UPDATE: Siemens forciert Portfolioumbau mit VDO-Verkauf

25.07.2007
(NEU: Aussagen Siemens-Vorstand, Details, Hintergrund, Analysteneinschätzungen, Aktienkursentwicklung)

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Von Alexander Becker

Dow Jones Newswires

MÜNCHEN (Dow Jones)--Das Management der Siemens AG forciert mit dem Verkauf der Automotive-Tochter Siemens VDO an die Continental AG den bereits angekündigten Umbau des Konzernportfolios. So gab Siemens zugleich die Übernahme des US-Medizintechnikunternehmens Dade Behran für rund 5 Mrd EUR bekannt. Der neue Siemens-CEO Peter Löscher kündigte an, den Konzernumbau weiter fortzusetzen. "Wir werden Siemens fokussierter, weniger komplex und schneller machen", bekräftigte Löscher. Das Unternehmen werde auf diesem Weg "voranschreiten".

Die Veräußerung von Siemens VDO unterstütze die Zielsetzungen des neuen Effizienzsteigerungsprogramms Fitfor 2010, so Siemens. Dazu gehört laut Löscher eine gezielte Weiterentwicklung des Portfolios auf den drei Feldern "Energy and Environmental Care", "Automation and Control and Industrial and Public Infrastructures" sowie "Healthcare". Diese drei Bereiche hat Siemens als Wachstumsfelder identifiziert.

"Wir haben bereits in der jüngeren Vergangenheit erheblich in diese Felder investiert. Auch künftig werde Siemens hier voranschreiten", so Löscher. Ein weiterer Schritt ist hier die Übernahme des US-Labordiagnostikunternehmens Dade Behring Inc. Diese passe strategisch "exzellent" in das Siemens-Portfolio. So werde Siemens Medical Solution vor den Wettbewerbern Roche und Abbott der größte Anbieter von In-Vitro-Diagnostik.

Dade Behring ist den Angaben zufolge in 35 Ländern tätig und betreut mehr als 25.000 Kunden weltweit. Im Geschäftsjahr 2006 habe Dade Behring mit rund 6.400 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 1,7 Mrd USD und ein EBIT von 201 Mio USD erwirtschaftet. Eine Übernahmevereinbarung sei unterzeichnet worden.

Siemens bietet den Dade Behring-Aktionären 77 USD pro Aktie in bar. Die geplante Akquisition habe damit ein Transaktionsvolumen von etwa 7 Mrd USD oder rund 5 Mrd EUR. Für Siemens wäre der Dade-Behring-Kauf nach Diagnostic Products Corporation und Bayer Diagnostics die dritte Milliardenübernahme im Medizintechnikbereich in den vergangenen eineinhalb Jahren.

Die Akquisition werde bei Siemens ab dem Geschäftsjahr 2010 zur Verbesserung beim Ergebnis je Aktie beitragen. Auf die EBIT-Marge des Bereichs Medical Solutions werde sich Dade Behring ab 2009 positiv auswirken. Insgesamt beziffert Siemens die Synergien auf einen Netto-Kapitalwert von 1,8 Mrd EUR nach Einmalkosten.

Zu weiteren Portfoliomaßnahmen wollten sich die Siemens-Vorstände nicht äußern. Er wolle sich jetzt nicht an Spekulationen beteiligen, sagte CEO Löscher auf die Frage ob nach dem VDO-Verkauf nun vielleicht die zuletzt margenschwache Sparte Transportation Systems vor einem Verkauf stehe. Generell werde Siemens aber das gesamte Portfolio anhand der Frage durchleuchten, ob Siemens jeweils der beste Eigentümer für das Geschäft sei.

Bei VDO sei diese Frage zu verneinen gewesen, und daher die Entscheidung für einen Verkauf gefallen. Den größten Teil der 11,4 Mrd EUR, die Siemens abzüglich eines Schuldenübertrags von 400 Mio EUR für VDO von Continental erhält, fließt gleich in die 5-Mrd-EUR-Übernahme von Dade Behrings. Weitere fließen 2,7 Mrd EUR in die Finanzierung des im Frühjahr getätigten Zukaufs für die Medizintechniksparte UGS. Auch die Investoren sollen am VDO-Verkauf partizipieren. So investiert Siemens 2,4 Mrd EUR aus dem Verkauf in den Rückkauf einer Wandelanleihe.

Mit dem Rückkauf werde die Zahl der Aktien um ein Equivalent von 25 Mio Aktien reduziert. Dieses bringe den Investoren einen ähnlichen Nutzen, wie es ein Aktienrückkauf bringen würde, sagte Finanzvorstand Joe Kaeser auf entsprechende Fragen von Analysten während einer Telefonkonferenz nach einem Aktienrückkaufprogramm oder einer Sonderdividende.

Zeitgleich mit den umfassenden Portfolioänderungen hatte Siemens auch die ursprünglich für morgen geplanten Drittquartalszahlen veröffentlicht. Diese wurden bei Anlegern und Analysten als Enttäuschung aufgefasst. Analysten bewerteten zudem die Übernahme von Dade Behring als teuer. "Die Zahlen sind nicht gut, die Übernahme von Dade Behring erscheint teuer", so Jochen Klusmann von der BHF Bank.

Dade-Behring passe zwar gut in den Medizintechnikbereich, werde aber auf den ersten Blick teuer bezahlt. Zum Verkauf von VDO sagte der Analyst, ein Verkauf zu diesem Preis an Continental sei keine Überraschung mehr.

Die Siemens AG verfehlte die im dritten Quartal 2006/07 die Erwartungen der Analysten auf breiter Front. So kletterte der Auftragseingang um 13% auf 22,147 Mrd EUR und der Umsatz um 8% auf 20,176 Mrd EUR. Das Ergebnis der Bereiche legte dabei um 22% auf 1,504 Mrd EUR zu, das Nettoergebnis auf 2,065 Mrd von 1,344 Mrd EUR.

Analysten hatten mehr erwartet: beim Auftragseingang 22,65 Mrd EUR, beim Umsatz 20,804 Mrd EUR und beim Ergebnis der Bereiche 1,889 Mrd EUR. Beim Ergebnis der Bereiche, dem operativen Geschäft, ergab sich der 22-prozentige Zuwachs trotz eines negativen Beteiligungsergebnisses von 371 Mio EUR von Nokia Siemens Networks (NSN), teilte Siemens weiter mit. Die Siemens-Aktie beendete den Handelstag mit einem deutlichen Abschlag von rund 6% bei 99,70 EUR.

Webseite: http://www.siemens.de

- Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 - 5521 4030

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