Umstellungsärger vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen

10.08.1998

FREIBURG: Welche Auswirkungen wird die Einführung des Euro auf die Software der Finanzbuchhaltungen haben?Entgegen aller Zweifler und Skeptiker - der Euro kommt. Obwohl man sich gerade in Deutschland, dem einstigen Musterknaben der Europäischen Union, doch fragen muß, ob diese Neuheit schon bis zu den Amtsstuben durchgedrungen ist. Später als alle anderen Teilnehmerländer hat sich die Bundesrepublik dazu durchgerungen, mit dem Start der Gemeinschaftswährung auch seine Finanzverwaltung auf den Euro zu trimmen.

Vom neuen Geld betroffen sind auch große Teile der Wirtschaft, vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Diese werden mit Sicherheit die größte Last bei der Währungsumstellung haben, denn in erster Linie tragen sie die Kosten und profitieren nur unerheblich von Anlagegeschäften oder ähnlichem. Und sie können noch nicht einmal den Zeitpunkt entscheiden, ab wann sie den Euro in ihren Büchern führen wollen. Das Tempo wird ganz eindeutig von den großen Unternehmen bestimmt.

Spätestens jetzt muß sich jeder Unternehmer, unabhängig von der Firmengröße, ernsthaft mit der Einführung des Euro beschäftigen. Er muß sich nicht nur darum kümmern, ob sein Finanzbuchhaltungsprogramm in der Lage ist (oder sein wird), den Euro zu verarbeiten, sondern auch strategische Überlegungen anstellen.

Thema Preisfestlegung

Sollen Euro-Preise ausgewiesen werden? Sollen diese lediglich durch Umrechnung des Mark-Preises ermittelt werden? Oder sollen künftig alle Preise in Euro ausgewiesen werden, - wenn ja, dann muß neu kalkuliert werden.

Zur Zeit besteht - entgegen der Forderung der Verbraucherverbände - keine rechtliche Verpflichtung zur doppelten Preisauszeichnung. Unabhängig davon wird aber eine tatsächliche Verpflichtung eintreten. Denn der Verbraucher, ausgestattet mit einer gehörigen Portion Mißtrauen gegenüber dem Euro, wird es verlangen. Spätestens wenn die Konkurrenz es vormacht, muß der Einzelne mitziehen. Rechnet ein Unternehmen nun einfach die "Ist-Mark-Preise" in Euro um, so werden aus den wunderschönen Signalpreisen garantiert krumme, furchtbare Zahlen.

Beispiel: Bei einem Umrechnungskurs von angenommen 1,98022 wird aus einem Preis von 1,99 Mark ein Euro-Preis von 1,004938, gerundet 1,00 Euro. Zurückgerechnet ergeben sich 1,98 Mark.

Die Rundung führt naturgemäß dazu, daß die Firma häufig einen Pfennig verliert oder gewinnt. Was sich bei Kleinstpreisen auch umsatzmäßig auswirken kann. Fällt die Entscheidung für Euro-Preise, muß also neu kalkuliert werden. Das bedeutet unter Umständen jede Menge Arbeit, aber diese Chance sollte in jedem Fall genutzt werden, die Preisfindung zu überdenken und jeden Preis zu untersuchen.

Was kann die Software leisten?

Ein Programm sollte Rundungsregeln, die für ein Unternehmen festgelegt werden, umsetzen und Preislisten sowohl in Euro als auch in Mark ausgeben können.

Ein Buchhaltungsprogramm muß in der Lage sein, den Euro zu verarbeiten. Arbeitet der Anwender bereits mit einem Programm, das mehrwährungsfähig ist, muß das Fremdwährungsmodul eurofähig sein. Denn für den Euro gelten besondere Umrechnungsregeln und es müssen sechs signifikante Stellen verarbeitet werden können. Außerdem dürfen keine inversen Kurse verwendet werden: Wenn also von der Mark zum Euro gerechnet wird, darf nicht mit dem inversen Kurs multipliziert, sondern muß durch den amtlich festgelegten Umrechnungskurs dividiert werden.

Beispiel: 100 Mark sind bei einem amtlichen Umrechnungskurs von 1,98002 gleich 50,50454 Euro. Der Wert ist immer durch Division zu ermitteln. Es darf also nicht 200 x 0,50504 gerechnet werden, sondern 200 : 1,98022.

Verboten ist auch, zwischen den Währungen zweier Teilnehmerstaaten direkt umzurechnen. Die Umrechnung muß immer über den Euro erfolgen. Das Zwischenergebnis darf dabei auf 3 Stellen hinter dem Komma gerundet werden.

Im Ergebnis bedeutet das folgendes:

Auch wenn die Software bereits fremdwährungsfähig ist, besteht Handlungsbedarf - das Fremdwährungsmodul muß bis zum 01.01.99 angepaßt werden (entweder vom Hersteller oder vom Anwender).

thema hauswährung

Inwieweit der Euro zur Hauswährung eines Unternehmens wird, ist eine ganz andere Frage. Die Buchhaltung kann in Euro geführt werden, muß aber nicht. Bis zum Jahr 2002 kann die Mark als Hauswährung beibehalten werden.

Meist ist der erste Gedanke, die Buchführung parallel in Mark und in Euro zu führen. Doch ist diese Lösung nicht empfehlenswert. Denn sie bedeutet unter Umständen doppelten Erfassungsaufwand: in Mark und in Euro. Hinzu kommt jede Menge Abstimmungsaufwand zwischen den beiden Buchführungssystemen. Diese Lösung ist fehleranfällig und arbeitsaufwendig - und wozu?

Wie die Software intern rechnet, also ob hier alle Beträge doppelt abgelegt werden, ist eine andere Frage.

Alternative Möglichkeiten

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich bei einer Währungsumstellung zum Stichtag. Das heißt, ohne eine Umrechnung der historischen Daten oder aber die Umstellung aller Daten - auch der historischen - durchzuführen. Welche Lösung gewählt wird, hängt häufig nicht allein von einem Unternehmen ab, sondern von dem Softwareanbieter, für den man sich entschieden hat oder künftig entscheiden wird.

Wird die Stichtagsumstellung zum 01.01. durchgeführt, bleiben alle Daten bis zum 31.12 des Vorjahres in Mark erhalten, ab dem 01.01 sind alle Buchungen in Euro vorzunehmen.

Es erfolgt lediglich eine Umrechnung der Salden des Vorjahres, alle Daten der Vorjahre bleiben Mark-Werte.

Probleme gibt es immer dann, wenn ein Geschäftsvorfall im Mark-Jahr beginnt und im Euro-Jahr endet, also gerade im Bereich der Offenen Posten. Und ob ein Betrag nun Euro oder Mark ist, das erkennt man nur anhand des Geschäftsjahres. Diese Lösung ist also im Handling nicht unproblematisch, denn auch bei Vorjahresvergleichen gibt es systembedingte Probleme.

Eine Gesamtumstellung aller Daten auf Euro bietet sich deshalb an. Der Vorteil dieser Lösung ist, daß die Umstellung zu einem beliebigen Zeitpunkt im Geschäftsjahr erfolgen kann. Beispielsweise wenn der Abschluß für das letzte Mark-Jahr erstellt ist. Vor der Umstellung bucht man in Mark, nach der Umstellung in Euro.

Da auch die Vorjahreswerte umgestellt werden, können weiterhin Vergleiche und Auswertungen zwischen den Geschäftsjahren vorgenommen werden. Der Ausgleich von unvermeidlichen Rundungsdifferenzen sollte von dem entsprechenden Konvertierungsprogramm selbständig vorgenommen werden.

Claudia Ponert/Isabel Blank, Lex-ware GmbH & Co. KG in Freiburg

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