UPDATE2: Siemens will weltweit 16.750 Stellen streichen

08.07.2008
(NEU: Reaktion IG Metall, Aktienkursverlauf) Von Alexander Becker DOW JONES NEWSWIRES

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MÜNCHEN (Dow Jones)--Die Siemens AG will im Zuge der geplanten Senkung der allgemeinen Vertriebs- und Verwaltungskosten (SG&A) sowie weiterer Restrukturierungsmaßnahmen weltweit insgesamt 16.750 Stellen abbauen. In verwaltungsnahen Funktionen sollen 12.600 Stellen und in Restrukturierungsprojekten 4.150 Stellen wegfallen, teilte der Münchener DAX-Konzern am Dienstag mit.

In Deutschland sind von den Maßnahmen insgesamt rund 5.250 Stellen betroffen. Am meisten betroffen davon sind den Angaben zufolge die Siemens-Standorte Erlangen, München, Nürnberg und Berlin. Insgesamt hat Siemens derzeit weltweit rund 400.000 Mitarbeiter.

Siemens hatte Ende April die im November 2007 vorgestellten Pläne für die geplante Kürzung der allgemeinen Vertriebs- und Verwaltungskosten (SG&A) konkretisiert. Demnach will der Konzern bis zum Jahr 2010 die SG&A-Kosten um absolut 10% senken. Das entspricht einer Kostenreduzierung um 1,2 Mrd auf 10,9 Mrd EUR im Geschäftsjahr 2009/10 von 12,1 Mrd EUR im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006/07. Siemens bekräftigte am Berichtstag dieses Ziel nun mit der Veröffentlichung der Stellenabbaupläne.

Neben dem Stellenabbau will Siemens kurzfristig die SG&A-Kosten in den Bereichen IT und Berater kürzen. Siemens will die Kosten für Berater bis 2010 um rund 300 Mio EUR und die IT-Ausgabe um rund 300 Mio EUR senken.

"Eine besondere Dringlichkeit gewinnen diese Maßnahmen vor dem Hintergrund einer sich eintrübenden Weltkonjunktur, was wiederum zu einer deutlichen Verschärfung des Wettbewerbs führen wird", sagte der Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher in München. "Wir müssen jetzt handeln und unsere Kosten verringern, damit wir uns dann, wenn der Kampf um die Kunden härter wird, voll darauf konzentrieren können".

Siemens will den Stellenabbau nach Aussage von Personalvorstand Siegfried Russwurm so "sozialverträglich wie möglich gestalten". Dazu gehören unter anderem Transfergesellschaften und Altersteilzeitregelungen. "Betriebsbedingte Kündigungen können nur das allerletzte Mittel sein", wird Russwurm zitiert. Angaben zu einem konkreten Zeitrahmen oder den Kosten für den Stellenabbau machte Siemens nicht.

Angesichts der anstehenden Verhandlungen über die Ausgestaltung der Personalmaßnahmen könne man noch in keinster Weise Aussagen darüber treffen, wie hoch die verbundenen Kosten seien und wann diese verbucht werden. Siemens will mit den Arbeitnehmern nun "schnell Verhandlungen aufnehmen".

Die IG Metall Bayern bezeichnete die am Montag und Dienstag im Wirtschaftsausschuss des Siemens-Konzerns vorgestellten Pläne zum Stellenabbau als "nicht akzeptabel". Werner Neugebauer, Bezirksleiter der IG Metall Bayern sagte in einer Stellungnahme, dass nicht wie vom Unternehmen angekündigt überwiegend "das mittlere und obere Management" betroffen sei. Tatsächlich betreffen die Pläne zu rund 75% Beschäftigte, die unter den Tarifvertrag der IG Metall fallen .

Der nächste Termin zwischen Siemens-Vorstand und den Arbeitnehmervertretern wird die Gesamtbetriebsratssitzung am 23. Juli sein, an der Personalvorstand Russwurm teilnehmen wird.

Seit Anfang des Jahres ist das Siemens-Kerngeschäft nicht mehr in Geschäftsbereiche, sondern in die drei Sektoren Industry, Energy und Healthcare aufgeteilt. In Folge der Neuaufstellung seien "intern viele Synergien" zu heben, so Siemens.

Siemens kündigte neben den Restrukturierungen und der Straffung der Verwaltungskosten zudem den Verkauf der Dienstleistungstochter Segment Industrie Montage Services (SIMS) an. SIMS beschäftigt rund 1.200 Mitarbeiter an 35 Standorten in Deutschland. In der SIMS sind überwiegend Monteure und Servicemitarbeiter beschäftigt, die den Einsatz der elektrotechnischen Siemens-Produkte und Systeme bei Industrieprojekten planen, in Betrieb setzen und Reparatur- und Wartungsarbeiten ausführen. Hier werde nun nach der Veröffentlichung der Pläne begonnen, nach einem Käufer für SIMS zu suchen, so Russwurm.

Bei den Restrukturierungsprojekten im Kerngeschäft entfällt der größte Teil der geplanten Stellenstreichungen auf die Division Mobility. Insgesamt sollen hier vornehmlich in Europa 2.500 Stellen wegfallen, davon 700 in Verwaltung und Vertrieb und rund 1.800 im Bereich Engineering und Fertigung. Die Restrukturierung erfolge im Rahmen des Effizienzsteigerungsprogramms Mobility in Motion, das Siemens im April angekündigt hatte. Hier sollen Struktur, Organisation und Portfolio der Division analysiert sowie Maßnahmen zur Kostenverbesserung definiert werden. Die Umsetzung von Mobility soll früheren Angaben zufolge spätestens im Oktober 2008 und damit mit Beginn des neuen Geschäftsjahres 2008/09 starten.

Im Industry-Sektor, zu dem die Mobility-Divison gehört, sollen in Vertrieb und Verwaltung insgesamt 3.950 Stellen abgebaut werden und durch Restrukturierungsmaßnahmen insgesamt 2.400 Stellen wegfallen. Der Industry-Sektor ist der nach Umsatz größte Siemens-Sektor. Im zweitgrößten Sektor Energy sollen im SG&A-Bereich ebenfalls 3.950 Arbeitsplätze gestrichen werden. Restrukturierungen sind hier den Angaben zufolge aber nicht geplant.

Im Healthcare-Sektor sollen in verwaltungsnahen Funktionen 1.550 Stellen abgebaut werden. Hinzu kommen "maximal rund 1.250 Stellen" in Folge von Restrukturierungen, die vor allem in den Divisionen Imaging & IT sowie Workflow & Solutions durchgeführt werden.

Die Siemens-Aktie notiert in einem schwächeren Gesamtmarkt am Dienstagnachmittag 0,9% im Minus bei 70,16 EUR.

Webseite: http://www.siemens.com - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/mim/kla

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