UPDATE2: Qimonda-Zahlen drücken Infineon-Kurs in den Keller

23.01.2008
(NEU: Aktienkursentwicklung, Analysteneinschätzung, Aussagen CFO)

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Von Alexander Becker

DOW JONES NEWSWIRES

MÜNCHEN (Dow Jones)--Die schwachen Erstquartalszahlen der Qimonda AG haben am Mittwoch die Aktie der Mutter Infineon Technologies AG erheblich unter Druck gesetzt. Qimonda hatte in der Nacht Zahlen vorgelegt, die deutlich unter den Analystenerwartungen blieben. So fiel bereits vor Zinsen und Steuern ein Verlust von 590 Mio EUR an. Die Infineon-Aktie ist am Vormittag der größte Verlierer im DAX.

"Die desaströsen Zahlen von Qimonda sagen doch alles", sagte ein Frankfurter Händler. Zudem verliere er zunehmend die Hoffnung, dass sich Infineon zu vernünftigen Preisen vom verbleibenden Qimonda-Anteil trennen können wird. "Nur über eine Stock-Dividende an die eigenen Aktionäre wird Infineon die noch loswerden", glaubt er. Die Infineon-Aktie notiert um 12.36 Uhr in einem schwachen Gesamtmarkt bei 6,07 EUR und damit 6,6% schwächer als zum Vortagesschluss.

Belastet von einem schwachem Preisumfeld im Speicherchipmarkt rutschte Qimonda in den Monaten Oktober bis Dezember erheblich tiefer in die Verlustzone als von Beobachtern erwartet. Bei einem Umsatzrückgang von 56% auf 513 Mio EUR fiel mit 590 Mio EUR ein noch höherer EBIT-Verlust an. Im Vorjahr hatte Qimonda noch ein positives EBIT von 250 Mio EUR erwirtschaftet.

Qimonda wird noch immer mehrheitlich von der Infineon Technologies AG gehalten. Infineon hat mit dem Unternehmen im Jahr 2006 ihr DRAM-Geschäft abgespalten und in New York an die Börse gebracht. Nach einer Zweitplatzierung im September sank der Infineon-Anteil an Qimonda auf rund 77,5% von 86%. Bis zur Hauptversammlung 2009 soll die Beteiligung unter 50% gesenkt werden, notfalls auch in Form einer Sachdividende an die Infineon-Aktionäre.

Belastet wurde das Qimonda-Ergebnis von Abschreibungen auf Lagerbestände und Kosten bei der Schließung der 200-mm-Fertigung in Dresden von zusammen rund 155 Mio EUR. Die von Dow Jones Newswires befragten Analysten hatten bei einem Umsatz von 648 Mio EUR lediglich mit einem EBIT-Fehlbetrag von 292 Mio EUR gerechnet. Allerdings sind in dieser Konsensschätzung Abschreibungen auf Lagerbestände ebenso wie die Restrukturierungskosten in der Regel nicht enthalten.

Die Analysten der LBBW erklärten, die Abschreibungen auf Lagerbestände und die Restrukturierungskosten seien erheblich höher ausgefallen als erwartet. Die LBBW werde deshalb ihre Umsatz- und Gewinnschätzungen für Infineon sowohl für das Dezemberquartal als auch das Gesamtjahr reduzieren. Die LBBW bekräftigte aber ihre "Kaufen"-Empfehlung für das Infineon-Papier und nennt ein Kursziel von 9,30 EUR. Die Analysten verweisen darauf, dass in der Sum-of-the-parts-Bewertung Qimonda ohnehin nur ca 1,50 EUR zum fairen Wert von 9,30 EUR beitrage.

In Reaktion auf das schwache Marktumfeld kündigte Qimonda weitere Sparmaßnahmen an. So will der Speicherchiphersteller seine Investitionen im laufenden Geschäftsjahr um 250 Mio EUR senken - auf 400 Mio bis 500 Mio EUR. Dabei "wurde der Bau einer neuen 300-mm-Produktionsstätte in Singapur verschoben, bis sich die Marktbedingungen verbessern". Binnen fünf Jahren wollte Qimonda ursprünglich rund 2 Mrd USD in das Werk in Singapur investieren.

Auch kassierte das Unternehmen am späten Dienstagabend seine Jahresziele zur Produktivitätssteigerung. Jetzt wird sie noch bei 30% bis 40% gesehen. Ursprünglich sollten die Bit-Lieferungen um 50% steigen.

Das schwächere Geschäfts schlug auch auf die Finanzausstattung von Qimonda durch. So sank die Netto-Cash-Position per Ende Dezember auf 374 Mio EUR nach 707 Mio EUR Ende September. Angesichts anhaltender operativer Verluste haben Investoren und Analysten die Netto-Cash-Position bei Qimonda als wichtige Kennziffer in den Blick genommen. In der aktuellen Zahl sind 131 Mio EUR aus einem Sale-and-lease-back-Geschäft im Zusammenhang mit den 200-mm- und 300-mm-Anlagen in Richmond enthalten.

"Wir haben weiterhin eine solide Cash-Position und konnten die Einflüsse der Marktentwicklung, die schlechter als erwartet war, auf unsere Bilanz abschwächen", wird Qimonda-Finanzvorstand Michael Majerus in der Mitteilung zitiert. Im Berichtszeitraum lag der Free Cash-Flow bei minus 217 Mio EUR, nachdem im Vorquartal noch ein Mittelzufluss von 90 Mio EUR verzeichnet worden war.

Die Situation am Speicherchipmarkt wird nach Einschätzung des Goldman-Sachs-Analysten Simon Schafer dazu führen, dass Qimonda in den nächsten zwei Quartalen pro Quartal mit einem Mittelverlust von etwa 225 Mio EUR rechnen muss. Qimonda-Finanzvorstand Majerus wollte diese Einschätzung während einer Telefonkonferenz am Mittwoch nicht kommentieren. Die Entwicklung am Chip-Markt sei kaum abschätzbar, sagte er.

Nach wie vor habe Qimonda mehrere Möglichkeiten, sich nötigenfalls frisches Kapital zu besorgen, sagte Majerus. Das Unternehmen prüfe eine Reihe von Instrumenten, darunter die Aufnahme von Fremdkapital und vor allem die schon in den vergangenen Quartalen getätigten Sale-and-lease-back-Transaktionen.

Webseite: http://www.qimonda.com/ -Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires; +49 (0)89 - 5521 4030, industry.de@dowjones.com DJG/abe/rio

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