UPDATE3: SAP-Kauf in Frankreich stößt am Markt auf Skepsis

08.10.2007
(NEU: Analysteneinschätzung, Aktienkursentwicklung)

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Von Alexander Becker

Dow Jones Newswires

WALLDORF (Dow Jones)--Die SAP AG stößt mit ihrer angekündigten Übernahme der französischen Business Objects für rund 4,8 Mrd EUR auf skeptische Reaktionen am Finanzmarkt. Die SAP-Aktie ist am Morgen mit einem Minus von rund 5% der größte Verlierer im DAX. Analysten sehen in dem geplanten Zukauf vor allem eine Abkehr von der bisherigen Strategie des organischen Wachstums. Mit großen Übernahmen steige auch das Risiko für das SAP-Geschäft, so die Einschätzung mehrerer Experten. Dass der Zukauf strategisch in das Portfolio des DAX-Konzern passt, wird dagegen nicht bezweifelt.

Business Objects ist nach eigenen Angaben der weltgrößte Hersteller von Datenbank-Management-Lösungen für Unternehmenskunden (Business Intelligence). Mit der Software von Business Objects können Datenbanken verwaltet und analysiert werden. Mit der Akquisition folgt SAP ihrem schärfsten Wettbewerber Oracle auf diesen Markt. Der US-Softwarehersteller hatte Anfang März angekündigt, die Nummer zwei im Business-Intelligence-Bereich Hyperion für 3,3 Mrd USD zu übernehmen.

Business Objects hatte im vergangenen Geschäftsjahr 2006 bei einem Umsatzplus von 16% auf 1,254 Mrd USD ein Nettoergebnis von 75,4 Mio USD erwirtschaftet. In der Nacht zum Montag reduzierte der französische Software-Konzern in einem separaten Statement seine Umsatz- und Ergebnisprognose für das abgelaufene dritte Quartal 2007.

Gemessen an operativen Kennziffern wie Umsatz und Ergebnis zahlt SAP für Business Objects damit mehr als Oracle für Wettbewerber Hyperion, rechnen die Analysten von Societe Generale vor. Wie auch die Analysten von Goldman Sachs, sieht Societe Generale den wesentlichen Punkt in der geänderten Strategie. So gehe SAP mit einer Großübernahme wie Business Objects größere künftige Risiken ein. Angesichts dem bisherigen Ziel, hauptsächlich organisch zu wachsen, sei der Business-Object-Kauf ein "strategischer U-Turn" des Managements. Societe Generale hat SAP auf "Neutral" eingestuft.

Angesichts der Möglichkeiten im Business-Intelligence-Markt sei der Zukauf eine gute Verwendung für die "großen" finanziellen Mittel, die SAP in der Bilanz stehen habe, so die Analysten von Goldman Sachs.

Die LBBW-Analysten halten das Übernahmeangebot der SAP für die französische Business Objects für sinnvoll. SAP nutze diese Möglichkeit, um auch in dem zunehmend wichtiger werdenden Bereich Business Intelligence eine marktführende Stellung einzunehmen und Wettbewerber Oracle hinter sich zu lassen. Auch der Preis könne immer noch als angemessen bezeichnet werden, sagen die Analysten. Die LBBW-Analysten bekräftigen ihr "Kaufen"-Rating, wenngleich sich die Gewinnwarnung von Business Objects kurzfristig eher belastend auswirken und Zweifel über die Hintergründe der Transaktion aufwerfen.

Bei den Anlegern überwiegt offenbar die Skepsis gegenüber der Transaktion. Um 10.35 Uhr notiert die SAP-Aktie in einem nahezu unveränderten Gesamtmarkt 6,3% im Minus bei 39,00 EUR. Damit ist SAP der mit Abstand schwächste Wert im DAX. Das Handelsvolumen ist dabei überdurchschnittlich hoch und nimmt den Spitzenplatz im Index ein.

SAP bietet den Business-Objects-Aktionären 42,00 EUR je Anteilsschein. Die Übernahme soll durch ein öffentliches Angebot nach französischem Recht und ein paralleles öffentliches Angebot nach US-amerikanischem Recht erfolgen. Am Freitag hatten die Business-Objects-Aktien den Handel an der Euronext bei 35,00 EUR beendet. Entsprechend ist SAP bereit, eine Prämie von 20% auf diesen Kurs zu zahlen.

SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann sagte in einem Conference Call, dass dieser Preis nicht zu teuer sei, "ganz im Gegenteil". So sei der Business- Intelligence-Markt einer der derzeit am schnellsten wachsenden Segmente im Software-Markt, so Kagermann zur Begründung. Oracle hatte für Hyperion damals eine Prämie von 21% auf den Vortags-Schlusskurs des Hyperion-Papiers gezahlt.

Wie Kagermann weiter sagte, ist der Milliardenzukauf keine Abkehr von der organischen Wachstumsstrategie des Unternehmens. Trotz der Größe des Akquisition sei Business Objects eine "Ergänzungsinvestition", so der Vorstandssprecher im Conference Call. Auf der Hauptversammlung von SAP hatte Kagermann vor den Aktionären die Langfriststrategie des Unternehmens bekräftigt, sein Wachstum "ganz überwiegend aus eigener Kraft" zu schaffen.

Bei Business Objects läuft das operative Geschäft derzeit aber offenbar schwächer als erwartet. Demnach wird der Umsatz nun im dritten Quartal zwischen 366 Mio und 370 Mio USD gesehen. Bislang hatte das Unternehmen hier eine Spanne von 382 Mio bis 387 Mio USD in Aussicht gestellt. Business Objects begründete die Entwicklung mit einem unter den Erwartungen liegenden Lizenzumsatz.

Der geringere Umsatz wirkt sich auch auf der Ergebnisseite aus: Das verwässerte Ergebnis US-GAAP-Ergebnis je Aktie wird nun bei 0,04 USD bis 0,06 USD gesehen. Hier hatten die Franzosen zuvor noch 0,16 bis 0,20 USD je Anteilsschein erwartet. Business Objects will ihre Drittquartalszahlen am 24. Oktober vorlegen.

SAP-Vorstandssprecher Kagermann rechnet damit, dass die Transaktion im ersten Quartal 2008 abgeschlossen werden kann. Unter dieser Prämisse erwartet SAP für die Geschäftsjahre ab 2009 "positive Auswirkungen" auf das Ergebnis je Aktie nach US-GAAP. Im kommenden Jahr werde sich der Zukauf aber negativ auf die Ertragslage auswirken. In Folge "akquisitionsbedingter Einmaleffekte" rechnet SAP für das Geschäftsjahr 2008 mit einem negativen Einfluss auf das Ergebnis je Aktie "im mittleren, einstelligen Eurocent-Bereich".

Der Verwaltungsrat von Business Objects unterstützt die Übernahme und will den Aktionären des französischen Unternehmens das Angebot empfehlen wird, sobald bestimmte regulatorische Voraussetzungen erfüllt sind.

Für Montag hat SAP um 15.00 Uhr MESZ zwei parallele Pressekonferenzen in Frankfurt und Paris angekündigt, auf denen mehr Details zu der geplanten Übernahme veröffentlicht werden sollen. Webseiten: http://www.sap.com

http://www.businessobjects.com - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 - 5521 4030

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