UPDATE: Bertelsmann will mit Sparprogramm durch die Krise

31.08.2009
(NEU: Aussagen aus Telefonkonferenz, Details zu Sonderfaktoren)

(NEU: Aussagen aus Telefonkonferenz, Details zu Sonderfaktoren)

Von Matthias Karpstein

DOW JONES NEWSWIRES

GÜTERSLOH (Dow Jones)--Die Bertelsmann AG hat sich im ersten Halbjahr 2009 auf ein weiterhin schwieriges Marktumfeld vorbereitet und ein Sparprogramm über mehr als 900 Mio EUR für das laufende Jahr aufgelegt. "Das ist das größte Maßnahmenpaket der Konzerngeschichte", sagte Vorstandsvorsitzender Hartmut Ostrowski am Montag während einer Telefonkonferenz. Bertelsmann nannte damit erstmals ein konkretes Einsparziel für 2009.

Das Unternehmen habe "im ersten Halbjahr allen erkennbaren Risiken für das Geschäftsjahr 2009 bilanziell Rechnung getragen" und dadurch die Ausgangslage für die kommenden Monate verbessert, wird Ostrowski zudem im Halbjahresbericht zitiert. Der Großteil der Einsparungen entfalle dabei auf die zweite Jahreshälfte, erläuterte Finanzvorstand Thomas Rabe in der Telefonkonferenz. Entsprechend würden auch die Kosten für Restrukturierung und Abfindungen im zweiten Halbjahr steigen. Für das erste Halbjahr gab Bertelsmann diese mit 66 Mio EUR an.

Im Zuge des Sparprogramms investiert der Konzern deutlich weniger, auch in das Programm der RTL-Gruppe. Beim Verlag Gruner + Jahr wurden zudem mehrere Redaktionen in einer übergreifenden Redaktion für Wirtschaftstitel gebündelt. Insgesamt 3.702 Stellen wurden im ersten Halbjahr weltweit im Konzern gestrichen, davon knapp 2.500 beim Dienstleister Arvato und rund 500 Stellen bei Gruner + Jahr.

Auch das zweite Halbjahr werde noch von Einschnitten begleitet sein, hieß es von Ostrowski. Er rechnet aber nicht damit, dass der Stellenabbau von Juli bis Dezember mit gleichem Tempo voranschreiten wird. "Dass wir zum Jahresende weniger als 100.000 Mitarbeiter haben, möchte ich ausschließen", sagte der Vorstandsvorsitzende. Vom Jahresende 2008 bis zum 30. Juni 2009 sank die Zahl der Mitarbeiter auf 103.452 von 107.154.

Ostrowski erwartet, vom vollen Ergebniseffekt des Sparprogramms im zweiten Halbjahr profitieren zu können. Das operative Ergebnis werde dann besser als in den ersten sechs Monaten sein, sagte er. Einen Verlust nach Zinsen und Steuern schloss der Vorstandsvorsitzende für das Gesamtjahr nicht aus, dieser würde aber geringer ausfallen als im ersten Halbjahr.

Im ersten Halbjahr haben die Gütersloher trotz starker Rückgänge im Werbemarkt zwar operativ weiter schwarze Zahlen geschrieben, sind aufgrund von Sonderfaktoren unter dem Strich aber deutlich ins Minus gerutscht. So fiel in den ersten sechs Monaten 2009 ein Nettoverlust von 368 Mio EUR an nach einem Nettogewinn von 284 Mio EUR im Vorjahr, wie der Medienkonzern am Montag mitteilte. Das Operating EBIT erreichte 475 Mio EUR nach 685 Mio EUR in den ersten sechs Monaten 2008.

Die negativen Sondereinflüsse beliefen sich auf 474 Mio EUR nach 44 Mio EUR im Vorjahreszeitraum, wie es von Bertelsmann weiter hieß. Dabei entfielen 236 Mio EUR auf Restrukturierungskosten und sonstige Kosten, für Abschreibungen wurden weitere 253 Mio EUR fällig, wie ein Sprecher auf Anfrage erläuterte. Zudem wurden 15 Mio EUR als Kapitalgewinn unter den Sondereinflüssen verbucht.

Abschreibungen fielen unter anderem bei der RTL Group an, die den größten Anteil am Umsatz des Gütersloher Konzerns hat. Bertelsmann hält rund 90% an RTL. 140 Mio EUR musste der Konzern im ersten Halbjahr auf die britische Sendergruppe Five abschreiben, der Buchwert des Geschäfts- und Firmenwerts ging dadurch auf null zurück. "Diese außerplanmäßige Abschreibung trägt sowohl der anhaltenden Verschlechterung des Werbemarkts als auch dem sinkenden Marktanteil des Unternehmens Rechnung", heißt es im Halbjahresbericht.

Weitere 70 Mio EUR wurden auf den Geschäfts- und Firmenwert des griechischen Rundfunk- und Fernsehanbieters Alpha Media Group abgeschrieben. Dadurch reduziere sich der Buchwert des vorläufigen Geschäfts- oder Firmenwerts auf 61 Mio EUR.

Beim Tiefdruck-Gemeinschaftsunternehmen Prinovis Deutschland belasteten Wertberichtigungen auf das Anlagevermögen und Kosten für Restrukturierung und Abfindungen das Ergebnis mit 111 Mio EUR. Als wesentliche Ursache führte Bertelsmann einen signifikanten Umsatzrückgang im Tiefdruckmarkt an. Mit einer Erholung des Druckgeschäfts werde erst ab 2011 gerechnet. Ein in diesem Jahr eingeleitetes Programm zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch Neupositionierung, Restrukturierung und Kostensenkung werde seine Wirkung mittelfristig entfalten können, erwartet der Konzern.

Auch in Spanien wurden Abschreibungen fällig: Beim Verlag Gruner + Jahr ergab sich ein Bedarf von 21 Mio EUR, zudem musste eine spanische Immobilie der Motorpresse Stuttgart um 13 Mio EUR abgewertet werden. Zudem wurden weitere Wertminderungen auf immaterielle Vermögenswerte, Sachanlagen und sonstige Vermögenswerte von 171 Mio EUR erfasst, die Bertelsmann im Bericht nicht näher erläuterte.

Webseite: www.bertelsmann.de -Von Matthias Karpstein, Dow Jones Newswires, +49 69 29725-211, matthias.karpstein@dowjones.com DJG/mak/brb Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de

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