Urteil schafft keine Klarheit

07.08.2006
Völlig unterschiedlich interpretieren die Kontrahenten Usedsoft und Oracle das jüngste Urteil des Oberlandesgerichtes München zur Rechtmäßigkeit des Handels mit "gebrauchter" Software.

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Für Usedsoft ist die Sache klar: Der Gebrauchtsoftware-Händler darf weiter mit "gebrauchter" Oracle-Software handeln - allerdings mit einer Einschränkung: Der Gebrauchthandel mit online übertragenen Oracle-Lizenzen sei nicht zulässig. Oracle-Software, die auf einer CD ausgeliefert wurde, darf aber weiterhin "gebraucht" gehandelt werden, so die Interpretation des Lizenzen-Wiederverkäufers aus München.

Selbstredend sieht das der Kläger Oracle völlig anders: Der Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen beziehungsweise der Weiterverkauf von Software-Lizenzen an Dritte ist rechtswidrig, das hat das Oberlandesgericht München am 3. August 2006 (Az. 6 U 1818/06) entschieden.

Gleichzeitig bestätigt das Oberlandesgericht München das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Januar 2006 (Az. 7 O 23237/05), so Oracle. Beim Handel mit "gebrauchten" Lizenzen handelt es sich demnach also um eine Verletzung des Urheberrechts.

Usedsoft sieht sich im Recht

Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider vertritt da die konträre Meinung: "Das Urteil bestätigt unser Geschäftskonzept im Grundsatz." Gebrauchtsoftware-Händler müssten lediglich darauf achten, dass ihre Kunden beim Erwerb von fabrikneuer Software auch einen Datenträger wie CDs oder DVDs erhalten, um sich auf diese Weise das Eigentumsrecht an der Software zu sichern.

Für Oracle hingegen müssen sich nach dem jüngsten Urteil Unternehmen wie Usedsoft und andere, die sich auf den Handel von Secondhand-Lizenzen spezialisiert haben, neue Tätigkeitsfelder suchen: "Die rechtliche Grundlage für Geschäftsmodelle dieser Art ist nicht mehr gegeben."

Hierauf kontert Usedsoft mit Meinungen von Rechtsexperten. So glaubt etwa Thomas Hoeren von der Universität Münster, dass es vollkommen unerheblich sei, ob ein Unternehmen Software per CD oder online erhält. Entscheidend sei, dass sich am Ende eine installierte Version des Programms auf dem Computer befindet. Beide Vertriebswege wären demnach gleichwertig.

Kampf den Monopolisten!

In die gleiche Kerbe schlägt der IT-Urheberrechtsspezialist Malte Grützmacher. Er argumentiert, dass die Unternehmen die Software schließlich gekauft hätten und damit Eigentümer der Software seien: "Kein Hersteller wollte wohl die kaufrechtlichen Mängelrechte gegen die mietrechtliche Gewährleistung eintauschen."

Usedsoft stellt sich auf eine längerfristige rechtliche Auseinandersetzung ein - bis zum Bundesgerichtshof: "Wir werden es auch weiterhin nicht hinnehmen, dass US-amerikanische Software-Monopolisten die freie Marktwirtschaft in Deutschland umgehen wollen", gibt Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider die Kampfparole aus.

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