Urheberrechtsabgabe: Der Zoff eskaliert

07.03.2002
Die Fronten sind verhärtet und die Verhandlungen unterbrochen. Das als Vermittler aufgetretene Bundesjustizministerium, unter Leitung von Herta DäublerGmelin, hat es nicht geschafft die Streihähne zu einem Kompromiss zu bewegen.

Ein abschließendes Spitzengespräch zwischen Vertretern der Verwertungsgesellschaften und der Industrie sollte am vergangenen Montag einen Schlussstrich unter den Rechtsstreit um die Urheberrechtsabgabe ziehen. Doch so weit kam es erst gar nicht. Letzten Donnerstag sagten Vertreter von Bitkom ab.

Nach Auskunft von Ferdinand Melchiar, Vorstand der VG Wort, war Stein des Anstoßes ein Passus im Mediationsvorschlag des Justizministeriums. Demnach sollte bis 2004 die pauschale Abgabe beibehalten werden. Sollte sich nach dieser Übergangsfrist herausstellen, dass der digitale Kopierschutz unzureichend ist, kann mit einem Fingerzeig eine neue Mediation beantragt werden. "Wenn die Technik einen effektiven Schutz des geistigen Eigentums bietet, werden die Verwertungsgesellschaften auf die pauschale Abgabe verzichten und individuell abrechnen", erklärte Melichar gegenüber ComputerPartner. Die Verwertungsgesellschaften waren mit dem Vorschlag des Bundesjustizminis-teriums einverstanden, so Melichar.

Dieser Vorschlag ging den Vertretern der Industrie unter Federführung des Bitkom aber nicht weit genug. "Mit der Möglichkeit, 2004 mit einem Fingerzeig eine neue Mediation zu beantragen, wären wir in drei Jahren genauso weit wie heute", erklärt Kathrin Bremer, Justiziarin des Bitkom, ComputerPartner. Damit wäre ein neuer Rechtstreit vorprogrammiert. Dem Vorschlag der Industrie, 2004 ein unabhängiges Sachverständigengremium mit der Prüfung des Kopierschutzverfahrens zu beauftragen, lehnten die Verwertungsgesellschaften ab. Nach Ansicht der Bitkom will sich die ZPÜ (Zentralstelle für private Überspielungsrechte) ein Hintertürchen offen halten, um 2004 eine erneute Mediation beantragen zu können.

"Die Haltung der Verwertungsgesellschaften hat sich während des Rechtsstreits um keinen Deut geändert", klagt Hans-Jochen Lückefett, Finanzvorstand von Hewlett-Packard. "So macht ein Spitzengespräch einfach keinen Sinn. Deshalb haben wir es abgesagt." Lückefett weiter, "Die Kopierschutzverfahren werden immer weiter verbessert. Warum soll ein Käufer Gebühren für eine Kopie zahlen, die er gar nicht machen kann?"

Die Industrie stellt eine korrekte Abrechnung und Entlohnung der Urheber überhaupt nicht infrage. "Bis zum Jahr 2004 zahlen wir pauschal rund 30 Millionen an die Verwertungsgesellschaften. Kommt die Abgabe für Digitalgeräte, erhöht sich der Betrag auf einen dreistelligen Wert", so Jörg Menno Harms Vizepräsident des Bitkom. Dieser Betrag wird aber bislang nur für die analogen Geräte fällig. Abgaben auf digitale Geräte stehen noch aus.

Die Hersteller setzen auf Digital Right Management, kurz DRM. Digital Wasserzeichen und moderne Kopierschutzverfahren könnten einen genauen Abrechnungsmodus garantieren. Die jetzigen Forderungen der Gema stehen nach Ansicht der Bitkom in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Nutzung der Geräte. Drucker zum Beispiel werden kaum für das private Kopieren verwendet. Verbraucher sollen also für eine Funktion zahlen, die sie gar nicht nutzen. Und damit hätte die Ausweitung der Pauschalabgabe eine Verteuerung der Geräte zur Folge. Der Bitkom glaubt, dass dieser Sonderweg den IT-Standort Deutschland gefährden würde und vor allem Arbeitsplätze im Handel kosten würde.

Erschwerend kommt hinzu: Die Diskussion über das zukünftige Urheberrecht ist nach wie vor noch vollkommen offen. Beispielsweise will die Musikindustrie das private Kopieren von CDs komplett verbieten. Zu diesem Zweck versieht sie neu auf den Markt gebrachte Musik-CDs mit einem Kopierschutz. "Für was soll der Käufer dann noch eine Abgabe auf IKT-Geräte zahlen?" lautet jetzt die Frage. Eines jedenfalls ist sicher: Die Verhandlungen sind gescheitert und jetzt müssen die Gerichte entscheiden.

ComputerPartner Meinung:

Keiner will Künstlern die zustehenden Tantiemen verweigern. Aber gleichzeitig will auch keiner für etwas zahlen, das er nicht nutzt. Eine Pauschalabgabe auf digitale Geräte ist ein Anachronismus der in der modernen IT-Welt nichts mehr verloren hat. Mit den Möglichkeiten der Digitaltechnik dürfte es ein Leichtes sein, ein korrektes Abrechnungssystem einzuführen, womit allen Beteiligten gedient wäre. Aber wie immer, wenn es um viel Geld geht, versuchen die Interessensverbände ihre Pfründe zu wahren. (jh)

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