UPDATE: Drägerwerk rechnet mit Gewinneinbruch und setzt Rotstift an

15.06.2009
(NEU: Details, Hintergrund)

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Von Nico Schmidt Dow Jones Newswires

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Medizintechnikkonzern Drägerwerk rechnet aufgrund der Wirtschaftskrise im laufenden Geschäftsjahr mit einem deutlichen Gewinnrückgang. Für 2009 erwartet der Vorstand nach Angaben vom Montagabend, dass das operative Ergebnis (EBIT) deutlich unter dem Vorjahrsniveau von rund 106 Mio EUR und unter dem Konsens der Analystenerwartungen von 97,5 Mio EUR liegen wird. Ursächlich sind nach Unternehmensangaben ein erwarteter Rückgang des Umsatzes von rund 5% sowie eine Verschiebung des Produktmix hin zu ertragsschwächeren Produkten. Gegensteuern will der Lübecker TecDAX-Konzern nun mit einem umfassenden Sparprogramm.

Im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung gab der Vorstand von Drägerwerk am Abend erstmals Einzelheiten über das im Mai angekündigte Sparprogramm bekannt. Um die Folgen der Wirtschaftskrise auf Umsatz und Ergebnis abzufedern, hatte das Unternehmen bereits seinerzeit angekündigt, ein umfassendes Programm zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung erarbeiten zu wollen und dieses im Juni vorzustellen.

Mit Hilfe von 400 Einzelmaßnahmen in allen Unternehmensbereichen" will der Vorstand ab dem Jahr 2011 gegenüber 2008 einen positiven Effekt von 100 Mio EUR generieren. Der überwiegende Teil der Maßnahmen soll sich dabei bereits 2010 auswirken und der unbefriedigenden Ergebnis- und Cashflow-Situation nachhaltig begegnen".

Um die Ziele des Turnaround-Programms zu erreichen, muss sich laut Angaben des Unternehmens die Kostenstruktur weltweit erheblich verbessern". Vor diesem Hintergrund ist auch Personalabbau zu erwarten. "Das ist eine sehr schmerzliche Entscheidung, die wir uns nicht leicht machen", so Vorstandsvorsitzender Stefan Dräger. Der Vorstand will nun kurzfristig mit den Arbeitnehmervertretern Verhandlungen aufnehmen und Vorschläge machen, "um durch einen Solidarpakt aller Mitarbeiter die Zahl der notwendigen Entlassungen so gering wie möglich zu halten". Per Ende 2008 beschäftigte Drägerwerk knapp 11.000 Mitarbeiter, davon mehr als die Hälfte im Ausland.

Zunächst will sich Drägerwerk bei den Sparmaßnahmen jedoch auf diejenigen konzentriert, die nicht zu einer Personalanpassung führen. Insgesamt sollen 60% der Ergebnisverbesserungen durch Einsparungen bei Sachkosten erreicht werden, 30% durch Personalmaßnahmen und 10% durch Maßnahmen zur Erlösoptimierung. Die Umsetzung der Maßnahmen soll im Juli beginnen.

Der Vorstandsvorsitzende Dräger sagte: "Alles zusammen genommen würde bereits ein moderater Umsatzrückgang ohne Gegenmaßnahmen in 2009 zu einer dramatischen Ergebnisverschlechterung führen. Deshalb werden wir unser Turnaround-Programm sehr entschlossen umsetzen. Damit wird es möglich sein, auch in einem noch schwierigeren Umfeld ein positives Ergebnis zu erzielen". Das Gesamtpaket werde Dräger wettbewerbsfähiger machen und so langfristig Arbeitsplätze sichern.

"Vor allem im Einkauf werden wesentliche Einspareffekte bereits 2009 wirksam, die Verhandlungen mit den Lieferanten machen große Fortschritte", so Dräger. Die Produktion werde im Rahmen des Optimierungsprogramms PRIME (Production Improvement for Excellence) ihre Effizienz verbessern, Kosten senken, Durchlaufzeiten und Flächenbedarf verringern sowie die Qualität steigern.

Schon im Juni werde außerdem der US-Standort Danvers geschlossen und die Monitoring-Aktivitäten von dort auf den Standort Andover übertragen. In der Logistik strebt das Unternehmen durch veränderte Prozesse und günstigere Lieferantenkonditionen deutliche Einsparungen an. Die Verwaltungskosten sollen durch die Nutzung von Shared Services, beispielsweise für Marktkommunikation und Informationstechnologien, sinken. Generell werden zudem die Reise- und Fuhrparkkosten gesenkt und Mieten nach- oder neu verhandelt.

Trotz des Sparkurses will Drägerwerk die Investitionen in Forschung und Entwicklung auf dem Niveau des Vorjahres halten, in der Medizintechnik sollen 13 neue Produkte eingeführt werden und in der Sicherheitstechnik 16. In der Forschung und Entwicklung geht es uns nicht darum, das Budget zu reduzieren, sondern wettbewerbsrelevante Neuentwicklungen zügiger auf den Markt zu bringen, weil hier unsere Zukunftsperspektiven liegen", so Dräger weiter.

Bereits im Auftaktquartal 2009 erlitt der Medizintechnikkonzern nach Angaben vom Vormonat bei wachsendem Umsatz einen herben Gewinneinbruch: Während die Einnahmen um 4,8% auf 425,2 Mio EUR zulegten, schrumpfte das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) um fast zwei Drittel auf 6,5 Mio EUR. Nach Anteilen Dritter rutschte das Unternehmen sogar in die roten Zahlen und verzeichnete einen Verlust von 600.000 EUR nach einem Gewinn von 500.000 EUR im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Den angepeilten Umsatzrückgang von 5% hatte das Management angesichts des schwierigen Marktumfelds bereits seinerzeit als ambitioniert bezeichnet und vor diesem Hintergrund auf eine konkrete Ergebnisprognose verzichtet. Selbst bei einem Umsatzrückgang auf Gesamtjahressicht von 15% wollen die Lübecker nach Angaben vom Mai aber die operative Gewinnschwelle erreichen.

Ein höherer Anteil öffentlicher Aufträge und ein entsprechend niedriger Anteil industrieller Aufträge belastet nach Unternehmensangaben vom Abend im Bereich Sicherheitstechnik das Ergebnis. Im Segment Medizintechnik lastet neben Währungseffekten eine Verschiebung zu ertragsschwächeren Portfoliokomponenten auf der Gewinnentwicklung. In beiden Unternehmensbereichen habe sich zudem eine starke Verschiebung hin zu Wachstumsmärkten ergeben, in denen nur geringere Margen erzielt werden könnten.

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