Weiterbildung, E-Learning und Zertifizierung

Unternehmen kämpfen gegen den Fachkräftemangel

19.02.2016
Von Stefan Gnannt
Die digitale Transformation in den Firmen schafft am Arbeitsmarkt einen enormen Bedarf an IT-Jobs, allen voran Softwareentwickler und Informatiker. Große Nachfrage, geringes Angebot also: Stellt sich die Frage, wie qualifiziert die IT-Fachkräfte am Markt überhaupt sind. Jedenfalls setzen immer mehr Betriebe auf Training und Qualifizierung ihrer Mitarbeiter.
 
  • Sechs von zehn Unternehmen leiden unter Fachkräftemangel.
  • Die IT-Kompetenz reicht für die digitale Transformation oft nicht aus.
  • Arbeitgeber fordern Mitarbeiter auf, ihre IT-Kenntnisse zertifizieren zu lassen.

Eine Studie "IT-Trends 2016" des Dienstleisters für Management- und IT-Beratung Capgemini blickt zwar zuversichtlich ins laufende Jahr, nennt aber wie Trend-Erhebungen anderer Marktbeobachter auch zwei große, zusammenhängende Probleme in den Unternehmen:

• Erstens dauert den Fachabteilungen die Umsetzung von IT-Projekten oft zu lange, weil die eigenen IT-Abteilungen nicht zeitnah liefern können.

• Zweitens erfordert die digitale Transformation hoch qualifizierte IT-Mitarbeiter, die aber weiterhin sehr gesucht sind.

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, Antworten auf folgende Fragen zu suchen: Wie gut sind IT-Fachkräfte in Deutschland? Gibt es überhaupt einen Fachkräftemangel hierzulande? Wie ist die Arbeitsmarktsituation? Und welche Qualifikationen und Weiterbildungen sind wichtig?

Wegen des Mangels an IT-Experten auf dem Arbeitsmarkt investieren Unternehmen zunehmend in die Weiterbildung ihrer IT-Mitarbeiter.
Wegen des Mangels an IT-Experten auf dem Arbeitsmarkt investieren Unternehmen zunehmend in die Weiterbildung ihrer IT-Mitarbeiter.
Foto: Kirill Wright - shutterstock.com

IT-Fachkräfte sind hoch qualifiziert

Die Frage nach der Güte der Qualifikation deutscher IT-Fachkräfte lässt sich mit einem entschiedenen "Ja, aber" beantworten. Eine Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass Mitarbeiter in der IT-Branche im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen relativ hoch qualifiziert sind. Demnach hatten im Jahr 2012 fast ein Viertel (24,2 Prozent) aller IT-Fachkräfte einen Hochschulabschluss, 59,1 Prozent weisen eine abgeschlossene Ausbildung auf. In den sogenannten IT-Kernberufen, zu denen Softwareentwickler und Informatiker gehören, liegt der Akademikeranteil sogar bei 56,5 Prozent, jene mit einer abgeschlossenen Ausbildung bilden mit 34,5 Prozent die Minderheit. Die Zahlen basieren auf einer repräsentativen Befragung von Erwerbstätigen.

Was die IT-Kernberufe und den angesichts der Umstellung der Produktionsprozesse auf Industrie 4.0 steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften betrifft, sehen die Experten des BIBB die Lage in der Bundesrepublik im Großen und Ganzen positiv. Ihrer Ansicht nach gibt es ausreichend Arbeitskräfte. Allerdings bringe gerade das Berufsfeld der Kernberufe nicht genügend Fachleute hervor, sondern der Arbeitsmarkt profitiere von einem starken Zustrom an Erwerbstätigen aus artverwandten Berufen.

Indes gilt gerade in den Wachstumsbereichen der IT-Branche, also Cloud Computing, Datensicherheit sowie bei Industrie 4.0: Gut ist nicht gut genug. Chance und Herausforderung sind hier die zwei Seiten der Medaille. Die Mitarbeiter müssen mit einem durchweg sehr hohen Innovationstempo Schritt halten. Neue Anforderungen verlangen aber auch nach erweiterten und ständig zu aktualisierenden Qualifikationen. Deswegen ist es auch kein Widerspruch, sondern eher eine Konsequenz daraus, dass die deutsche Wirtschaft den Weiterbildungsbedarf bei der digitalen Transformation hoch einschätzt.

Digitales Know-how ist überall erforderlich

Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat in einer groß angelegten Studie im Jahr 2014 Top-Manager weltweit befragt, welche Defizite sie bei der digitalen Transformation sehen und mit welchen Strategien sie diesen entgegenwirken wollen. Was damals galt, gilt auch noch heute: Die große Mehrheit sieht einen Nachholbedarf im Hinblick auf die digitale Kompetenz. Lediglich jeder fünfte der weltweit rund 1500 interviewten Entscheider bescheinigte seinem Unternehmen hier eine herausragende Ausgangslage. Bemerkenswert fanden die Autoren der Studie insbesondere, dass die Befragten die Herausforderungen und Risiken der technischen Entwicklungen zwar erkennen, sich dies in den Unternehmensstrategien jedoch nicht widerspiegelt. Als Beispiel nannten sie den Bereich Big Data: 72 Prozent hielten ihre Company für den Umgang damit für nicht gut vorbereitet, dennoch setzen sich nur 44 Prozent mit dem Thema strategisch auseinander.

Dass sich das ändern muss, ist allgemeiner Konsens. So halten es laut einer repräsentativen Umfrage von Bitkom Research fast 50 Prozent der Unternehmen für nötig, Mitarbeiter in der Datenanalyse zu schulen. Jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) sieht demnach großen Bedarf bei der Fortbildung zur Datensicherheit, 16 Prozent bei allgemeinen PC-Anwenderkenntnissen. Zu ähnlichen Resultaten kommt die "International Tech and Workforce Study" des global tätigen IT-Branchenverbandes CompTIA. Der stellte fest, dass 97 Prozent der befragten deutschen Manager mit der IT-Kompetenz ihrer Mitarbeiter zumindest teilweise unzufrieden sind. Und die steigende Gefahr aus dem Internet nennen 70 Prozent als wesentlichen Aspekt beim Thema IT-Sicherheit. 44 Prozent sehen außerdem "menschliches Fehlverhalten" als immer wichtigeren Faktor bei IT-Sicherheitsvorfällen.

Unternehmen investieren in ihre Mitarbeiter

Deswegen investieren deutsche Unternehmen nicht nur in IT-Produkte und -Lösungen, sondern verstärkt auch in ihre Mitarbeiter. Das betrifft sowohl Neueinstellungen als auch Weiterbildung und Fortbildung. Der CompTIA-Studie zufolge wurden 2015 knapp über 30 Prozent neue Fachkräfte in Bezug auf die aktuelle Mitarbeiterzahl eingestellt, 2014 waren es nur 21 Prozent. Mehr Arbeitskräfte sind also dringend geboten, aber nicht einfach zu finden. Denn qualifizierte Beschäftigte sind gefragt und entsprechend rar. Schon 2014 hat die Agentur für Arbeit 12.500 Stellenzugänge mit hoch qualifizierten Spezialisten registriert, "die über ein Anforderungsprofil verfügen, das üblicherweise durch eine Weiterbildung oder eine dreijährige Hochschulausbildung erworben wird".

Fachkräftemangel nimmt weiter zu

Dem Bitkom zufolge leiden sechs von zehn IT-Unternehmen in Deutschland unter Fachkräftemangel. Im Herbst 2015 berichtete der Branchenverband, dass hierzulande rund 43.000 IT-Spezialisten gesucht werden. Das bedeutet einen Anstieg um rund fünf Prozent verglichen mit 2014. Rund 17.500 der unbesetzten Stellen finden sich in Unternehmen des IT- und Telekommunikationssektors. IT-Experten werden aber auch verstärkt von Betrieben aus allen anderen Branchen gesucht. In diesen sogenannten Anwenderunternehmen gibt es demnach 25.500 offene Stellen.

Softwareentwickler sind Mangelware

Die Auswirkungen der digitalen Transformation werden besonders dadurch sichtbar, dass der Anteil der Softwareentwickler bei den Vakanzen sowohl in den IT- als auch bei den Anwenderunternehmen steigt. Bei Letzteren suchen mehr als ein Viertel nach diesem Know-how (27 Prozent), was einer Verdreifachung innerhalb von zwei Jahren entspricht. Bei dem Bestreben, ihre internen Abläufe auf den neuesten Stand zu bringen, benötigen Unternehmen aus traditionellen Branchen verstärkt entsprechende IT-Kompetenzen. Einzelne Geschäftsprozesse werden digitalisiert, die Geschäftsmodelle der Firmen selbst verändern sich, und letzten Endes kommt die Digitalisierung in der Produktion oder den Produkten selbst an. Hochspezialisiertes IT-Wissen inhouse ist eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Transformation.

Dem Fachkräftemangel begegnen Unternehmen daher auch in besonderem Maße mit der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Dass sie darauf großen Wert legen, zeigen die Zahlen der International Tech and Workforce Study. Demnach absolvierten im Jahr 2014 sage und schreibe 92 Prozent der IT-Mitarbeiter Schulungen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass 56 Prozent der deutschen Manager davon ausgehen, die Bedeutung der IT-Zertifizierungen werde in den nächsten zwei Jahren zunehmen. Für 61 Prozent ist klar, dass sich die Schulungsteilnehmer das in der Weiterbildung erworbene Fachwissen mit einem herstellerneutralen Abschlusstest nachweisen lassen.

Warum IT-Fachleute Zertifizierungen anstreben
Warum IT-Fachleute Zertifizierungen anstreben
Foto: CompTIA

Der Umkehrtrend muss geschafft werden

Die Weiterbildung der hausinternen IT-Profis ist auch ein probates Mittel, um den IT-Kompetenzmangel zu verringern. Von der Erkenntnis bis zur wirksamen Umsetzung ist es allerdings ein weiter Weg. Das legt jedenfalls der Vergleich der Befragungsergebnisse von 2013 und 2015 nahe. In dieser Zeitspanne wurde der IT-Kompetenzmangel nicht kleiner. Auch 2015 sehen immer noch exakt 45 Prozent der Befragten die gleiche Schwäche wie 2013. Es wäre zu begrüßen, wenn sich in der nächsten Erhebung hier endlich ein positiver Trend abzeichnen würde. Denn immerhin sieht fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) in den Mängeln bei den IT-Kompetenzen ein Problem mit negativen Auswirkungen. Die ersten drei davon sind:

• Unproduktivere Mitarbeiter,

• wachsende Gefährdungen für die IT-Sicherheit und keine adäquate Abwehr von Malware, Hacker-Angriffen, Cyber-Spionage und Ähnlichem sowie

• Schlechtere Qualität beim Umgang mit Kunden.

Zertifizierung wird in Deutschland ein Muss

Doch welche Weiterbildungsmaßnahmen bevorzugen die Unternehmen? Die meisten setzen auf

• Zusatzkurse an Hochschulen (37 Prozent),

• Weiterbildungen mit einem Trainer in einer klassischen Klassenzimmeratmosphäre (35 Prozent) sowie

E-Learning beziehungsweise Online-Kurse mit bestätigtem Abschluss (33 Prozent).

Lediglich 20 Prozent der Unternehmen in Deutschland verfügen über keinerlei interne Regelung zum Umgang mit Zertifizierungen. Die große Mehrheit fordert von ihren IT-Mitarbeitern, sich ihre Kenntnisse zertifizieren zu lassen - oder ermutigt sie dazu.

Die im Rahmen der Workforce-Studie befragten Manager aus den Unternehmen erwarten einen hohen Mehrwert beziehungsweise einen Return on Investment durch Weiterbildungen in den Bereichen Cyber Security und Informationssicherheit sowie Netzwerkadministration (je 38 Prozent). Ähnlich wichtig schätzen sie Qualifizierungsmaßnahmen in den Bereichen Cloud Computing sowie Server, Storage und Virtualisierung (je 34 Prozent) ein. Dementsprechend konzentrieren sich die IT-Abteilungen mit ihren Zertifizierungsplänen darauf. Die zwei meistgenannten CompTIA-Zertifizierungen sind Security+ und Network+, die von anderen Anbietern sind Microsoft Certified Systems Engineer (MCSE) und Microsoft Certified Systems Administrator (MCSA).

IT-Zertifizierungen werden wichtiger
IT-Zertifizierungen werden wichtiger
Foto: CompTIA

Angesichts des sich nach jüngsten Zahlen verstärkenden IT-Fachkräftemangels in Deutschland sollten Unternehmen großen Wert auf die Schulung ihrer Mitarbeiter legen. Die digitale Transformation in der gesamten deutschen Wirtschaft macht es dringend erforderlich, interne Kompetenzen für die damit verbundenen Aufgabenfelder auf- und auszubauen. Qualifizierung hier ist nicht nur der Schlüssel zu mehr beruflichem Erfolg für den Einzelnen, sondern auch für das digitale Unternehmen. Ein umfangreiches Qualifizierungsangebot hier erhältlich. (pg)

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