Umstieg auf IP120 nicht ausreichend kommuniziert?

04.04.2002
In zwei bis drei Wochen steht das Feature Pack2 der Firewall "Checkpoint NG" ins Haus. Nun geraten Händler, die ihren Kunden im vergangenen Jahr noch die Security-Aplliance "IP110" von Nokia verkauft haben, in Erklärungsnotstand, denn die "Blackbox" läuft nicht mit der Standardversion von NG.

Markus W., Geschäftsführer eines Systemhauses aus M., hat ein Problem. Einer seiner Kunden, ein kleines Unternehmen mit 30 Mitarbeitern, hatte sich im Oktober vorigen Jahres die IP110 zugelegt, Nokias "Blackbox" unter den Sicherheits-Appliances. Auf der IP110 ist alles vorkonfiguriert - auch die Firewall-Software Checkpoint. Ein Aufrüsten gibt es nicht. Prinzipiell ist dies ja auch ganz gut so, denn die Lösung soll einfach sein. Das Problem, dem sich W. gegenübersieht: Sein Kunde will nun Checkpoint NG in der Standardversion haben. Die IP110 funktioniert damit aber nicht. Der Grund dafür ist, dass die IP110 noch auf einem proprietären Betriebssystem basiert, Checkpoint NG Firewall-1 aber ein offenes System wie Linux braucht.

Bei Nokia Internet Communications, der Sicherheitsabteilung des finnischen Handyriesen, sieht man die Sache ganz einfach: Nun gibt es die IP120; sie hat die IP110 Ende vergangenen Jahres abgelöst. Man solle den Kunden nun den Nachfolger verkaufen. Der funktioniere mit jeder Version von NG - nicht nur mit der Small-Office-Variante. Damit war die IP110 nur etwa eineinhalb Jahre auf dem Markt.

So etwas wie ein Update gibt es nicht. "Das ist ja auch eine komplett neue Hardwareplattform," sagt Günther Busch, Marketing-Manager Central & Eastern Europe bei Nokia Internet Communications. Systemhauschef W. sieht das schon ein, fragt sich aber, was er seinem Kunden sagen soll, der ja erst im Oktober mehrere tausend Mark für seine Sicherheits-Appliance bezahlt hat. "Bislang war das noch kein großes Thema, weil viele ohnehin auf das Feature Pack 2 gewartet haben. Aber das kommt ja jetzt demnächst, und wir haben nun Erklärungsnotstand, warum schon wieder Investitionen notwendig sind." Für die IP120 wären dies immerhin rund 3.400 Euro. Die Lizenz für Checkpoint Firewall-1 schlägt noch einmal mit mindestens 3.400 Euro zu Buche. "Mit so einem Vorschlag mache ich mich doch lächerlich beim Kunden", so Systenhaus-Chef W.

Urgestein IP440 geht in Rente

Vor allem wirft W. Nokia vor, die Umstellung auf die IP120 nicht gründlich genug kommuniziert zu haben. "Die haben uns bis zum Schluss die 110er verkaufen lassen", schimpft er. Dies allerdings kennt man von Nokia eigentlich nicht. "Normalerweise bekommen die Partner und Kunden von Nokia Infos zu sämtlichen Geräten, die abverkauft werden, und das bereits Monate vorher", wundert sich ein Distributor. Jüngstes Beispiel ist die IP440. "Das ist unser Urgestein. Die wird ab April nicht mehr verfügbar sein", warnte ein Nokia-Mitarbeiter die Partner bereits auf dem Sicherheitsforum des Distributors Icon im Januar.

Dennoch bleibt die Frage: Was tun? Auch bei Nokia ist man ein wenig ratlos. "Die Partner sollen sich an die Distributoren wenden. Wir werden das jeweils individuell regeln", rät Busch. Eine Alternative, die Nokia allerdings nicht gefallen dürfte, wäre Schadensbegrenzung - sprich ein mit Nokia vergleichbares Produkt zu einem günstigeren Preis. Die Security Appliances von Celestix beispielsweise kosten ein Drittel so viel wie die Produkte von Nokia und sind laut Branchenkennern "vom Technischen her durchaus damit vergleichbar".

Das Setup ist ohne zusätzlichen Rechner ausführbar, und die Geräte von Celestix haben im Gegensatz zur IP120 eine Festplatte. Für W. wäre diese Möglichkeit durchaus in Betracht zu ziehen. "Wenn ich meinen Kunden schon erklären muss, dass sie noch einmal investieren müssen, dann wenigstens in ein möglichst günstiges Produkt, das man gegebenenfalls aufrüsten kann."

www.nokia.de; www.celestix.de

ComputerPartner-Meinung:

Eine vorkonfigurierte "Blackbox", wie sie die IP110 von Nokia ist, hat sicherlich einigen Charme in puncto Einfachheit. Allerdings ist ein Produktzyklus von anderthalb Jahren für eine mittelständische Sicherheitslösung nicht gerade lang. Hier zeigt sich die Schere zwischen dem Innovationszwang der Hersteller und der Investitionssicherheit der Kunden. Dummerweise stehen die Partner in der Mitte und nehmen es übel, wenn ein Hersteller die Scheuklappen für ihre Alltagsprobleme aufsetzt. Dadurch könnte ein Hersteller trotz guter Produkte schnell Marktanteile einbüßen. (gn)

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