Umsatz, Umsatz über alles!

17.10.2002
Das Ende des Fachhandels rückt wieder ein Stück näher

Erinnern Sie sich noch an den kleinen Laden um die Ecke? Nicht Tante Emma und keine Schnulzengeschichte wie "E-Mail für Dich", sondern den real existierenden Computerladen mit Seniorenbetreuung und sonstiger Dienstleistungen rund um die vergötterte Kiste. Die Schlinge zieht sich immer enger um die der Arbeitslosenstatistik entronnenen Jungunternehmer der Neunziger. Viele gibt es nicht mehr, die dem Ruf des dicksten Kanzlers aller Zeiten in die Selbstständigkeit folgten. Von Zuschüssen war damals die Rede, zinslosen Darlehen, Bürgschaften. Natürlich gab es die nicht für den kleinen Laden auf dem Land, sondern erst ab einer halben Million Westmark Neuverschuldung. Beantragt wurden diese Mittel über die Hausbank, die alles daransetzte, ihre eigenen teueren Kredite zu verkaufen. Und so ging es, wie bei den meisten ehrbaren Kaufleuten des deutschen Kleinunternehmertums, erst einmal ans Ersparte.

In den damals noch blühenden Landschaften im Südwesten der Republik war schnell das Stadium erreicht, wo es für einen zu viel, für zwei zu wenig ist. Die ersten Placebo-Unternehmen entstanden ebenso wie der Begriff "Vaporware". Es gab Großhändler, Distributoren und sogar Hersteller mit Außendienst, die Kompetenz und Kreditwürdigkeit prüften, individuelle Zahlungsziele vereinbarten. Werbekostenzuschüsse, Händlerversionen, Vorführgeräte und Dekomaterial waren damals für kleine Unternehmen erhältlich. Auf dem hohen Ross saßen die Apples, Compaqs und ehemalige Schreibmaschinenhersteller, andere wie Acer gaben sich Mühe mit dem kleinen Fachhandel. Die Taiwaner wussten um die Multiplikatoren, es entstanden deutsche Niederlassungen von Gehäuse- und Platinenfabrikanten, die neben OEMs vor allem die damals noch legalen Assemblierer mit immer besserer Ware zu fairen Preisen versorgten.

Sogar der ehemalige Fachhandelsdistributor Macrotron startete mit dem Macom-PC eine Hausmarke "made in Augsburg". Eine Qualität die zwar etwas teurer war, doch durch lange Garantiezeit und gute Verarbeitung wie geschaffen für den kleinen Laden ohne große Lagerhaltung.

Trotz Aldi, Lidl und die EG, trotz Abmahnwelle und Handwerkshysterie, trotz Ausschreibungspflicht und hoher Arbeitslosigkeit haben die kleinen Läden überlebt, gekämpft und durchgestanden. Doch nun werden Prozente gestrichen, Händler müssen über teure Rufnummern reklamieren, Beschwerden werden ignoriert, Garantien gekürzt. Was denn bitte noch?

Mein Fazit: Wenn eine Branche so mit ihren Kunden umgeht, dass die Kleinen die Großen finanzieren, ist das Händlermord. Hier ist die Politik gefordert, nicht bei Mobilcom!

Bis demnächst, euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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