"Uns geht es extrem gut"

25.04.2002
Allen Unternehmen in der IT-Branche geht es zurzeit schlecht. Allen? Ein kleines Unternehmen in Dortmund trotzt der allgemeinen Rezession und macht Gewinne. Die Rede ist von der Engelmann GmbH, die sich auf Kopiersoftware spezialisiert hat.

Eigentlich fing es ganz harmlos an", erzählt der 32-jährige Uli Engelmann, Gründer und Chef der Engelmann GmbH in Dortmund. Zu der Zeit studierte Engelmann Informatik und Psychologie. "Aus einer Laune heraus beschlossen wir vor etwa sechs Jahren mit ein paar Kommilitonen, ein Kopierprogramm für CD-Rs zu schreiben und über das Internet zu vertreiben", berichtet er weiter. "Pro Woche verkauften wir vielleicht ein bis zwei Programme. Davon konnten wir gerade unser Studium finanzieren." Zu dieser Zeit arbeiteten noch viele Anwender unter DOS oder Windows 3.1. Dementsprechend einfach war die Oberfläche der Programme gestrickt.

Den Durchbruch brachte dann ein Artikel in der Fachzeitschrift "PC-Shopping". "Als wir nach Weihnachten aus den Ferien zurückkamen, lagen weit mehr als 200 Bestellungen vor", erinnert sich Engelmann. "Von nun an ging es immer nur bergauf."

1997 Gründung der Engelmann GmbH, 2000 Ausweitung der Geschäftsbeziehungen auf den gesamten europäischen Markt, und seit Januar 2002 sind Engelmann-Produkte auch in japanischen Retail-Märkten zu finden. Heute beschäftigt das Unternehmen rund 30 Mitarbeiter, von denen allein zwölf in der Entwicklung arbeiten. Und die Firma wächst weiter. "Wir können auf rund 30 bis 40 Prozent Umsatzwachstum in den letzten Jahren zurückblicken", freut sich Engelmann.

Händeringend sucht er nach guten Programmierern. "Unsere Programme sind in C++ und in Assembler geschrieben. Hier gute Leute zu finden ist enorm schwierig", klagt er. "Und wenn, dann sind ihre Forderungen überzogen." Engelmann erinnert sich an ein Vorstellungsgespräch im vergangenen Jahr: "Der gute Mann wollte 20.000 (damals noch) Mark im Monat, einen Dienstwagen und 30 Tage Urlaub haben, und das alles bei einer garantierten 32-Stunden-Woche. Auch wenn es uns heute extrem gut geht, diesen Mann können wir uns nicht leisten", so Engelmann. Trotz der guten Umsätze ist der Geschäftsführer bescheiden geblieben - er selbst fährt einen betagten VW Polo.

Die Suche geht weiter: Auf der Internetseite www.disk4you.net, die mit immerhin bis zu 50.000 Clicks pro Tag aufwarten kann, hat Engelmann eine Anzeige geschaltet. Nach einem Jahr fanden sich nur Bewerbungen aus Bulgarien, Russland oder Indien. Deshalb beantragt der Geschäftsführer jetzt zehn Greencards, um Spezialisten aus diesen Ländern anheuern zu können.

"Unsere Software wird komplett von eigenen Programmierern entwickelt", erzählt Engelmann stolz. "Die Produktion und den Vertrieb haben wir aber ausgelagert. In Deutschland und den angrenzenden Ländern übernimmt das SAD." Die Vertriebsniederlassungen in den europäischen Ländern und auch die in Japan arbeiten selbständig. "Ich werde den Teufel tun und meinen Kollegen vor Ort in die Arbeit reinreden", verspricht Engelmann. "Die kennen sich im eigenen Land viel besser aus als ich."

Mit Jack zum Erfolg

Mit CDR-Win, das inzwischen in Version 5 vorliegt, hat Engelmann ein professionelles Tool zum Kopieren von CDs geschaffen, das sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Als direkte Konkurrenz sieht er Easy CD Creator und Nero. Clone-CD gehört nicht dazu. Dieses Programm adressiert eine völlig andere Zielgruppe, glaubt er. Einzig, dass sein Produkt bei Brennern noch nicht zum Lieferumfang gehört, ärgert ihn. "Aber das werden wir in nächster Zeit auch noch ändern", verspricht Engelmann.

Mit der relativ neuen Programmreihe "Jack" soll auch dem Nicht-Hacker die Möglichkeit gegeben werden, sein verbrieftes Recht auf eine Sicherheitskopie einzufordern. Aufsehen erregt unter anderem das neue Programm "Gamejack", mit dem sich ohne Vor- kenntnisse mit fast jedem Brenner Sicherheitskopien von allen Spielen anfertigen lassen sollen. Das Witzige an dem Programm: Es fertigt eine tatsächliche 1:1-Kopie des jeweiligen Spieles an. "Kopierschutzverfahren werden einfach mitkopiert", erklärt Engelmann stolz. "Wir verändern nichts an der Software, denn das ist gesetzlich verboten."

Beim Kopieren legt Gamejack zuerst ein Image der Software auf der Festplatte an. Manche Kopierschutzverfahren arbeiten zum Beispiel mit defekten Sektoren auf der CD. Die müssen alle einzeln ausgelesen werden. Da das Laufwerk aber nun mehrere Leseversuche unternimmt, bis es den jeweiligen Sektor als defekt deklariert, kann das Auslesen schon mal mehrere Stunden dauern. Anschließend lässt sich das Image auf ganz normalem Weg in kurzer Zeit brennen, und man erhält eine 1:1-Kopie inklusive des Kopierschutzes.

In den nächsten Wochen will Engelmann ein neues Programm auf den Markt bringen: den "Audiojack". Damit soll dem Anwender die Möglichkeit gegeben werden, speziell von Audio-CDs Sicherheitskopien anzufertigen. Die Plattenbranche wird Sturm gegen dieses Produkt laufen, vermutet Engelmann. Die neuesten CDs, wie zum Beispiel die "A new day has come" von Celine Dion, entsprechen nämlich nicht mehr dem Redbook-Standard. (Auf diesen Standard haben sich vor einigen Jahren die Hersteller geeinigt, damit sich Audio-CDs in wirklich allen Laufwerken abspielen lassen.) Diese CD lässt sich nur in Audio-CD-Playern abspielen. Der Aufkleber "Läuft nicht auf MC oder PC" soll Reklamationen des Kunden vorbeugen. Dummerweise weigern sich auch viele Audioplayer, diese CD wiederzugeben.

"Unser Programm repariert quasi eine defekte CD", so Engelmann. Der Kunde hat eine CD gekauft, die nicht dem Standard entspricht. Nach der Kopie ist sie wieder Redbook-konform und lässt sich in jedem Laufwerk abspielen."

Lesen Sie hierzu auch den Kom-mentar auf Seite 8 (jh)

www.engelmann.com

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