Umsatzrückgang nur selten ein Grund zur Kündigung des Mietvertrags

08.05.2003
In Zeiten schwächelnder Konjunktur versucht jedes Unternehmen, seine laufenden Kosten zu senken. Nur in den seltensten Fällen lässt sich dies allerdings durch eine außerordentliche Kündigung der Geschäftsräume realisieren.

Die Aussicht auf gute Geschäfte bildete in Zeiten einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur für den Mieter eines Gewerberaumes Grund genug, um sich durch einen langfristigen Mietvertrag den ausgesuchten Geschäftsstandort auch langfristig zu sichern. Selbst Staffelmietzinserhöhungen wurden vom Mieter in seiner Überschwänglichkeit bereitwillig und voller Optimismus akzeptiert. Die bei Mietvertragsabschluss vorhandene Erwartung des Mieters, dass sich die wirtschaftliche Ausgangslage noch weiter verbessern wird, gehörte zur Tagesordnung.

Die schlechte Konjunktur zwingt nunmehr immer häufiger dazu, einen genaueren Blick auf die monatliche Mietbelastung zu werfen. Standortkapazitäten werden auf den Prufstand gestellt. Immer öfter taucht die Frage auf, ob für den Mieter die Möglichkeit besteht, sich vorzeitig von langfristigen Mietverträgen zu lösen, wenn sich der erhoffte wirtschaftliche Erfolg einfach nicht wieder einstellen will.

Natürlich besteht generell die Möglichkeit, den Mietvertrag im Hinblick auf Laufzeit oder Miethöhe einvernehmlich zwischen Vermieter und Mieter neu zu verhandeln, um so dem Mieter das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Zumeist aber winkt der Vermieter sofort ab und beharrt auf dem Rechtsgrundsatz, dass geschlossene Verträge zu halten sind.

Muss der Mieter Insolvenz anmelden, zeigt sich schnell, dass der Vermieter mit einer Mietanpassung nach unten sehr häufig viel besser gefahren wäre als mit einem jetzt leer stehenden Geschäftsraum und einem zahlungsunfähigen Mieter. Denn nach der Insolvenzordnung hat der Insolvenzverwalter immer das Recht, das Mietverhältnis ohne Rücksicht auf die vereinbarte Mietvertragsdauer unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen.

Da man den Vermieter nicht zu einer Mietvertragsanpassung zwingen kann, stellt sich für den Mieter die Frage, ob nicht durch ein außerordentliches einseitiges Kündigungsrecht eine Lösung möglich wäre.

Der Bundesgerichtshof hat eine solche außerordentliche Kündigung, auch vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Not, für den Mieter bislang immer abgelehnt. Wenn wider die politischen Prognosen oder entgegen den wirtschaftlichen Vorstellungen des Mieters die Gesamtwirtschaftslage ein Wirtschaftswachstum nicht zulässt und es zu Umsatzeinbußen kommt, ist diese Realität ausschließlich und allein dem Risikobereich des gewerblichen Mieters zuzuordnen. Das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko liegt damit grundsätzlich einzig und alleine beim Mieter (BGH, Az.: VIII ZR 192/80). Dies gilt für die fehlende Kundenakzeptanz im Einkaufszentrum genauso wie für die allgemeine konjunkturelle Gewinnerwartung.

Dem Mieter eines Gewerberaums obliegt es daher alleine, die Erfolgsaussichten seines Geschäftsbereiches abzuschätzen (BGH, Az.: XII ZR 279/97). Erfüllen sich die Erwartungen des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit "nur" ein typisches Unter-nehmerrisiko des gewerblichen Mieters. Dies geht prinzipiell nicht zu Lasten des Vermieters. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vermieter Garantiezusagen für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg im Mietvertrag abgegeben hätte. Solche Garantieerklärungen sind die ganz große Ausnahme. Nur allgemeine, eher unverbindliche Angaben reichen für eine Garantiezusage oder verbindliche Zusicherung des Vermieters nicht aus. Umsatzrückgang bildet damit für den Mieter keinen Grund, um sich durch eine außerordentliche Kündigung vom Gewerberaummietvertrag lösen zu können.

Günstigere Vergleichsmiete kein Argument

Gleiches gilt für die Sachlage, dass vergleichbare Geschäftsräume zu wesentlich günstigeren Mietpreisen angemietet werden können. Auch dieses Argument rechtfertigt keine vorzeitige Aufkündigung des Mietvertrages durch den Mieter. Denn umgekehrt kann auch der Vermieter bei einem langfristigen Mietvertrag nicht einseitig eine Mieterhöhung durchsetzen, wenn die Mieten bei anderen vergleichbaren Objekten steigen.

Selbst anstehende Staffelmietzinsanpassungen verlieren bei einem allgemein sinkenden Mietniveau nicht ihre Wirksamkeit. Der Mieter muss die vereinbarte und noch weiter erhöhte Miete zahlen. Denn es ist grundsätzlich seine eigene Angelegenheit, bei Abschluss des Mietvertrages abzuschätzen, ob sich die vereinbarte Staffelmiete im Vergleich zur Entwicklung des Marktes als günstig erweisen wird oder nicht (BGH, Az.: XII ZR 8/00). Damit spielt es keine Rolle, ob sich die Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb in gleichem Maße erhöhen wie die Mietzinsstaffel.

Resümee: Gewinneinbrüche und rückläufige Geschäftsumsätze rechtfertigen kein außerordentliches Kündigungsrecht des Geschäftsraummieters. Auch Staf-felmietzinsanpassungen bleiben wirksam. Nur in ganz extremen Ausnahmesituationen, wenn sich beispielsweise der Vermieter bewusst am unternehmerischen Risiko seines Mieters beteiligen wollte, ist das Festhalten am Mietvertrag unzumutbar.

Für den Abschluss neuer Mietverträge bieten sich kürzere Laufzeiten oder die Vereinbarung von Sonderkündigungsrechten, gekoppelt an Umsatzerwartungen, an. Dies ist gerade bei langfristigen gewerblichen Mietverträgen möglich und zulässig (BGH, Az.: XII ZR 273/98), vorausgesetzt, der Vermieter lässt sich auf diese wirtschaftliche Risikoverteilung ein. Möglich ist auch eine reine Umsatzmiete oder eine Kombination aus einem Mietgrundbetrag und einem zusätzlichen Umsatzanteil. Gerade bei neuen Standorten mit den entsprechenden Entwicklungsrisiken haben sich Kombinationen aus Mindestmiete, gekoppelt am Umsatz mit einer Begrenzung nach oben, bewährt. (jlp)

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