Das Computer-Urgestein Hewlett-Packard verkauft mehr Notebooks und PCs als erwartet, doch die Anleger reagieren skeptisch. Im dritten Geschäftsquartal bis Ende Juli verbuchte der Konzern im Jahresvergleich erstmals nach elf Vierteljahren Schwund ein Umsatzplus um 1,3 Prozent auf 27,6 Milliarden Dollar (umgerechnet 20,8 Milliarden Euro), wie aus dem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Finanzbericht hervorgeht.
Obwohl die Erwartungen der Wall-Street-Analysten damit etwas übertroffen wurden, blieb die Aktie nachbörslich im Minus. Ein möglicher Grund: Der Nettogewinn bei HP sank deutlich, von 1,27 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum auf 985 Millionen Dollar.
Foto: HP
"Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit den Fortschritten, die wir machen", sagte Konzernchefin Meg Whitman. HP hatte den Anschluss bei Smartphones und Tablet-Computern verpasst und mit einem unklaren Kurs auch noch Kunden im angestammten PC-Geschäft verprellt. Die seit knapp drei Jahren amtierende Whitman versucht Schadensbegrenzung.
Zuletzt hatte sie ihre Macht im Konzern noch ausbauen können. Mitte Juli wurde die HP-Chefin zusätzlich Vorsitzende des obersten Firmengremiums, des Verwaltungsrats. Whitman hatte HP in einer schweren Zeit übernommen. Querelen im Management, teure Fehlentscheidungen, ein mutmaßlicher Betrugsfall und nicht zuletzt der Einbruch der PC-Verkäufe hatten dem Unternehmen zugesetzt.
HP verlor die Marktführung im PC-Geschäft an den chinesischen Rivalen Lenovo. Whitman antwortete mit einem Sanierungsprogramm, das von massiven Stellenstreichungen geprägt ist. Bis zu 50.000 Mitarbeiter müssen gehen - etwa jeder sechste.
- Die Story von Hewlett-Packard
Hewlett-Packard (HP) durchlebt seit drei, vier Jahren sehr stürmische Zeiten. Das liegt nicht nur an Verschiebungen auf dem Markt und starkem Wettbewerb, sondern auch an der Sprunghaftigkeit sowie Fehlentscheidungen im Topmanagement und in der Unternehmensstrategie. Allerdings hat der Konzern seit seiner Gründung bereits erfolgreich eine respektable Metamorphose durchgemacht. - 1939: In der Garage fing alles an
In der mittlerweile wohl berühmtesten Garage der Welt findet Hewlett-Packard 1939 seinen Anfang. Damals gründen Bill Hewlett und David Packard ihr Unternehmen und schrauben neben ihren eigentlichen Jobs in der Garage gleich auf dem Grundstück in Palo Alto, auf dem sie wohnen, einen Tongenerator zusammen. Sie legen damit unbewusst den Grundstein für das Silicon Valley, die vielbeachtete Hightech-Region in Kalifornien. - Die Walt Disney Studios zählen zu den ersten Kunden ...
... und kaufen gleich acht Oszillatoren HP200B, um ein innovatives Tonsystem für den Film "Fantasia" zu entwickeln. - 1957: Der Gang an die Börse mit Messtechnik
1951 erfindet HP mit dem 524A ein Hochgeschwindigkeits-Frequenzmessgerät. Damit ist technisch die Grundlage für das Analysegeschäft gelegt. Fünf Jahre später baut das Unternehmen sein erstes Oszilloskop. 1957 geht HP an die Börse. Eine Aktie kostet 16 Dollar. (In Frankfurt wurde die HP-Aktie am 30. April 2013 für knapp 15,50 Euro gehandelt.) - 1959: Produktion in Deutschland
Die erste Produktion außerhalb der USA baut HP 1959 in Deutschland auf. Hier hat das amerikanische Unternehmen die meisten Kunden im europäischen Geschäft. Die Standortentscheidung für Baden-Württemberg ist angeblich eine Entscheidung gegen Bayern: In München soll ein Ministeriumsvertreter bei Gesprächen mit Bill Hewlett die bayerische Lebensart mit deftiger Brotzeit und Bier allzu sehr gelobt haben. Der Amerikaner war aber mehr an Produktivität als an Lebensgenuss interessiert und entschied sich deshalb für das als tüchtig und arbeitsam geltende Schwaben. - 1962: Böblingen verantwortet das Softwaregeschäft
Der nächste Umzug steht im Jahr 1962 an: Über 150 Mitarbeiter ziehen in das HP-eigene Werk in der Herrenberger Straße, an der noch heute der Sitz der deutschen Tochter liegt. Im Jahr 1963 wächst die technologische Bedeutung der deutschen GmbH: Böblingen baut eine Entwicklungsabteilung auf. - 1966: Marktpremiere des ersten HP-Computers
1967 zeigt HP Deutschland, dass das Unternehmen nicht nur technologisch an der Spitze stehen will und führt als internationaler Vorreiter flexible Arbeitszeiten ein. Stechuhren haben ausgedient, auch in der Produktion. In den USA führt HP ein solches Arbeitszeitmodell erst sechs Jahre später ein. - 1972: Der Taschenrechner hält Einzug
Mit dem HP-35 bringt Hewlett-Packard 1972 den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner der Welt auf den Markt, zwei Jahre später kommt der erste programmierbare Taschenrechner dazu, der HP 65. - 1977: Miniaturisierung mit dem HP-01
n der Elektronik treibt HP die Miniaturisierung voran und bringt 1977 eine Art Personal Digital Assistant fürs Handgelenk heraus: Die HP-01 trägt sich wie eine Armbanduhr, zeigt aber nicht nur die Uhrzeit an, sondern dient auch als Taschenrechner und Kalender. - 1980: Der erste Personal Computer HP 85
Im Jahr 1980 bringt HP seinen ersten Personal Computer auf den Markt, den HP 85. Mit kleinem Bildschirm und schmalem Druckwerk erinnert er noch stark an eine Schreibmaschine. Für die deutsche Tochtergesellschaft gewinnt das Softwaregeschäft an Bedeutung: Die GmbH übernimmt die Verantwortung für Entwicklung und Vermarktung von Anwendungssoftware im CAD/CAM-Bereich und behält sie auch bis zur Abspaltung des Geschäftsbereichs im Jahr 2000. - 1983: IBM-kompatibler PC HP 150 mit Touchscreen
Hewlett-Packard stellt 1983 den ersten IBM-kompatiblen PC mit Touchscreen vor. Die Technik arbeitet noch auf Infrarotbasis und ist in der Anwendung ihrer Zeit offenbar zu weit voraus. Der HP 150 trifft bei den Kunden nur auf verhaltenes Interesse. - 1988: Die fetten Druckerjahre kommen
Ab 1988 beliefert Hewlett Packard mit seinem Tintenstrahldrucker HP DeskJet den Massenmarkt, ab 1991 auch mit einem Farbdrucker, dem DeskJet HP 500C. - 1993: Jörg Menno Harms prägt HP Deutschland
Im Jahr 1993 übernimmt Jörg Menno Harms den Vorsitz in der Geschäftsführung der HP GmbH. Bis heute ist er dem Unternehmen verbunden und hat den Vorsitz des Aufsichtsrats inne. Die ersten x86-Server von HP kommen unter dem Namen ProLiant auf den Markt. - 1998: Jordana - der erste PDA
Mit dem HP Jornada PDA baut Hewlett-Packard 1998 seinen ersten echten Personal Digital Assistant. - 1999: Konzernumbau durch Platt und Fiorina
Im Jahr 1999 beginnt der größte Umbau des Konzerns. Lewis Platt, der seit 1992 den Konzern leitet, entscheidet, die Unternehmensbereiche Messtechnik, Analytik und Medizin abzuspalten und als selbstständiges Unternehmen unter dem Namen Agilent Technolgies zu verkaufen. Im selben Jahr übernimmt mit Carleton Fiorina die erste Frau die Führung von Hewlett-Packard. Sie kommt von AT&T und Lucent und gilt als mächtigste Frau in der Wirtschaft. Sie vollendet die Abspaltung von Agilent. - 2001: Fusion mit PC-Hersteller Compaq
Eine weitere Änderung äußert sich 2001 in der Gründung von HP Services. Der Computerhersteller will stärker auch mit Dienstleistungen Geld verdienen und bietet jetzt Consulting, Outsourcing, Support und Solution Deployment Services an. Das Internet und elektronische Dienstleistungen bilden den Kern der neuen HP-Strategie. Nach dem Abschluss der Übernahme von Compaq geht auch in Deutschland das neue Unternehmen HP am 3. Mai an den Start. - 2004: Geschäftsfeld IT-Services wird ausgebaut
Das Unternehmen erweitert sein Angebot für Privatanwender um digitale Unterhaltungstechnik vom Fotodrucker bis zum Personal Media Drive. Im selben Jahr macht HP einen großen Schritt in Richtung Dienstleister und schließt zum 1. April 2004 die Akquisition von Triaton ab, dem von ThyssenKrupp ausgegründeten IT-Dienstleister des Stahlkonzerns. - 2005: HP feuert Fiorina und holt Mark Hurd
Der Verwaltungsrat entlässt 2005 die Konzernchefin Carleton Fiorina. Ihr Compaq-Deal bleibt umstritten. Ihr Versuch, Konkurrenten wie Dell im unteren und IBM im oberen Leistungsbereich des IT-Geschäfts anzugreifen, gilt als wenig erfolgreich. Ihr Nachfolger wird Mark Hurd, Chef der NCR Corporation. - 2008: EDS-Übernahme macht HP zum Servicegiganten
Mit dem Zukauf von einer ganzen Reihe an Unternehmen will HP sein Geschäft in den Bereichen Software und Services stärken. 2008 übernimmt HP schließlich für 13,9 Milliarden Dollar den IT-Dienstleister EDS, nach der Compaq-Übernahme der zweitgrößte Deal der Unternehmensgeschichte. EDS beschäftigte damals knapp 120.000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 21,3 Milliarden Dollar erwirtschafteten. HP wird damit im Dienstleistungsgeschäft zu einem absoluten Schwergewicht mit 210.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 38 Milliarden Dollar. - 2009: HP kauft den Networking-Spezialisten 3Com
Seine Netzwerkkompetenz baut HP schließlich 2009 durch die Akquisition der 3Com Corporation aus. In Deutschland übernimmt zum 50-jährigen Bestehen der HP GmbH Volker Smid den Vorsitz in der Geschäftsführung. Er leitet bis heute die Deutschland-Tochter. - 2010: Ex SAP-Chef Leo Apotheker ersetzt Hurd
Mark Hurd stürzt 2010 als HP-Chef über eine Affäre mit einer Mitarbeiterin. Leo Apotheker übernimmt seinen Posten. Der kurzzeitige ehemalige SAP-Chef will seinen neuen Konzern stärker auf das Softwaregeschäft umlenken. Vom Hardwaregeschäft möchte er sich trennen. - Der Kauf der Palm Inc. ...
... mit ihrem WebOS als Betriebssystem für mobile Geräte erweist sich schon ein Jahr später als Verlustbringer. Die Geräte verkaufen sich erst gut, als sie zu Schleuderpreisen verramscht werden. Der angestrebte Umbau bringt viel Misstrauen ins Unternehmen und nährt die Zweifel, ob Apotheker den Konzern wieder in die Spur bringen kann. - 2011: eBay-Chefin Meg Whitman übernimmt das Ruder
Der Verwaltungsrat ist gegen Apotheker und holt eBay-Chefin Meg Whitman. Seit dem 22. September 2011 ist sie CEO von HP. Sie geht einen anderen Weg, sieht das Hardwaregeschäft als wichtiges Standbein. Mittlerweile hat sie HP einen harten Sparkurs verordnet. Die Geschäftszahlen für 2012 waren noch katastrophal: Bei einem Umsatz 120,4 Milliarden Dollar machte HP einen Verlust von 12,7 Milliarden Dollar. - 2013: Das PC-Geschäft bricht ein
Unter Whitman will HP wieder in die technologische Offensive gehen. Neue Produkte rund um Cloud Computing, Big Data und Analytics sollen helfen, das Runder herumzureißen. Sie sollen das wegbrechende PC-Geschäft kompensieren helfen. HP ist zwar noch Marktführer, doch die PC-Verkäufe sind im ersten Quartal 2013 um fast 24 Prozent abgesackt. - 2013: Ray Lane geht
Der Chef des Verwaltungsrats gibt seinen Posten auf. Er reagierte damit auf das magere Wahlergebnis auf der letzten Hauptversammlung, auf der ihn nur 59 Prozent der Aktionäre wählten. - 2013: Heiko Meyer übernimmt deutsche Geschäfte
n Deutschland kommt ein neuer Mann ans Ruder: Heiko Meyer, zuletzt zuständig für das Geschäft mit Druckern und Personal Computern in Westeuropa, übernimmt den Vorsitz der Geschäftsführung. Vorgänger Volker Smid verlässt HP freiwillig und wechselt in die Medienbranche. - 2014: Die Aufspaltung kommt
Anfang Oktober 2014 nimmt der einstige Branchenprimus Anlauf für den finalen Befreiungsschlag: Bis November 2015 soll der Konzern durch einen Aktiensplitt aufgeteilt werden in HP Inc. als Anbieter von Personal Computern und Drucker sowie in Hewlett-Packard Enterprise (HPE) mit Unternehmenslösungen für Infrastruktur, Software und Services. - 2015: Neues Enterprise-Logo
Im April stellt Hewlett-Packard Enterprise sein neues Logo vor. - 2016: HPEs Service-Sparte geht an CSC
HPE spaltet seine Dienstleistungen für Unternehmen ab und verschmilzt die Service-Sparte mit CSC - damit entsteht ein neuer globaler IT-Service-Player mit über 5000 Kunden in 70 Ländern und einem Jahresumsatz von 23,3 Milliarden Euro. HPE will sich künftig ganz auf sein Server-Geschäft fokussieren. Chefin Whitmann bekommt einen Platz im CSC-Verwaltungsrat. Das Hardware-Geschäft mit PCs und Druckern verbleibt bei der HP Inc.
Der Quartalsbericht zeigt zwar Erfolge, den Abstieg zu bremsen - allerdings punktete HP vor allem in klassischen Sparten. Das Geschäft mit PCs zog zuletzt deutlich an. Der Umsatz mit Firmenkunden stieg in den drei Monaten bis Ende Juli um zwölf Prozent. Bei privaten Konsumenten konnten die Erlöse um acht Prozent erhöht werden. (dpa/tc)