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Bis 2027 müssen Unternehmen ihre alten SAP-Systeme auf das neue und verbesserte SAP S/4HANA umstellen, da ältere Systeme ab diesem Zeitpunkt nicht mehr unterstützt werden. Diese Frist übt erheblichen Druck auf Unternehmen aus, insbesondere auf Handelsfirmen, die mit einer komplexen und heterogenen Datenlandschaft arbeiten.
Laut der Studie "SAP S/4HANA 2024 Aktuelle Cloud-ERP-Trends" sehen 31 Prozent der Handelsunternehmen die Einhaltung der Migrations-Timeline als eine ihrer größten Herausforderungen. Eine im Jahr 2023 von Gartner durchgeführte Umfrage zeigt, dass große Unternehmen mit etwa drei bis fünf Jahre für ihre Transformation rechnen.
Die Migration für den Handel ist besonders komplex
Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen zeichnet sich der Handel durch besonders dynamische Daten aus. Bestände, Artikelinformationen und Bestellungen unterliegen kontinuierlichen Schwankungen durch beispielsweise saisonale Veränderungen oder Trends, die eine flexible und schnelle Anpassung erfordern. Das bedarf nicht nur einer Echtzeit-Datenverarbeitung, sondern auch einer konsolidierten Datenverwaltung.
Das bedeutet, dass Daten aus verschiedenen Quellen wie CRM-Systemen, ERP-Systemen oder Online-Shops zusammengeführt, integriert und harmonisiert werden müssen, um eine einheitliche und konsistente Datenbasis zu schaffen.
Eine inkonsistente Datenbasis kann zu Bestandsfehlern, falschen Preisangaben oder fehlerhaften Verfügbarkeitsinformationen führen. Das resultiert nicht nur in Umsatzeinbußen, sondern auch in einem erheblichen Vertrauensverlust bei den Kunden.
In einer Branche, in der die Kundenerwartungen immer weiter steigen und Echtzeitinformationen längst zur Norm geworden sind, ist ein reibungsloser Datenfluss entscheidend. Dass 39 Prozent der Handelsunternehmen ein besseres Datenmanagement als Hauptnutzen des Umstiegs auf SAP S/4HANA sehen, unterstreicht die zentrale Rolle, die Daten im Handel spielen. Zum Vergleich; Im Branchendurchschnitt sind es nur 12,5 Prozent.
Hürden bei der SAP S/4HANA-Migration
Trotz der Dringlichkeit der Migration kämpfen viele Unternehmen immer noch mit erheblichen Schwierigkeiten. Zwei Drittel der in der Studie befragten Entscheider äußerten Unzufriedenheit mit der Planung ihrer Transformation.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen fehlt es oft an ausreichendem Know-how, um die Umstellung effektiv zu planen und durchzuführen. Zum anderen ist die Datenmigration für Unternehmen mit einem hohen Aufwand verbunden. Ihre bestehenden IT-Systeme und -Architekturen sind oft nicht für SAP S/4HANA ausgelegt. Unternehmen müssen umfangreiche Anpassungen und Investitionen tätigen, sofern nicht auf Cloud-Services zurückgegriffen wird.
Die Rolle der SAP Business Technology Platform (BTP)
Die SAP Business Technology Platform (BTP) ist der Kern jeder erfolgreichen Migration. Die BTP dient als zentrale Integrations- und Entwicklungsplattform und ermöglicht es Unternehmen, ihre bestehenden SAP- oder Non-SAP-Systeme (On-Premises/Cloud) und eigenentwickelte Software nahtlos miteinander zu verknüpfen. Dies ist besonders im Handel von Bedeutung, wo eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme und Technologien miteinander harmonieren müssen.
Mit der Unterstützung von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning optimiert die BTP die Kundenansprache und Lagerhaltung. Zudem vereinfacht die Plattform durch das "Clean Core"-Prinzip die Trennung von individuellen Anpassungen und dem Kernsystem, was zukünftige Updates und Erweiterungen erleichtert.
Die Migration bringt im Handel strategische Vorteile
Die zeitnahe Umstellung auf SAP S/4HANA bietet Handelsunternehmen klare Wettbewerbsvorteile. Mit SAP S/4HANA profitieren Unternehmen von Echtzeit-Analysen, einer optimierten Nutzeroberfläche und einer gesteigerten Effizienz durch die leistungsfähige HANA-In-Memory-Datenbank.
Besonders im Handel, wo schnelle Reaktionen auf Marktveränderungen und Kundenerwartungen entscheidend sind, eröffnen sich durch Technologien wie Predictive Analytics neue Möglichkeiten. So lassen sich etwa Kundenverhalten und Produktverfügbarkeit präzise vorhersagen, was zu einer besseren Bestandsplanung und einer personalisierten Kundenansprache führt.
So gelingt die Umsetzung
Verantwortliche sollten ihre Daten bereits vor Beginn der Migration konsolidieren, bereinigen und harmonisieren. Fehlen einem Unternehmen technisches Know-how oder ausreichende Personalkapazitäten, kann ein SAP-Consulting-Partner wertvolle Unterstützung bieten. Der Vorteil dabei ist, dass diese Partner bereits über umfassende Erfahrung mit der Migration verfügen, und idealerweise auch komplexe, große Projekte erfolgreich begleitet haben.
Ein erster Schritt ist die Analyse verschiedener Einflussfaktoren: Ist das System upgradefähig? Welche Go-Live-Szenarien sind denkbar? Wie sieht die derzeitige Prozesslandschaft aus? Es ist sicherzustellen, dass die Migrationsstrategie optimal auf die spezifischen Anforderungen des Unternehmens abgestimmt ist. Besonders im Handel, wo die Datenmigration einen der kritischsten Teile des Prozesses darstellt, wird hier auf bewährte Methoden und Werkzeuge zurückgegriffen.
Ein Partner kann darüber hinaus bei der Erstellung detaillierter Migrationspläne bzw. Roadmaps helfen, realistische Einschätzungen zu den benötigten Ressourcen und Kapazitäten liefern und den für das Unternehmen passenden Migrationsansatz empfehlen Dadurch wird die Wertschöpfung nachhaltig gesteigert und die umfassende Digitalisierung der Prozesse vorangetrieben. Die Umstellung auf SAP S/4HANA sollte dabei als integraler Bestandteil einer langfristigen IT- und Unternehmensstrategie betrachtet werden.
Neue SAP S/4HANA IT-Backend-Infrastruktur am Praxisbeispiel
Coop Danmark, einer der größten Lebensmittellieferanten Dänemarks mit einem Marktanteil von über 30 Prozent, ist genau diese Route gegangen. Gemeinsam mit KPS hat der Retailer eine der größten SAP S/4HANA-Transformationen in den Nordics durchgeführt. Das Projekt wurde dabei nicht auf einem "leeren Blatt Papier" entwickelt, sondern basiert auf bewährten Best Practices und Business-Szenarien speziell im Handel.
Die zentrale Herausforderung bestand darin, eine völlig neue Backend-IT-Infrastruktur zu implementieren, um eine durchgängige und aktuelle Transparenz aller Unternehmensprozesse zu gewährleisten inklusiver aller Warenströme und Transportwege bis hin zu den Lagerbeständen und dem Warenkorb. Gleichzeitig musste das System sämtliche damit verbundenen Finanztransaktionen abwickeln und dokumentieren, sodass logistische und finanzielle Abläufe in Echtzeit sichtbar sind.
Trotz der komplexen Unternehmensstruktur von Coop und der Herausforderung, viele Warenströme zu verwalten, ermöglichte der hohe Standardisierungsgrad der Migration sowie ein umfängliches Change Management eine zügige Umsetzung des Projekts. Das Ergebnis: Eine echte End-to-End-Plattform, über die 100 Prozent des Gesamtumsatzes fließt und Kundenbedürfnisse besser verstanden werden.
Fallstricke beim Umstieg auf SAP S/4HANA