Unterwegs im Internet: Sag mir, wohin du surfen willst!

13.04.2000
Da viele Journalisten ein Rededefizit haben, kam das Programm "Conversa Web 3.0" ComputerPartner gerade recht, um einmal hemmungslos drauflos plappern und gleichzeitig News für die nächste Ausgabe aus dem Internet fischen zu können. Denn mit der Software lässt sich über ein Headset sprachgesteuert im Internet surfen.

Bisher konnten Dauersurfer behaupten, dass sie beim Herumstöbern im Internet zumindest die Finger einer Hand heftig bewegt hätten. Die Software Conversa Web 3.0 (ausgesprochen: con-ver-say) von Conversational Computing Corp macht auch diesem Minimalisten-Sport ein Ende, denn sie ermöglicht das sprachgesteuerte Surfen im Internet.

Der neonfarbene, quietschgrüne Karton fällt mit Sicherheit in jedem auch noch so überladenen Verkaufsregal auf. Die große Sprechblase auf der Verpackung sagt dem Kunden sofort und unmissverständlich, welches Produkt ihn im Innern erwartet: "Sprachgesteuertes Surfen im Web! Mit Mikrofon!". Jeder Händler kann sich also beruhigt zurücklehnen, denn ein intensives Beratungsgespräch mit dem Kunden ist nicht notwendig.

Wach auf, Software!

Besonders viele Einzelteile bringt der Karton nicht zu Tage: eine CD-ROM, ein Headset, ein DIN-A5-Blatt für den Schnellstart, einen Flyer zum Headset und eine Registrierkarte. Die Systemvoraussetzungen sollten auch leicht angegraute PCs ohne Weiteres schaffen: mindestens ein Pentium-I-Prozessor mit 166 MHz, ein Arbeitsspeicher mit 32 MB - 64 MB empfohlen -, 11 MB freier Festplattenplatz und die Betriebssysteme Windows 9x oder NT 4.0 sowie der Internet-Explorer 4.0 oder höher sind nötig.

Die Installation ist in ebenso wenigen Sekunden erledigt wie das Anschließen des Headsets an die Soundkarte. Nach dem Neustart des PCs meldet sich der so genannte "Audio-Setup-Assistent" zu Wort. Er zeichnet dafür verantwortlich, die Soundkarte zu erkennen und den Lautstärkepegel des Mikrofons einzustellen. Allerdings scheiterten die ersten Justierungsversuche, denn der virtuelle Assis-tent hatte keine Lust, ComputerPartner durch die weiteren Schritte der Anwendung zu führen. Nach ein paar Versuchen klappte es aus unerfindlichen Gründen dann doch. Dennoch werden sich User, die sich schon einmal fluchend mit einem der gängigen Spracherkennungssystemen auseinander gesetzt haben, vor allem an einem erfreuen: Die Anwendung reagiert unabhängig vom Sprecher und benötigt somit kein langwieriges Sprachtraining.

Surf, Baby, surf

Zur Abwechslung drängt sich dem User nicht der Internet-Explorer auf, sondern die Conversa-Software Sie benützt den Browser von Microsoft als Vehikel und stülpt ihm eine eigene Oberflächenmaske über. Das Conversa-GUI ist einfach strukturiert und damit übersichtlich. Dem steht das digitale Handbuch in nichts nach, auch wenn es Layout-technisch recht einfallslos wirkt. Ein herkömmliches Handbuch fehlt allerdings.

Die Software stellt sich bei den ersten sprachgesteuerten Befehlen etwas widerspenstig an. Dies ist aber nicht weiter schlimm - außer man gehört zur Spezies der ungeduldigen User. In der Regel genügt es, entweder einmal richtig ins Mikrofon zu schreien oder ein weiteres Mal den Lautstärkepegel einzustellen. Danach steht dem sprachgesteuerten Surfen nichts mehr im Weg.

Zumindest am Anfang dürfte der Menü-Button "Was kann ich sagen?" für die meisten Anwender die wichtigste Funktion sein. Wird er aktiviert, geht ein weiteres Fenster auf, das jene Befehle anzeigt, die bei der aktuell geöffneten Internet-Seite möglich sind. Natürlich ist auch die Taktik "Trial and Error" erlaubt.

Grundsätzlich lassen sich fast alle Links einer Web-Seite durch Befehle über das Headset aktivieren. Dazu bietet die Software zwei Möglichkeiten an. Sollte der Link, der beispielsweise auf ein Bild mit dem Titel "asp>%567op.jpg" verweist, aufgerufen werden, so kann das niemand aussprechen. In diesem Fall ersetzt die Software die Hieroglyphen automatisch durch eine kleine gelbe Sprechblase. So bedeutet beispielsweise "#2", dass der Anwender "Nummer 2" ins Mikrofon sprechen muss, um auf die gewünschte Seite zu kommen.

Hört nicht unbedingt aufs erste Wort

Andere Links belässt die Software so, wie sie sind. Eine Verknüpfung mit dem Namen "Datenbank" bedeutet beispielsweise, dass der Anwender genau diesen Begriff laut aufsagen sollte, um zu der gewünschten Datenbank zu gelangen. Analog dazu verhält es sich mit den Grundfunktionen wie Blättern, Drucken oder der Favoritenverwaltung. Dennoch: So einfach sich das Procedere anhört, so langsam reagiert mitunter die Software, die manchmal erst auf den zweiten, dritten oder vierten Zuruf reagiert. Die Navigation mit der Maus ist derzeit immer noch der schnellere Weg, um sich durchs Internet zu hangeln.

Hinsichtlich der Händler-Unterstützung gibt es nicht viel zu sagen. Die Software wird in Deutschland über Koch Media vertrieben. Das Unternehmen aus Planegg übernimmt den gesamten Support für das Produkt. Um die normalen Telefonkosten kommt der Endkunde aber nicht herum.

Einen Sympathiepunkt erhält Conversa angesichts der Tatsache, dass Endkunden die Software innerhalb von 30 Tagen zurückgeben können und ihr Geld wiederbekommen. Passend zu Web 3.0 bietet Conversa ein Developer-Kit an, mit dem sich zum Beispiel alle Links auf der eigenen Homepage für die Spracheingabe aktivieren lassen.

Das Fazit ist ernüchternd

Bedenkt man, dass das Programm nur 99 Mark kostet, liefert die Software recht ordentliche Ergebnisse. Wer aber glaubt, schnell und einfach sprachgesteuert durch das Internet surfen zu können, irrt gewaltig. Wie bei einem kleinen, ungezogenen Kind muss man oft alles drei- oder viermal sagen. Auf die Dauer nervt dieser Umstand gewaltig. Folglich wird der gestresste User schnell wieder zur Maus greifen. Deshalb das ComputerPartner-Urteil: Note Vier. (mm)

<b>Kurzgefasst</B>

Das Programm "Conversa Web 3.0" ermöglicht über ein Headset das sprachgesteuerte Surfen im Internet. Die Software reagiert unabhängig vom jeweiligen User und benötigt kein Sprachtraining. Jedoch verhält sie sich sehr schwerfällig und verlangt vom Anwender mitunter viel Geduld.

ANBIETER:

Conversational Computing Corp

J Ligthartstr. 1

1817 MR Alkmaar

Niederlande

Tel.: 00 31/72/5 14 35-51

Fax: 00 31/72/5 14 35-46

www.conversa.com

PREIS:

VK: 99 Mark

EK: auf Anfrage

VERTRIEB/DISTRIBUTOREN:

Koch Media

WERTUNG:

Software: 3

Lieferumfang: 3

Handbuch: 5

Ease-of-Use: 4

Händlersupport: 4

CP-TIP: 4

(Bewertung nach Schulnoten)

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