Und bist du nicht willig...

14.06.2001
T-Online auf ungewohnten Pfaden in der Touristikwelt

Was bringt einen Konzern wie T-Online dazu, das ultimative Web-Reisebüro zu gründen? Nun, wenn es an erfolgreichen Online-Shops mangelt, muss der Schwager des designierten Marktführers T-Systems selbst etwas nachhelfen. In der Touristik ist das Hauen und Stechen aus den Neunzigern etwas abgeklungen. Nominell ist es noch so, dass es die Neckermann- auf der einen und die TUI-Veranstalter auf der anderen Seite gibt. Nur die Eigentümer haben multiple Metamorphosen hinter sich. Kompliziert wird es, wenn ein Reisebüro von beidem anbieten will - das war bisher nicht ohne weiteres möglich. Diese wettbewerbs- und kartellrechtlichen Gründe gelten nun für die neue T-Online Travel AG nicht, warum auch immer. Dabei ist es wissenswert, dass der Preussag Konzern mit 12,45 Prozent Anteil die rund 3.200 Veranstalter und Reisebüros beherrscht, am bekanntesten TUI, 1-2 fly, First Reisebüros und Hapag-Lloyd. Der andere Partner mit gleicher Beteiligung hat mit der Marke Thomas Cook den Erfinder der Pauschalreise im Signet, zu dem auch Neckermann, Terramar, Kreutzer und Condor gehören. Wem das noch immer zu wenig ist, C&N gehört je zur Hälfte der Lufthansa und der Karstadt Quelle AG. Für den Ron-Sommer-Fanclub bleiben 75,1 Prozent mit der Möglichkeit, dem verbleibenden, existenzbedrohten Rest deutscher Touristikunternehmen ebenfalls Obdach bieten zu können, wenn die Zeit dafür reif ist und die anderen nichts dagegen haben. So entsteht ein virtuelles Unternehmen, welches den Großteil des deutschsprachigen Angebots bündelt und in einem der meistbesuchten Portale Deutschlands anbietet. Auf die IT bezogen, ist das ungefähr so, als würden Aldi, Vobis und die Metro-Gruppe mit Fujitsu Siemens, Compaq, IBM und der Deutschen Bank eine PC-Marke gründen und über E-Plus und die eigenen Shops vertreiben. Virtuelle Unternehmen als Megazentralisierung. Hätte das Internet die so oft gewünschte und befürchtete Marktmacht tatsächlich, in den falschen Händen wäre sie ein weiterer Schritt in die Big-Brother-Gesellschaft. Wenn Provider selbst verkaufen, beeinflussen sie, was verkauft wird. Ob T-Online dabei bedacht hat, dass sie ihre eigenen Kunden zu Konkurrenten macht, ist kaum anzunehmen. Sollte dieses Experiment wider Erwarten erfolgreich verlaufen, darf sich der Markt auf einen Ansturm potenzieller Monopolisten freuen. Arzneimittelhersteller gründen eine virtuelle Apotheke oder Mainboardhersteller einen CPU-Shop.

Mein Fazit: Aufpassen, sonst wird aus dem Internet tatsächlich das Machtinstrument, zu dem es ursprünglich erschaffen wurde. Es gilt nicht nur. Bill Gates zu kontrollieren, auch die Welt daneben.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist Fachhändler in Rheinland-Pfalz.

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