Unter Strom: Firewire 800 im Test

29.04.2004
Ist USB 2.0 nur Mittelklasse? Dank Firewire 800 alias IEEE 1394b steht nun genügend Bandbreite zur Verfügung, um schnelle Festplatten im externen Einsatz nicht mehr auszubremsen. Von Patrick Schmid und Rainer Pabst

Firewire ist heute ausgesprochen beliebt - nicht nur wenn es um den Anschluß eines DV-Camcorders geht. Der Bedarf für externe Laufwerke nimmt stetig zu, und so greifen Anwender, die im Besitz einer passenden Schnittstelle sind, vor allem aus einem Grund zu Firewire statt zu USB 2.0: Obwohl die Theorie dagegen spricht, ist Firewire nämlich schneller.

Trotz maximaler 400 MBit/s für Firewire (S400) und bis zu 480 MBit/s für USB 2.0 hat USB das Nachsehen. In der Praxis sind die Unterschiede zwischen beiden Schnittstellen jedoch nur dann interessant, wenn eine intensive Nutzung stattfindet:

USB erlaubt erst einmal nur den Anschluß eines Gerätes pro Port; deswegen bieten moderne Rechner inzwischen deren sechs bis acht. Über einen USB-Hub (Sternverteiler) lassen sich jedoch noch mehr Geräte an einem Port betreiben. Je nach Verteilerlogik (einfacher oder mehrfacher Transaction Translator) kann die Performance jedoch erheblich schwanken, vor allem wenn Geräte nach USB-1.1-Standard zum Einsatz kommen.

Anders bei Firewire: Hier werden alle Geräte hintereinander in eine logische Kette gehängt (peer to peer), wobei das Protokoll auch Verzweigungen erlaubt. Durch diese Vorgehensweise lassen sich längere Strecken überbrücken, doch das Entfernen eines zwischengeschalteten Gerätes erfordert die Verbindungsunterbrechung für alle dahinter hängenden Geräte. Einen Aspekt kann jedoch auch Firewire nicht ändern: Die vorhandene Bandbreite muss stets von allen Geräten geteilt werden.

Bei den vorhandenen 400 MBit/s sollte es jedoch nicht bleiben, und so wurde bereits im Mai 2002 der IEEE-Standard 1394b abgesegnet. Dieser sieht Transferraten von 800 und 1.600 MBit/s vor(S800 und S1600). Wir testen die erste Ausbaustufe.

Firewire: Was bisher geschah

Schon im Jahr 1995 wurde Firewire von der IEEE als Industriestandard IEEE 1394 verabschiedet. Mit bis zu 400 MBit/s war diese Schnittstelle, auch bekannt als i.LINK von Sony oder Lynx von TI, nicht nur dem damals Bekannten weit überlegen, sondern bot auch die Möglichkeit, die Verbindung im laufenden Betrieb herzustellen bzw. zu unterbrechen (Hot Plugging). Die Bandbreiten reichen - je nach Einsatzzweck - von 98,3 und 196,6 bis zu 393,2 MBit/s - alias S100, S200 und S400.

Den eigentlichen Erfolg hatte die Firewire-Schnittstelle jedoch vor allem im Bereich von Digital Video, denn dank festgelegter Latenzzeiten können Daten isochron (in Echtzeit) übertragen werden: Die Dauer zwischen einer Anforderung und der Reaktion ist immer gleich lang, was hinsichtlich der Effizienz jedoch auch ein Nachteil ist. Noch dazu enthält das Protokoll ein paar Befehlserweiterungen, um DV-Endgeräte direkt über einen PC steuern zu können (Start, Stop, und Ähnliches).

Während es noch vor wenigen Jahren mangels vollständiger Implementierung aller zu Firewire gehörenden Subprotokolle immer wieder Kompatibilitätsprobleme zwischen Controllern und Endgeräten gab, sollten zumindest die heutigen Lösungen keine Probleme mehr bereiten.

Bei 1394 handelt es sich um ein Busprotokoll, das bis zu 63 Geräte betreiben kann. Im Gegensatz zu BNC-Netzwerken oder SCSI müssen diese Geräte physisch nicht direkt hintereinandergeschaltet werden, sondern können auch verzweigt angeordnet werden. Noch dazu ist der Abschluß eines Signalkabels durch einen passenden Widerstand nicht notwendig, Geräteadressen werden im Hintergrund dynamisch vergeben. Wie viel Sinn ein solch großer Firewire-Geräteverbund jedoch hat, kann man sich unschwer selbst ausrechnen.

Heimlich, still und leise hat sich Firewire in den vergangenen Jahren auch auf zahlreiche Hauptplatinen etabliert. Gerade die Top-Modelle vieler Hersteller werden wie selbstverständlich mit Firewire-Schnittstellen ausgestattet. Texas Instruments, VIA und andere bieten entsprechende Bausteine inzwischen für kleines Geld an. Und tatsächlich: Trotz der theoretischen Nachteile gegenüber USB 2.0 mit seinen 480 MBit/s entpuppt sich IEEE1394 immer wieder als geringfügig schneller und wartet meist auch noch mit geringerer Prozessorbelastung auf.

Technische Grundlagen zu Firewire

Hinten alt, vorne neu: Firewire-Stecker im Vergleich. Dieses Kabel dient übrigens dazu, ein älteres Endgerät an einem 1394b-Controller zu betreiben.

Das Interface basiert auf einem sechspoligen Stecker, der zwei verdrehte Adrenpaare für die Datenkommunikation und zwei Adern für die Spannungsversorgung verwendet. Hier sind zwischen 8 und 30 V mit bis zu 1,5 A möglich.

Die maximale Kabellänge von Gerät zu Gerät beträgt bei voller Leistung maximal 4,5 m. Dabei dürfen jedoch maximal 17 Geräte direkt hintereinander gehängt werden. Auch geschlossene Kreise darf es nicht geben. In der Praxis sollten jedoch Konfigurationen von 1-3 Geräten die Regel sein.

Einen weiteren Vorteil von Firewire gegenüber USB 2.0 darf man nicht unterschätzen: Im Gegensatz zu USB 2.0 lassen sich Firewire-Geräte in der Regel ohne Schwierigkeiten auch unter Linux oder Mac OS zum laufen bringen.

Firewire in Notebooks: i.LINK

Immer wieder findet sich in Notebooks anstelle des sechspoligen Firewire-Steckers der kleinere, vierpolige i.LINK-Stecker. Dieser bietet die gleiche Performance, erlaubt es jedoch nicht, Endgeräte mit Spannung zu versorgen. Über die Frage, ob dies im mobilen Einsatz überhaupt Sinn macht, lässt sich streiten. Der eine möchte Firewire-Geräte grundsätzlich nutzen können, während der nächste dies tunlichst sein lässt, um den Akku zu schonen.

Firewire als Netzwerklösung

Zur Vernetzung von wenigen Rechnern ist Firewire eine echte Alternative, denn mit 400 MBit/s sind selbst ältere Firewire-Adapter einer hochwertigen 100BaseT-Karte bei simplen Übertragungsaufgaben überlegen.

Viele Anwender wissen gar nicht, dass sich mit Hilfe von Firewire-Schnittstellen ein kleines Netzwerk aufbauen lässt. Bei zwei Rechnern genügt dazu ein Firewire-Port pro System; bei mehr Systemen müssen alle innerhalb der Kette laufenden zumindest über zwei Ports verfügen.

Auch mit USB 2.0 lassen sich kleine Netzwerke aufbauen, allerdings sind dabei spezielle Kabel notwendig. Schwerwiegender ist die Betriebssystem-Frage: Unter Linux und Mac OS läuft auch das Firewire-Netzwerk, mit USB dagegen sieht es düster aus. Als Protokoll sieht Windows lediglich IPv4 over 1394 vor. Das funktioniert reibungslos, erlaubt aber logischerweise nur IP-Datenverkehr.

Die für den Netzwerkbetrieb notwendige IP-Adresse wird wohl kaum über DHCP zu beziehen sein, denn dafür ausgelegte Server kennen wir bislang nicht. Schlimm ist das jedoch nicht, denn in kleinen Netzwerken stellt die manuelle Vergabe einer IP-Adresse kein Problem dar.

Etwas kritischer ist da schon die Sicherheit in einem Firewire-Netzwerk. Während an einem Ethernet nur mit Hilfe von hardwareunterstütztem Port-Mirroring über einen managebaren Switch gelauscht werden kann, durchläuft der Datenverkehr bei Firewire-Netzwerken grundsätzliche jede Station, in Klartext und leicht abhörbar. Wen das nicht stört, der erhält über Firewire eine Netzwerklösung, die für den Heimbereich absolut ausreicht und darüber hinaus auch performanter ist als 100-MBit-Ethernet.

Versuchskaninchen 1: Century Global 1394b V1

Für diesen Test kamen Karten des Herstellers Century Global zum Einsatz. Die 1394b V1 genannten Karten basieren auf dem TSB82AA2 von Texas Instruments, der unter Windows auf Anhieb als OHCI-konformes 1394-Gerät erkannt wird. Welcher Modus dabei jedoch läuft, ist leider nicht so einfach herauszufinden. Treiber oder Utilities liefert der Hersteller nicht mit.

Die Adapter bieten jeweils drei 1394b-Ports, die sich beliebig betreiben lassen: entweder mit drei Endgeräten oder innerhalb eines Firewire-Netzwerkes mit einem zusätzlichen Endgerät.

Century Global hat vorgesorgt und die Karte mit einem 64 Bit breiten PCI-Interface ausgestattet. Mit 800 MBit/s oder umgerechnet 100 MB/s erreicht 1394b nämlich in etwa die Grenze dessen, was der PCI-Bus bei üblichen 32 Bit und 33 MHz zu bewältigen vermag. In der Theorie sind dies bis zu 132 MB/s, die Praxis leidet jedoch unter der Tatsache, dass der Bus von allen angeschlossenen Geräten gleichermaßen genutzt wird. Eine Soundkarte, der USB-Controller (Maus, Tastatur, Webcam, Drucker, Scanner), eine TV- oder Videoschnittkarte - sie alle fressen Bandbreite, so dass das theoretische Maximum nur in Einzelfällen zu erreichen ist.

Versuchskaninchen 2: WiebeTech Fire800

Eine der hauptsächlichen Anwendungen für 1394b dürfte der Betrieb schneller, externer Laufwerke sein. Das Fire800 ist ein passendes Gehäuse für 3,5"-Laufwerke mit UltraATA-Schnbereits mit Firewire-800-Schnittstelle ausgerüstet. Darüber hinaus hat sich der Hersteller jedoch einige Gedanken gemacht, wie der Nutzwert bzw. die Flexibilität dieses externen Festplattengehäuses noch weiter zu steigern sind.

So gehört auch ein konventionelles Firewire-Interface (1394a) sowie ein USB-2.0-Port zur Grundausstattung. Damit dürfte man garantiert an praktisch jedem aktuellen System Anschluß - und Gefallen - finden, denn auch der Qualitätseindruck ist ordentlich.

Testsystem für Firewire 800

Wir verwendeten diesmal zwei Testsysteme, da wir die maximal mögliche Übertragungsleistung von 1394b auch mit einer 100-BaseT-Ethernet-Verbindung gegenüberstellen wollten.

Neben unserem Testsystem für Speichermedien (System 1) zogen wir noch ein weiteren Rechner ähnlicher Leistungsfähigkeit heran. Beide Rechner wurden für den Test jeweils mit einer 3COM 3C905TX oder einer 1394b V1 von Century Global ausgestattet.

Fazit: 1394b hoffentlich bald On-Board

Firewire 800 alias IEEE 1394b hält tatsächlich, was es verspricht: Mit bis zu 54 MB/s im Betrieb mit einer schnellen Festplatte übertrifft die beschleunigte Schnittstelle die bislang gewohnten Bandbreiten locker. Auch im Betrieb als Netzwerkadapter kann 1394b überzeugen, denn etwa 400 MBit/s brutto bzw. nutzbare 30 MB/s beim Kopieren großer Datenmengen sind schon ein ganzes Stück mehr als von 100-MBit-Ethernet gewohnt (siehe Benchmarks).

Fundament der überzeugenden Ergebnisse ist jedoch die Abwärtskompatibilität zu langsameren 1394-Modi. Jeder 1394b-Adapter ist in der Lage, auch alle langsameren Firewire-Geräte zu bedienen - ein entsprechendes Adapterkabel vorausgesetzt.

In der Theorie sollten jedoch bis zu 800 MBit/s brutto möglich sein. Dass nicht mehr als die gemessenen Datenraten über die beiden Adernpaare fließen, liegt derzeit zum einen am Fehlen von schnelleren Anwendungen: ATA-Festplatten liegen bei maximal 60 MB/s. Es bedarf schon einer RAID-Konfiguration, um 1394b an seine Grenzen zu bringen.

Beim Einsatz als Netzwerkschnittstelle leidet Firewire unter der Tatsache, dass es vielen Anwendungen gerecht werden muss und nicht ausschließlich Netzwerkverkehr. Darüber hinaus genießt die Windows Netzwerkimplementierung nicht gerade den besten Ruf - Unix/Linux bietet meist höhere Nettotransferraten.

Die Nachteile von Firewire als Netzwerklösung liegen außerdem in der nur auf das IP-Protokoll eingeschränkten Nutzbarkeit sowie der Abhörbarkeit transferierter Informationen an allen angeschlossenen Stationen. Ausgehend von nicht sicherheitsrelevanten Anwendungen macht die Koppelung zweier Rechner via Firewire durchaus Sinn, denn die Übertragungsraten übertreffen konventionelle Ethernet-Systeme deutlich. Für kurzfristige Datenkopien oderBackups eine überlegenswerte Alternative.

Bleibt zu hoffen, dass 1394b-Controller bald auch bei Motherboard-Herstellern Gefallen finden, denn das schnelle Interface bietet Mehrwert, ohne den Preis einer Hauptplatine spürbar in die Höhe zu treiben.

Letzten Endes stellen Firewire-Geräte wiederum eine sinnvolle Anwendung für PCI Express dar, denn mit 250 MB/s pro Kanal könnte selbst ein zukünftiger Firewire-Adapter nach S1600-Standard und 1.600 MBit/s (200 MB/s) ohne Flaschenhals angebunden werden.

Den kompletten Test, einschließlich aller Benchmarkergebnisse und Tabellen der Testsysteme finden Sie unter www.tomshardware.de.

Über Tom's Hardware Guide

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