UPDATE2: Kfz-Zulieferer Bosch zwischen Wachstum und Preisdruck

12.06.2007
(NEU: Ausblick 2008, Aussagen zu Hybridtechnik, Low Cost Vehicles und

(NEU: Ausblick 2008, Aussagen zu Hybridtechnik, Low Cost Vehicles und

Verstärkung der Batterietechnik)

Von Matthias Krust

Dow Jones Newswires

BOXBERG (Dow Jones)--Der Automobilzulieferer Robert Bosch rechnet in den kommenden Jahren wegen steigender Umweltschutzauflagen zwar mit einem "wesentlichen Schub" für das weltweite Geschäft, warnt jedoch gleichzeitig vor den hohen Entwicklungskosten. "In zunehmendem Maße tragen die Automobilzulieferer diese Zukunftsausgaben," sagte Bernd Bohr, Leiter der Kfz-Technik, am Dienstag auf einer Veranstaltung des Stuttgarter Unternehmens. Aufgrund des hohen Preisdrucks durch die Automobilhersteller dauere es immer länger, bis sich diese Vorleistungen in Ertrag wandelten.

Für den Manager hat diese einseitige Haltung der Produzenten nicht nur negative Auswirkungen für das eigene Unternehmen. Er befürchtet außerdem, dass die gesamte Branche Schwierigkeiten bekommt, das hohe Innovationstempo beizubehalten. "Dies ist aber angesichts der gemeinsamen Herausforderungen für Hersteller wie Zulieferer unabdingbar", sagte Bohr auf dem Motorpressekolloqium, das Bosch alle zwei Jahre auf dem Testgelände in Boxberg für Journalisten aus aller Welt abhält. Er plädierte deshalb an die Hersteller, sich wieder auf die "über Jahrzehnte bewährte Partnerschaft zu besinnen".

In den reifen Märkten Europa, Nordamerika und Japan sind verbrauchsgünstige und umweltgerechte Antriebe mittlerweile nicht nur ein Wettbewerbsfaktor für die Automobilhersteller, sondern eine Voraussetzung für die gesellschaftliche und politische Akzeptanz der Branche. Allerdings sind damit für die Fahrzeugproduzenten hohe Entwicklungskosten und eine steigende Komplexität verbunden.

Bereits im vergangenen Jahr hatte der nach Umsatz weltgrößte Automobilzulieferer über einen Druck in nie gekannter Höhe geklagt: Insgesamt musste Bosch den Herstellern Preisnachlässe von rund 3,5% gewähren. Zusammen mit dem starken Euro, der auf den Umsatz drückte, und hohen Rohstoffbelastungen sorgte dies für einen Rückgang des operativen Gewinns in der Kfz-Technik-Sparte auf 1,1 (2005: 1,5) Mrd EUR. Der Umsatz war hingegen auf 27,2 (26,3) Mrd EUR gestiegen.

Trotz dieser Belastungen will Bohr auch 2007 wieder rund 10% des Spartenumsatzes für Forschung und Entwicklung ausgeben. "Nahezu die Hälfte unserer Forschungs- und Entwicklungsausgaben sind im vergangenen Jahr Systemen zugute gekommen, die Umwelt und Ressourcen schonen helfen. Das ist - wie zuletzt die CO2-Diskussion gezeigt hat - essentiell für die ganze Branche", so der Manager.

Aufgrund steigender Umweltschutz- und Sicherheitsauflagen rechnet Bosch in den nächsten Jahren mit einer wesentlichen Ausweitung des Geschäftsvolumens. "Voraussichtlich kommen wir in diesem Jahr in der Kraftfahrzeugtechnik währungsbereinigt auf ein Wachstum von gut 4%", schätzt Bohr. Ab 2008 und für die Folgejahre erwartet er "einen deutlicheren Schub" für das eigene Geschäft. Im kommenden Jahr dafür verantwortlich sei in erster Linie China, wo die Euro-3 Abgasnorm in Kraft tritt. Außerdem rechnet Bohr mit steigenden Austattungsraten beim Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP in den USA und Europa.

Vor allem die Schwellenländer Asiens dürften für eine stark steigende Nachfrage sorgen. In den kommenden acht Jahren wächst dort die Automobilproduktion laut Bosch im Schnitt voraussichtlich um rund 6%. Für die entwickelten Märkte prognostiziert das Unternehmen lediglich einen Anstieg von 1%. Bohr will deshalb die Entwicklung und Fertigung in Asien ausweiten. Dabei sollen die in Europa bewährten Systeme an die regionalen Erfordernisse und Kostenvorgaben angepasst werden.

Große Wachstumschancen versprechen so genannte Low Cost Vehicles mit einem Nettopreis von unter 7.000 EUR. "Wir erwarten, dass wir im Jahr 2010 eine Mrd EUR Umsatz mit der Ausrüstung von Low Cost Vehicles realisieren," sagte Bohr. Das würde einem Marktanteil von rund 25% in diesem Segment entsprechen. Der Manager stellte klar, dass Bosch in diesem Geschäft trotz der vergleichsweise geringen Gewinnbeiträge pro Fahrzeug von Anfang profitabel sein wird.

In den entwickelten Märkten besetzt Bosch die gesamte Bandbreite der Antriebspalette. Diese reicht vom weiterentwickelten Selbstzünder, dem abgespeckten Benzinmotor bis zum Hybridantrieb. Gleichzeitig arbeiten die Stuttgarter daran, Motoren zu entwickeln, die für synthetische Kraftstoffe geeignet sind, und langfristig ist die Brennstoffzellentechnik im Blick.

In den USA, wo der Dieselmotor bei Pkw traditionell praktisch keine Rolle spielt, sieht Bosch nach wie vor die Chance, den Selbstzünder salonfähig zu machen. Sollte dies gelingen, könnte der Zulieferer dort nicht nur verstärkt Common-Rail-Einspritzsysteme verkaufen, sondern würde mit dem eigens entwickelten Harnstoff-Dosiersystem Denoxtronic, das Teil eines aufwendigen Abgasnachbehandlungssystems ist, zusätzlichen Umsatz generieren.

Bei den Otto-Motoren setzt Bosch auf das so genannte "Downsizing". Dabei ermöglicht die zweite Generation der Benzindirekteinspritzung zusammen mit der Turboaufladung kleinere Motoren. Bei gleicher Leistung und weniger Hubraum rechnet Bosch mit einer CO2-Ersparnis von rund 15% gegenüber konventionellen Saugrohreinspritzern. Weitere Einsparungen insbesondere im Stadtverkehr bringt ein Start/Stopp-System, das jetzt bei BMW in Serie geht.

Nischenpotenzial bescheinigt Bohr auch dem Hybridantrieb, der einen Verbrennungs- und einen Elektromotor kombiniert. Zum ersten Mal legte Bosch offen, von welchem Hersteller der lange erwartete erste Serienauftrag stammt: Voraussichtlich noch im nächsten Jahr liefert Bosch die Technik für einen Benzin-Hybrid an Volkswagen, Audi und Porsche, die bei diesem Antrieb eine Kooperation vereinbart haben. Außerdem gebe es einen weiteren Auftrag für einen Diesel-Hybrid.

Im Gegensatz zu den verbesserten Diesel- und Benzinmotoren finanziere sich dieser Antrieb bisher aber nicht über den niedrigeren Kraftstoffverbrauch. "Wir teilen nicht die Euphorie mancher Hersteller in manchen Märkten", so der Leiter der Kfz-Technik. Der Hybridantrieb werde aber seinen Platz in bestimmten Anwendungsbereichen wie dem Stadtverkehr finden.

Am Rande der Veranstaltung kündigte Bohr an, die für den Hybridantrieb als Schlüsseltechnologie geltende Batterietechnik verstärken zu wollen. "Wir befinden uns in Gesprächen mit verschiedenen Batterieherstellern über eine Akquisition oder Partnerschaft", sagte der Manager zu Dow Jones Newswires ohne Einzelheiten zu nennen. Bisher beschränkt sich der Zulieferer im Wesentlichen auf Steuergeräte für das Bordnetz- und Getriebemanagement sowie den Starter-Generator. Künftig sollen die Automobilhersteller ein komplettes Hybridsystem von Bosch beziehen können.

Trotz aller wirtschaftlichen Technologiepakete wird es Bohr zufolge eine "anspruchsvolle Aufgabe" sein, den europäischen Kohlendioxid-Ausstoß bis 2012 auf 130 Gramm pro Kilometer zu senken: "Der verschärfte Grenzwert ist nur dann realisierbar, wenn alle Fahrzeugklassen ihren Beitrag leisten - also bitte keine Fixierung auf Premiumautos."

Neben verbrauchsgünstigen Antriebskonzepten will Bosch außerdem mit Sicherheitssystemen weiter wachsen. Dazu gehören nicht nur aktive Systeme wie das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP, die Antischlupfregelung ASR sowie das Antiblockiersystem ABS, sondern vor allem neue Fahrerassistenz-Systeme, die beispielsweise automatisch einparken oder eine Notbremsung auslösen.

Webseite: http://www.bosch.de

-Von Matthias Krust, Dow Jones Newswires, +49 (0)711 22874 12,

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