UPDATE: Kleinfeld kündigt Rückzug aus Siemens-Vorstand an

25.04.2007

(NEU: Aktienkurs, Hintergründe, Wahl von Cromme zum AR-Vorsitzenden,

Einschätzung von Aktienärsvertretern, Händlern und Analysten)

Von Alexander Becker

Dow Jones Newswires

MÜNCHEN (Dow Jones)--Der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, Klaus Kleinfeld, hat nach tagelangen Spekulationen um seine Zukunft die Konsequenzen gezogen und seinen Rückzug von der Konzern-Spitze angekündigt. Wie der Münchener DAX-Konzern am Mittwoch mitteilte, steht Kleinfeld für eine Vertragsverlängerung nicht zur Verfügung. Ein Nachfolger wurde vom Unternehmen noch nicht benannt. Die Siemens-Aktie reagiert mit einem Kursrutsch auf die Nachricht.

Kurz nach der Veröffentlichung drehte die Aktie ins Minus, nachdem sie vor der Mitteilung noch 2% im Plus gelegen hatte. Die Aktie schloss schließlich mit 0,9% im Minus bei 88,36 EUR. Das Papier könnte nach Ansicht von Marktteilnehmern nun zunächst unter der Unsicherheit über die Führung des Unternehmens leiden, sollte nicht schnell ein überzeugender Nachfolger benannt werden.

Ein Händler sagte, dass die am Vorabend vorgelegten Zahlen gut waren und damit bestätigt wurde, dass Kleinfeld einen guten Job gemacht hat. Ein neuer Mann bringe mehr Unsicherheit. Die positive Entwicklung der vergangenen Monate sei nun nicht weiter gewährleistet.

Bereits im Vorfeld der Entscheidung hatten sich Analysten skeptisch über ein mögliches Ende der Ära Kleinfeld geäußert, nachdem Medien über eine mögliche Ablösung von Kleinfeld an der Spitze Unternehmens berichtet hatten. Eine Entlassung von Kleinfeld wäre ein "gravierender strategischer Fehler des Aufsichtsrats", da der Kapitalmarkt von den Qualitäten des Vorstands überzeugt sei, hatte Morgan-Stanley-Analyst Ben Uglow am Morgen in einer Analyse geschrieben.

Kleinfeld wird seinen bis Ende September 2007 laufenden Vertrag offenbar noch erfüllen, bis ein Nachfolger gefunden ist. "Der Aufsichtsrat ist Kleinfeld dankbar, dass er bis zum 30. September 2007 weiter zur Verfügung steht," wird der neue Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme in der Meldung zitiert. Der Aufsichtsrat wählte Cromme einstimmig und mit sofortiger Wirkung zum neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrats.

Cromme tritt damit die Nachfolge von Heinrich von Pierer an, der in der vergangenen Woche zurückgetreten war. Cromme ist für den Rest der laufenden Amtsperiode bis zur Hauptversammlung am 24. Januar 2008 Vorsitzender des Gremiums und damit auch vor allem für die Suche nach einem Nachfolger für Kleinfeld verantwortlich. Siemens wollte sich auch auf Nachfrage nicht über einen möglichen Nachfolger und den Ablauf einer Übergabe des Vorstandsvorsitzes äußern.

Aktionärsvertreter bedauerten den Rückzug Kleinfelds. "Die Börse hätte Herrn Kleinfeld gerne behalten", sagte Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), dem "Tagesspiegel". "Seine erfolgreiche Arbeit schlägt sich im Ertrag und den guten Zahlen von Siemens nieder."

Zwar treffe der Führungswechsel den Siemens-Konzern in einer stabilen betriebswirtschaftlichen und konjunkturellen Lage. Die Ablösung von Heinrich von Pierer als Aufsichtsratschef und Kleinfeld als Vorstandschef binnen weniger Tage "werde im Konzern aber Spuren hinterlassen". Im Top-Management seien Kleinfelds Verbündete nun isoliert. "Grabenkämpfe sind vorprogrammiert", sagte Hocker.

Kleinfeld begründete seinen Entschluss "mit den laufenden Diskussionen darüber, die Vertragsverlängerung erneut zu verschieben". "In diesen Zeiten braucht das Unternehmen Klarheit über seine Führung. Daher habe ich mich entschlossen, für die Verlängerung meines Vertrags nicht mehr zur Verfügung zu stehen", wird Kleinfeld zitiert.

Cromme verwies in der Mitteilung auf den "konsequenten Einsatz Kleinfelds bei der seit kurzem erfolgenden Aufarbeitung der aktuellen Korruptionsvorfälle". Cromme betonte den Angaben zufolge zudem, dass die bisherigen unabhängigen Untersuchungen der Kanzlei Debevoise & Plimpton "keinerlei Anhaltspunkte für ein persönliches Fehlverhalten oder eine Mitwisserschaft Kleinfelds im Zusammenhang mit den Affären ergeben haben".

Die Vertragsverlängerung Kleinfelds stand auf der Agenda der heutigen Aufsichtsratssitzung des Unternehmens. Das hatte das Unternehmen am Vortag bestätigt, nachdem in Medien über eine mögliche Ablösung von Kleinfeld als CEO berichtet wurde. Mehrere Siemens-Aufsichtsräte sollen demnach mit der Suche nach einem Nachfolger für Kleinfeld begonnen haben. Sie seien der Meinung, dass ein Wechsel an der Konzernspitze "der richtige Weg für einen Neuanfang bei Siemens" sei.

Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzender Josef Ackermann, der im Präsidium des Siemens-Aufsichtsrats sitzt, treibe die Ablösung voran und spreche "mit einer Reihe von externen Kandidaten". Hier wurden in den Berichten unter anderem der derzeitige Linde-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Reitzle und der ehemalige VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard genannt. Der neue Aufsichsrat Cromme war den Berichten zufolge in das Vorhaben Ackermanns eingeweiht und solle die Nachfolgefrage nach seiner Wahl weiter verfolgen.

Webseite: http://www.siemens.de

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