UPDATE: Unsicherheit um Konzernführung belastet Siemens-Kurs

24.04.2007

(NEU: Aktienkurs, Analysteneinschätzung, Unternehmenskommentar,

Details, Hintergründe)

Von Alexander Becker

Dow Jones Newswires

MÜNCHEN (Dow Jones)--Nach dem Rücktritt von Heinrich von Pierer gerät auch der Siemens-Vorstandsvorsitzende Klaus Kleinfeld einem Zeitungsbericht zufolge unter Druck. Mehrere Mitglieder des Aufsichstrates hätten bereits mit der Suche nach einem Nachfolger für Kleinfeld begonnen, schreibt die Financial Times Deutschland (FTD) in ihrer Dienstagausgabe.

Siemens kommentierte den Bericht nicht, sondern verwies lediglich auf die für Mittwoch angesetzte AR-Sitzung, auf der wie geplant über eine Vertragsverlängerung von Kleinfeld entschieden werden soll. Diese Stellungnahme wurde am Markt kritisch aufgenommen.

Analysten verwiesen darauf, dass sie keine explizite Unterstützung für Kleinfeld beinhalte und alle Optionen offen lasse. Und "Unsicherheit ist das schlechteste an der derzeitigen Situation", sagte Analyst Theo Kitz von Merck, Finck & Co. Mehrere von Dow Jones befragte Analysten sehen in dieser Unsicherheit auch den Grund für den Kursrückgang, den die Siemens-Aktie im frühen Handel verzeichnete.

Am Mittwochmittag notierte das Papier in einem leichteren Marktumfeld 1,9% im Minus bei 90,15 EUR. Nach einem schwachen Start in den Handel baute die Aktie im weiteren Handelsverlauf am Dienstag ihre Verluste weiter aus und gehörte zu den fünf größten Verlierern im DAX.

Analyst Kitz verwies dabei vor allem auf die Reaktion des Unternehmens auf die Spekulationen. Ein Siemens-Sprecher hatte Dow Jones Newswires gesagt, dass sich am Zeitplan für die Vertragsverlängerung "nichts geändert", hat. Weitere Angaben dazu machte der Sprecher nicht.

"Das hat die Unsicherheit erhöht - und das ist die schlimmste Situation für die Aktie", sagte Analyst Kitz. In Folge der Siemens-Aussagen gab der Aktienkurs deutlich von seinem Tageshöchststand von 91,13 EUR nach.

Kitz verwies darauf, dass der Ausgang der morgigen Beratungen des Kontrollgremiums völlig offen sei. Der Markt werde eine Verlängerung von Kleinfelds Vertrag wohlwollend aufnehmen. Die Benennung eines Nachfolgers könnte aber ebenfalls positive Reaktionen auslösen.

NordLB-Analyst Ansgar Rauch würde ein Wechsel an der an der Siemens-Spitze "nicht verwundern". Schließlich sei Kleinfeld vom Aufsichtsratsvorsitzenden Heinrich von Pierer geholt worden. Dieser hatte am Donnerstag seinen Rücktritt angekündigt. Nun seien andere Personen im Aufsichtsrat in der Verantwortung "und denken möglicherweise über einen Neuanfang und neue Personen in der operativen Siemens-Führung nach".

"Auf jeden Fall müsste im Falle einer Nichtverlängerung des Vertrags schnell eine Nachfolgeregelung getroffen werden. Kein Unternehmen könne es sich erlauben, in dieser Position eine Vakanz stehen zu lassen. Der in den Medien genannte Wolfgang Reitzle wäre als Automobilmanager und seiner bisherigen Arbeit bei Linde durchaus eine gute Alternative, so Analyst Rauch.

Andererseits sei Siemens derzeit im operativen Geschäft "gut unterwegs". Das sei auch ein Verdienst von Kleinfeld. Ob man den Unternehmen mit einem Wechsel an der Vorstandsspitze einen Gefallen tut, ist Rauch zufolge zudem fraglich. Ein neuer Manager hat eigene neue Ideen, die er umsitzen will. "Die daraus resultierende Unsicherheit wird am Kapitalmarkt in der Regel nicht gut aufgenommen", so NordLB-Analyst Rauch.

Die FTD hatte berichtet, dass mehrere Siemens-Aufsichtsräte mit der Suche nach einem Nachfolger für Kleinfeld begonnen haben. Sie seien der Meinung, dass ein Wechsel an der Konzernspitze "der richtige Weg für einen Neuanfang bei Siemens" sei, sagte ein Beteiligter laut Zeitung.

Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzender Josef Ackermann, der im Präsidium des Siemens-Aufsichtsrates sitzt, treibe die Ablösung voran und spreche "mit einer Reihe von externen Kandidaten". Der designierte Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme sei in das Vorhaben eingeweiht und solle die Nachfolgefrage nach seiner Wahl am Mittwoch "weiter verfolgen".

Als bevorzugte Lösung für Kleinfelds Nachfolge gelte für Ackermann nach Angaben mehrerer Beteiligter der Linde-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Reitzle, schreibt die Zeitung weiter. Der Deutsche-Bank-Chef argumentiere, auch nach dem Rückzug von Pierers sei nur mit einer Ablösung Kleinfelds ein sauberer Neuanfang bei Siemens möglich.

Deutsche Bank, ThyssenKrupp und Linde wollten den Bericht nicht kommentieren.

Webseite: http://www.siemens.de

http://www.linde.de

http://www.deutschebank.de

http://www.ftd.de

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