UNIX-Anbieter Santa Cruz Operation setzt auf Enterprise- und Internet-Geschäft

09.06.1996
MÜNCHEN: Um in großen Unternehmen Marktanteile für sein PC-UNIX-System zu erobern, setzt der kalifornische UNIX-Anbieter SCO (Santa Cruz Operation Systems) auf OEM-Alliancen und Partner. Als Motor aber macht SCO das Internet mitsamt der serverfreundlichen Einrichtung des Netz-Computers (NC) aus. Daß der Markt UNIX- und nicht das vielbeschworene NT einsetzt, dafür soll verstärktes Marketing sorgen.Wenn SCO-Präsident Alok Mohan auf das Internet zu sprechen kommt, senkt er den Kopf wie zum Angriff. "Hier findet ein wirklicher Paradigmenwechsel statt, der geprägt ist von einem vollkommen neuen Modell der Beziehung zwischen Computern, nämlich den offenen Schnittstellen zwischen Benutzern und netzbasierenden Anwendungen. Es ist Internet-Zeit, und wer das nicht begreift, hat in diesem Business schon bald nichts mehr verloren", rief er den zirka 1.000 Besuchern zu, die Ende August zu seiner Eröffnungsrede des 10. SCO-Forums auf das Gelände der Universität von Santa Cruz gekommen waren.

MÜNCHEN: Um in großen Unternehmen Marktanteile für sein PC-UNIX-System zu erobern, setzt der kalifornische UNIX-Anbieter SCO (Santa Cruz Operation Systems) auf OEM-Alliancen und Partner. Als Motor aber macht SCO das Internet mitsamt der serverfreundlichen Einrichtung des Netz-Computers (NC) aus. Daß der Markt UNIX- und nicht das vielbeschworene NT einsetzt, dafür soll verstärktes Marketing sorgen.Wenn SCO-Präsident Alok Mohan auf das Internet zu sprechen kommt, senkt er den Kopf wie zum Angriff. "Hier findet ein wirklicher Paradigmenwechsel statt, der geprägt ist von einem vollkommen neuen Modell der Beziehung zwischen Computern, nämlich den offenen Schnittstellen zwischen Benutzern und netzbasierenden Anwendungen. Es ist Internet-Zeit, und wer das nicht begreift, hat in diesem Business schon bald nichts mehr verloren", rief er den zirka 1.000 Besuchern zu, die Ende August zu seiner Eröffnungsrede des 10. SCO-Forums auf das Gelände der Universität von Santa Cruz gekommen waren.

Die Botschaft der Internet-Zeit und ihrer "jetzt sich schon abzeichnenden Konsequenzen für Hersteller und Kunden" (Mohan) wurde folglich auch auf den zahlreichen Foren, technischen und Marktseminaren sowie der Vorstellung des ersten Internetpakets beschworen. Das Internetpaket selber besteht in seiner ersten Version aus dem Fasttrack-Server von Netscape und der internetfähigen Terminal-Emulation Termvision, womit via Browser Applikationen aufgerufen werden können, ohne daß sie in HTML formatiert sein müßten. Die zweite Version, die Ende dieses Jahres auf den Markt kommen soll, wird nach SCO-Angaben unter anderem den Netscape-Browser 3.0 enthalten sowie den Proxy- und Enterprise-Server von Netscape. Ferner steht dann ein Development Kit für Java sowie Software für die gezielte Internetsuche zur Verfügung.

Um die zweite Absicht, nämlich im Enterprise-Geschäft Fuß zu fassen, ins SCO-freundliche Licht zu rücken, dienten die Gastauftritte von Herstellern wie Compaq, Data General, Fujitsu, IBM, NCR, SNI, Sybase und Unisys. So erklärte beispielsweise Wolfgang Gnettner, bei SNI für UNIX-Produkte im Enterprise-Bereich zuständig, daß "mit dem PC-basierenden UNIXware jetzt auch Enterprise-Bereiche ins Auge gefaßt werden sollen. Und dazu gehört die Möglichkeit, geschäftsentscheidende Anwendungen über das Internet anbieten zu können".

Was dabei eine geschäftsentscheidende Anwendung sein könnte, steht für Doug Michels, Chefentwickler bei SCO, fest: "Jede Anwendung, die eine Geschäftsbeziehung zwischen zwei Partnern herstellt und bei der man Geld verdienen kann. Und da man mittels des Internets überall sein kann, kann man auch überall Geld verdienen."

UNIX + Internet kontra Windows NT

Konsequenterweise setzt der Mitbegründer von SCO darauf, daß der NC als Computer und abgespeckter Client bald Einzug in die Geschäftswelt halten wird: "Heute investieren eine Menge Firmen in die Entwicklung des NCs. Nicht nur, weil er den Client hardwareunabhängig macht und ihn damit frei von jeder Beschränkung ans Netz anschließt, sondern auch, weil Firmen damit ein System erhalten, mit dem sie an jedem Ort der Welt zu jeder Zeit paßgenaue Anwendungen einsetzen können. Die Zeit der Plattformen, die jeden Benutzer an sie bindet, ist vorbei", erklärt er mit deutlichem Unterton gegenüber Microsoft und Windows NT. Diese Software war auf dem Universitätsgelände zwar mit keinem einzigen Exemplar physisch anwesend, doch wurde sie in nahezu jeder Sitzung zitiert als "letzter Versuch, mit einem proprietären Betriebssystem die Netzgemeinde zu gängeln", so stellvertretend Michels für die SCO-Gäste. Tatsächlich hatte auch IDC-Forscher Per Anderson dazu eine interessante Umfrage bei Endkunden im Business-Bereich parat. Danach sind die Befragten davon überzeugt, daß Windows NT in der Kombination Datenbank, Administrationssoftware und Office-Anwendungen zum Unternehmensstandard werden wird. Dazu Anderson: "Dies Annahme ist zwar unrealistisch, was die Funktionalität von Windows NT angeht, doch es ist die Meinung der Befragten. Für UNIX-Anbieter sollte deshalb klar sein, daß sie durch gezielte Marketing-Maßnahmen dem entgegenwirken."

Internet und UNIX-Partner

Um in einem ersten Schritt also die Basis der UNIX-Anbieter zu vergrößern, hat SCO eine Reihe von Partnern gefunden, die das SCO-eigene UNIXware auf ihren Rechnern ausliefern werden. So wird beispielsweise Compaq auf seinen Servern UNIXware anbieten, "damit Unternehmen auf der Grundlage eines offenenen Standards UNIX für alle verteilten Anwendungen einsetzen können", erklärt Compaq-Manager Jeffry Erramouspe. Und Unisys-Manager Georg. W. Smith ist sich sicher, daß UNIXware "die Plattform für SMP-Server in Unternehmen werden wird".

Daß es sich dabei allerdings nur um eine Botschaft handelt, die die zirka 3.000 Entwickler und Business-Partner zumindest für Europa jetzt zum Leben erwecken müssen, macht eine Analyse von Marktforscher Anderson deutlich. "Der UNIX-Markt im niedrigen Preissegment, also bis zu 50 Clients, ist gesättigt. Allein der High-end-Bereich wächst in Europa", erklärt er. "Allerdings ist dieser Markt dünn, so daß die Gewinne nicht allzu hoch ausfallen werden." Insbesondere der deutsche Markt, in dem UNIX "traditionell stark ist, ist derzeit von Sättigung und konjunkturbedingter Depression bestimmt", rückt er die UNIX-Pläne nicht zuletzt von SCO realistisch zurecht. "Um hier Marktanteile zu gewinnen, müssen die UNIX-Hersteller als General purpose-Anbieter auftreten können, also Lösungen anbieten, die Datenbanken und Administrationsanwendungen aus einem Guß enthalten", prognostiziert er.

Genau dafür sieht sich SCO bestens gerüstet. So zählt der UNIX-Anbieter zu seinen Partner auch die Datenbankhersteller Oracle und Sybase.

Und auch was die für Unternehmen so wichtige Officeseite angeht, wo Microsoft bekanntlich uneingeschränkt dominiert, sieht sich SCO gemäß seiner "Windows-friendly-Strategie" (SCO-Manager Michels), auf der Gewinnerseite. "Wir arbeiten mit dem Eisberg, nicht gegen ihn", stellt Michels die Integrationsstrategie für Windows-Produkte klar.

"Doch wir sind uns sicher, daß der Eisberg vom Internetdrift in Gewässer getrieben wird, wo er unweigerlich schmelzen wird", zeigt er sich optimistisch.

Den Drift selber stellt, wie gesagt das Internet dar. Konkret aber wartet SCO darauf, daß Windows NT "endlich im Enterprise-Bereich Flagge zeigt. Denn meines Wissens gibt es bisher keine einzige Enterprise-Lösung, wo Windows NT erfolgreich eingesetzt wird", erklärt Michels selbstsicher.

UNIX-Entwicklung, Standards und Marketingpower

Doch es soll nicht beim Warten bleiben. Sondern SCO will aus eigener Kraft, mit den Partnern, den zirka 60 ISVs (Independent Software Vendors), die nach Angaben von SCO bisher für die Enterprise-Lösung UNIXware gewonnen werden konnten, sowie einer "deutlich intensivierten Marketingstrategie" (Mohan) Punkte für UNIX sammeln.

Gerade bei letzterem gibt der SCO-Manager zu, daß im letztem Jahr zu wenig getan wurde. Doch jetzt will SCO seine Partner mit vermehrten Trainings- und Ausbildungsprogrammen sowie mehr Marketinggeldern den Business-Markt deutlicher adressieren. Und da SCO außerdem UNIXware kostenlos an Privatpersonen und Universitäten verteilen möchte, erhofft sich das Unternehmen ein "deutlich gesteigertes Interesse für UNIX. Wir sind das Unternehmen für Mission critical Server; das wollen wir über unsere Partner dem Markt mitteilen", verspricht Mohan.

Daß er in der UNIX-Gemeinde damit auf regen Zuspruch stößt, unterstreicht ein süddeutscher UNIXware-Händler. "SCO hat bisher zu wenig für eine Vision getan, mit der UNIXware verkauft werden konnte. Das soll sich jetzt ändern. SCO setzt alles daran, eine Business-Company zu werden", erzählt er auf einer abendlichen Party.

Daß diese Marktoffensive aber auch von den Fortschritten abhängt, die die Entwicklung des 64-Bit-UNIX, genannt "Gemini", zusammen mit Partner Hewlett-Packard macht, weiß man bei SCO. So können die beiden Hersteller nicht nur eine Roadmap vorlegen, sondern werden in diesem Jahr noch, so Scott McGregor, Vizepräsident für SCO-Produkte, ein Developer Kit für Gemini ausliefern. Dieser enthält als "One stop shopping"-Kit neben Java auch UNIXware und die nicht mehr weiterentwickelte UNIX-Software Open Server. "Damit können Entwickler über einheitliche Schnittstellen auf ein UNIX zugreifen, worauf die meisten der bisher getrennt entwickelten UNIX-Applikationen laufen werden", verspricht der Manager.

Da allerdings das 64-Bit-UNIX mitsamt dem eigens entwickelten UNIXSchichtmodell 3DA-Architektur (3 Dimensional Architecture) ohne den von Intel für Ende 1997 angekündigten Merced-Chip nicht eingesetzt werden kann, sind die beiden UNIX-Hersteller auf Intel angewiesen. "Aber auch wenn Intel die Auslieferung seines Chips verzögern sollte - wir werden mit Gemini zum angekündigten Zeitpunkt fertig sein", wirbt Mc Gregor.

Was er jedoch nicht erwähnt, ist, daß die von SCO in einem gemeinsamen Auftritt so werbewirksam vorgestellten OEMs sich bisher nicht auf gemeinsame Schnittstellen für das neue UNIX einigen konnten. So ist es für UNIX-Partner auch klar, daß Gemini "nur über zusätzliche Erweiterungen das propagierte offene Betriebssystem darstellen wird," erklärt ein amerikanischer UNIX-Entwickler nach dem gemeinsamen Auftritt.

Von der Vision des (Inter-)-netzzentrierten UNIX-Standards ist man eben doch noch weit entfernt. (wl)

SCO-Chef Alok Mohan: "Das Internet stellt die Zukunft von SCO dar."

SCO-Chefentwickler Doug MicheIs: "Der Eisberg Microsoft wird vom Internetdrift in Gewässer gezogen, wo er unweigerlich schmelzen wird."

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