konzernverlust in Höhe von rund 24 Millionen Mark) waren schlicht katastrophal und ließen selbst für die ewigen Optimisten in der holländischen Firmenzentrale nur noch einen Schluß zu: Wenn die Verluste nicht bald in den Griff zu kriegen sind, ist Tulip am Ende. Allerdings räumte sogar die örtliche Presse dem Unternehmen noch eine Galgenfrist bis Ende des Jahres ein.

Doch so schnell kann's gehen: Das "Aus" kam früher, als die Mannen um Tulip-Chef Franz Hetzenauer gedacht hatten (nur er selbst hatte schon verdächtig früh einen Teil seiner Unternehmensaktien verkauft, was sich bei einem Unternehmensvorstand nie sehr gut macht). Jetzt wurde es der Hausbank des Unternehmens zu bunt: Die Kreditlinie ist gekündigt, nichts geht mehr in S'Hertogenbosch.

Gar nichts mehr? Die flugs von Chapter 11 bestellten Administratoren (in etwa: Konkursverwalter) ackerten laut Tulip-Deutschland-Chef Manfred Tigges in Höchstgeschwindigkeit die Bücher durch, orteten Bestände und Möglichkeiten und kamen zu dem Schluß: Das Unternehmen - oder zumindest Teilbereiche - sind für den Verkauf allemal noch interessant. Das liegt wohl vorrangig an der holländischen Fertigungsstätte. Das Werk in S'Hertogenbosch kostete das Unternehmen 85 Millionen Gulden und ist mit allem, was neu, gut und teuer ist,

eingerichtet - zudem läuft es seit seiner Fertigstellung nur auf halber Kraft. Neben den 200.000 Commodore-PCs, die dort gefertigt wurden - oder zumindest gerfertigt werden sollten -, assembliert Tulip dort vorrangig PCs für den Geschäftsbereich.

Zwei Wochen Galgenfrist

Die Systeme gelten als gut und zuverlässig - aber teuer. Und da in den letzten Jahren rund um die holländische Tulpe PC-Anbieter auch den Business-Markt mit preisgünstigen Computern überwuchern, blieb dem Unternehmen nun schlicht die Luft weg.

Die endgültige Entscheidung, ob, in welcher Form und an wen das Unternehmen verkauft werden soll (siehe auch Kasten) soll innerhalb von zwei Wochen festgemacht werden.

Für Tigges, der nach eigenen Auskünften in "ständigem Kontakt mit den Vertriebspartnern" steht, bedeutet die Frist von 14 Tagen eine harte Geduldsprobe: Aus Holland werden nur noch die Systeme geliefert, die bereits fertig produziert waren, als die Administratoren von Chapter 11 Einzug hielten. In Deutschland seien zwar "genug Bestände, um die bestehenden Aufträge zum Teil erfüllen" zu können, doch Tigges fürchtet vor allem den drohenden Vertrauensverlust seiner Kunden: "Die Schritte, die wir nach vorne getan haben, gehen wir jetzt wieder rückwärts. Und je länger das dauert, desto weiter hinten müssen wir dann wieder anfangen." (du)

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