UPDATE: Telekom ändert zu Beginn des Mammutprozesses Strategie

07.04.2008
(NEU: Details, Hintergrund) Von Katharina Becker DOW JONES NEWSWIRES

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FRANKFURT (Dow Jones)--Zu Beginn des Mammutprozesses tausender enttäuschter Kleinaktionäre gegen die Deutsche Telekom AG hat sich der Konzern für eine neue Verteidigunsstrategie entschieden. Hatte der DAX-Konzern beim Börsengang noch die Telekom-"Volksaktie" von Fernsehstars wie Manfred Krug bewerben lassen, ist nun von einer Investition im Bereich des "Neuen Marktes" die Rede, wie aus einem beim Oberlandesgericht Frankfurt eingereichten Schriftsatz hervorgeht.

Bislang hatte die Telekom die Vorwürfe der Kläger, der Konzern habe in seinem Prospekt zum zweiten und dritten Börsengang 1999 und 2000 die Immobilien zu hoch bewertet und Risiken wie den milliardenteuren Kauf des US-Mobilfunkanbieters VoiceStream verschwiegen, stets als haltlos zurückgewiesen.

Die Tübinger Rechtsanwaltskanzlei Tilp, die in dem Verfahren den Musterkläger vertritt, kritisierte das Vorgehen der Telekom als Versuch, die damaligen Kleinaktionäre als Spekulanten hinzustellen. Die Klägeranwälte legten dem Gericht ein Dossier mit Aussagen ehemaliger Telekom-Manager über die "Volksaktie" sowie eine Übersicht mit Anzeigen und Werbespots des Konzerns vor.

Mehr als 16.000 Kleinanleger fordern nach dem massiven Kursverfalll der T-Aktie Schadenersatz von der Telekom, insgesamt rund 80 Mio EUR. Sie hatten beim zweiten Börsengang 39,50 EUR pro T-Aktie bezahlt. Ein Jahr später waren es beim dritten Börsengang schon 66,50 EUR. Heute ist das Papier nur noch ein sechstel davon wert.

Um den seit 2004 laufenden Mammutprozess überhaupt bewältigen können, hat die Bundesregierung das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) erlassen. Damit können - ähnlich wie die Sammelklagen in den USA - zentrale Vorwürfe exemplarisch vor der nächsthöheren Instanz geklärt werden. In dem laufenden Musterverfahren geht es zunächst um den Prospekt zum dritten Börsengang (AZ: 23 Kap 1/06). Das Musterverfahren zur zweiten Tranche ist noch nicht terminiert (AZ: 23 Kap 2/06).

Aktionärsschützer beurteilen die Erfolgsaussichten des Telekom-Prozesses jedoch skeptisch. Der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Lars Labryga, sagte im "ZDF-Morgenmagazin", die Aussichten seien schlechter als in den USA, wo der Konzern einem Vergleich über 120 Mio USD zugestimmt hatte.

An der Frankfurter Börse spielte das gerichtliche Tauziehen keine Rolle. Die Papiere der Telekom legten bis zum Mittag um ein halbes Prozent auf 11,24 EUR zu. Da das finanzielle Risiko überschaubar sei und sich der Prozess lange hinziehen dürfte, werde er sich kaum auf den Kurs auswirken, sagte ein Händler.

Webseiten: http://www.telekom.de http://www.tilp.de -Von Katharina Becker, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 112, katharina.becker@dowjones.com DJG/kat/rio

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