UPDATE3: MAN blickt wenig zuversichtlich in die Zukunft

19.02.2009
(NEU: Details, Continental-Aussagen zur Entwicklung bei Nutzfahrzeugreifen) Von Nico Schmidt DOW JONES NEWSWIRES

(NEU: Details, Continental-Aussagen zur Entwicklung bei Nutzfahrzeugreifen) Von Nico Schmidt DOW JONES NEWSWIRES

MÜNCHEN (Dow Jones)--Nach einem Einbruch beim Nettogewinn im Schlussquartal stellt sich der Nutzfahrzeug- und Maschinenbauer MAN auf eine schwierige Zeit ein - und rechnet auch 2009 mit einer weiteren Abschwächung im Kerngeschäft mit Lkw und Bussen. Im vierten Quartal 2008 verbuchte die MAN AG einen Einbruch bei den Bestellungen von 56% und sieht deshalb "deutlich niedrigere Werte" bei den Einnahmen und der Rendite im Nutzfahrzeuggeschäft. Auf der Bilanzpressekonferenz kündigte der im Leitindex DAX notierte Konzern am Donnerstag an, mit einem verschärften Sparkurs auf die Krise zu reagieren.

Das Geschäft mit Lkw und Bussen ist der wichtigste Bereich des Münchener Unternehmens: 2008 generierte MAN rund zwei Drittel der konzernweiten Umsätze und mehr als 50% des operativen Ergebnisses in der Nutzfahrzeugsparte. Allerdings verlief deren Geschäft bereits in den vergangenen Monaten schleppend. 2008 sank der Auftragseingang um 28%, bei schweren Lkw sogar um nahezu die Hälfte. Im Schlussquartal lag das Minus sogar bei rund 70%. Die Zahl der bestellten Lkw schrumpfte 2008 um 42% auf 68.872.

Der deutliche gefallene Nutzfahrzeugabsatz machte sich nicht nur bei der Auftragslage sondern auch bei den Finanzkennzahlen bemerkbar. Dank einer guten Entwicklung in den Geschäftsbereichen Dieselmotoren und Turbomaschinen verbuchte der Konzern für 2008 aber dennoch Zuwächse bei Umsatz und Gewinn.

Bei einem Umsatzplus von 6% auf 14,9 Mrd EUR stieg das operative Ergebnis um 11% auf 1,73 (Vorjahr: 1,55) Mrd EUR, während das Nettoergebnis auf 1,25 (1,23) Mrd EUR zulegte. Von Dow Jones Newswires befragte Analysten hatten im Mittel mit einem Umsatz von 14,84 Mrd EUR, einem operativen Gewinn von 1,42 Mrd EUR und einem Nettogewinn von 1,28 Mio EUR gerechnet.

Das Ende Oktober vorsichtiger formulierte Umsatzziel für 2008 erfüllte MAN: Bei Bekanntgabe der Drittquartalszahlen hatte der Fahrzeug- und Maschinenbauer nur noch eine in der Höhe nicht konkretisierte Einnahmensteigerung in Aussicht gestellt. Bis dato waren 10% Umsatzwachstum geplant gewesen.

Im Schlussquartal 2008 verzeichnete MAN Einnahmen von 3,96 (4,74) Mrd EUR sowie ein operatives Ergebnis von 358 (549) Mio EUR und schnitt damit etwas besser ab als erwartet. Lediglich das Nettoergebnis, das um 47% auf 177 (331) Mio EUR einbrach, blieb hinter den Konsensschätzungen der Analysten zurück.

Für 2009 rechnet MAN auf Konzernebene mit rückläufigen Neuaufträgen und Einnahmen. Der Ausblick sei nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet, hieß es von Unternehmensseite. Mit weiteren Maßnahmen besonders im Nutzfahrzeuggeschäft will MAN den erwarteten Umsatzrückgang abfedern.

Schon im Dezember hatte Samuelsson die Anleger auf eine länger anhaltende Wirtschaftskrise eingestimmt, aber versprochen, der Konzern werde schnell darauf reagieren. Um die angepeilte Mindestrendite trotz des erwarteten Umsatzrückgangs zu schaffen, sollen die Kosten in der Lkw-Produktion um 30% gesenkt werden. Unter anderem kündigte MAN zu diesem Zweck Produktionsunterbrechungen an und reduzierte die Zahl der Zeitarbeiter zum Jahresende um 38%.

Samuelsson sagte auf der Bilanzpressekonferenz in München, dass für das erste Halbjahr 2009 mit einem weiter schrumpfenden Lkw-Markt zu rechnen sei. Der Rückgang könnte bei bis zu 50% liegen, Signale für eine Besserung seien nicht in Sicht. "2009 wird ein sehr schwieriges Jahr. (...) Wir müssen uns so konsequent und schnell wie möglich an die neue Marktsituation anpassen".

Den eingeschlagenen Sparkurs will MAN daher weiter verschärfen: Parallel zu den bereits implementierten Maßnahmen wird das Unternehmen Leih- und befristete Arbeitsverhältnisse in der Lkw- und Motorenproduktion nicht verlängern und Zeitkonten abschmelzen. Außerdem werden die Investitionen "deutlich" reduziert.

Nach Aussage von Samuelsson sind in der zweiten Jahreshälfte zudem weitere Produktionskürzungen wahrscheinlich, um einen allzu hohen Hofbestand zu verhindern. Den Bestand an Nutzfahrzeugen will MAN wegen der schwachen Nachfrage um 3.000 auf rund 8.000 zurückfahren. Auch eine Ausweitung der Kurzarbeit ist laut dem Manager denkbar, betriebsbedingte Kündigungen oder Entlassungen würden hingegen aktuell nicht erwogen. Insgesamt sollen durch diese Maßnahmen die Kosten im laufenden Geschäftsjahr um 500 Mio EUR sinken.

Anders als im Nutzfahrzeugbereich erwartet MAN in den Segmenten Dieselmotoren und Turbomaschinen stabile Entwicklungen. Bei den Dieselmotoren plant der Konzern mit "in etwa konstanten Umsätzen bei gleichbleibend guter Ergebnisqualität", bei Turbomaschinen eine Steigerung bei Umsatz und Gewinn.

Langfristig äußerte sich der Vorstandsvorsitzende Håkan Samuelsson zuversichtlich. "Wir verfügen neben dem Nutzfahrzeuggeschäft mit dem Maschinenbau über stabilisierende, ausgleichende Aktivitäten. Als Unternehmen mit geringer Verschuldung und starker Eigenkapitalausstattung ist MAN auch auf schwierige Zeiten gut vorbereitet."

Auch die Übernahme von VW Trucks & Bus in Brasilien soll aus der Misere helfen, MAN hofft, aus der Transaktion Synergien von 50 Mio bis 70 Mio EUR pro Jahr heben zu können. MAN hatte die VW-Sparte Mitte Dezember übernommen. Die Transaktion, die ein Volumen von rund 1,175 Mrd EUR hatte, soll nach neuesten Aussagen vom Samuelsson im März abgeschlossen werden.

Marktbeobachter zeigten sich von den Viertquartalszahlen enttäuscht. Der Auftragseingang habe die Erwartungen verfehlt, sagten die Analysten Heino Ruland von Ruland Research und Robert Heberger von Merck Finck übereinstimmend. Die Branchenexperten von Sal. Oppenheim bewerten das Ergebnis von MAN aber positiver als die Zahlen der Wettbewerber Volvo und Scania. Dies liege an der größeren Diversifizierung des MAN-Geschäfts. Die beiden schwedischen Lkw-Hersteller hatten Anfang des Monats ihre Quartalsergebnisse vorgelegt. Volvo schrieb im Schlussquartal einen operativen Verlust, das operative Ergebnis von Scania schrumpfte um fast die Hälfte.

Die MAN-Aktie notiert nach anfänglichen Handelsverlusten am Mittag mit rund 4% im Plus. "Der Kurs war im Vorfeld der Zahlen stark gefallen", so ein Händler. Daher komme es nun zu Rückkäufen. "Der Markt hat in den negativen Erwartungen wohl insgeheim überzogen", begründet ein weiterer Händler die Zugewinne.

Wirtschaftsflaute, Nachfrageeinbruch, Auftragsstornierungen und schwache Zahlen: Die Hersteller von Lkw, Bussen und Transportern stellen sich auf düstere Zeiten ein. Die Reihe an Hiobsbotschaften für die Branche dürfte noch lange nicht am Ende sein. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet damit, dass 2009 selbst der letzte verbliebene Wachstumsmarkt Südamerika einbrechen wird. Nach Einschätzung von Experten könnte allein der europäische Markt um 30% schrumpfen.

Auch der Automobilzulieferer Continental bekommt die Krise in der Branche zu spüren: Bereits jetzt seien die Werke 30% unterausgelastet, sagte Hans-Joachim Nikolin, Vorstand der Nutzfahrzeugreifensparte der Hannoveraner, am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz. Es zeichne sich ab, dass im laufenden Jahr weltweit möglicherweise zwei Millionen Reifen weniger herstellt würden als vergangenes Jahr. Bereits 2008 war der Umsatz von Conti mit Nutzfahrzeugreifen um 3,3% auf 1,4 Mrd EUR geschrumpft.

Webseite: http://www.man.eu/ -Von Nico Schmidt, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 111, nico.schmidt@dowjones.com (Christoph Rauwald und Katharina Becker haben zu diesem Artikel beigetragen.) DJG/ncs/roa Besuchen Sie unsere neue Webseite http://www.dowjones.de

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