Und wieder 24 Stunden!

09.07.2000
Die neue Öffnungszeitendiskussion mit alten Argumenten.

Wenn zwischen zwei Skandalen noch etwas Luft bleibt, fängt irgendein Konzernlobbyist im wirklichkeitsfernen Berlin wieder einmal an, laut über das Ladenschlussgesetz zu lamentieren. Nichts bleibt unversucht, die letzte schon löchrige Bastion fachhändlerischer Chancengleichheit zu stürzen. Dass dabei nur die Großen gewinnen und die anderen untergehen, sehen kleine und mittlere Fachhandelsbetriebe wie Gewerkschaften gleich und finden sich lokal und regional in ungewohnten Allianzen. Dabei ist doch eines klar: Längere Öffnungszeiten zahlen sich nur dort aus, wo die Konkurrenz schließt. Wenn alle rund um die Uhr öffnen, würde sich kaum etwas ändern, außer dass die Preise steigen. Weiter ist Fakt, dass längere Einkaufsmöglichkeiten nur höhere Kosten bei Personal und Strom bringen. Und drittens haben die Leute ja nicht mehr Geld im Portemonnaie, nur weil die Läden länger offen sind. So what? Die oft beschworenen Arbeitsplätze brächte eine Änderung nur, wenn sie radikal geschehe. Ein "Jeder-darf-öffnen-wann-und-wo-er-will"-Gesetz, zwänge die Ketten in den Innenstädten und die Kistenlager auf der grünen Wiese zu sofortigen Einstellungen. Auf dem Lande interessiert die Sperrstunde eher die Kneipengänger. Die stundenweise Verlängerung in Häppchentaktik dagegen lässt die Personalstrategen nur schmunzeln und umschichten. Verlängerte Mittagspausen, wechselnde Kernarbeitszeiten und andere Kapovaz-Methoden (kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) geben Konzernen den Spielraum, der im Fachbetrieb schon längst ausgereizt ist. Während bei der Vorgängerregierung diese Methodik der Kapitalmehrung und die gebetsmühlenartige zeitenliberale Diskussion geradezu Programm wa-ren, fällt es schwer, dafür die ideologische Basis bei Rot-Grün zu finden. Es muss wohl Geld sein. Allein Lippenbekenntnisse Handel und Handwerk gegenüber und Lobhudelei ob der vielen Ausbildungsplätze reichen nicht. Sollen sie über die wahren Machtverhältnisse in der Politik hinwegtäuschen? Liebe Politiker, lasst die Finger von Dingen, die ihr (noch?) nicht versteht und die Kleinen noch etwas leben. Wenn ihr für Europa wieder ein Zeichen setzen müsst, schafft dafür lieber die Innungen und Kammern ab, durchforstet das Beamtenheer, und wenn dieser Staat irgendwann einmal schwarze Zahlen schreibt, kann er uns Kaufleuten Tipps über die Öffnungszeiten unserer weder volkseigenen noch subventionierten Läden geben. Aber auch erst dann, wenn es die Verwaltungen landauf, landab vorleben. Wenn irgendwelche Gesetze ausgemistet werden müssen, wie wäre es mit dem Rabattgesetz?

Mein Fazit: Entweder lasst es, wie es ist, oder schafft es ganz ab. Die kleinen Schritte töten die Infrastruktur der Umlandgemeinden, und davon leben gerade wir.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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