LAG Berlin-Brandenburg

Urteil zur Begründung von Überstunden

22.03.2013
Grundsätzlich deutet die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb darauf hin, dass Überstunden zur Erledigung der Arbeit notwendig waren. Die Rechtsexperten der Kanzlei Aulinger analysieren ein Gerichtsurteil.
Die Frage, ab wann die reguläre Arbeitszeit überschritten wird, beschäftigt häufig die Gerichte.
Die Frage, ab wann die reguläre Arbeitszeit überschritten wird, beschäftigt häufig die Gerichte.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg 10.09.2012 -15 Ta 1766/12) begründet die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb über die Normalarbeitszeit hinaus eine Vermutung dafür, dass die daraus folgenden Überstunden zur Erledigung der Arbeit jeweils notwendig waren.

Grundsätzlich stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Darlegungspflichten des Arbeitnehmers, der Vergütung für angeblich geleistete Überstunden verlangt. Er muss in einem ersten Schritt vortragen, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. In einem zweiten Schritt muss er darlegen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. An dieser prozessualen Hürde scheitern viele Überstunden-Klagen.

Das LAG Berlin-Brandenburg ist mit Beschluss vom 10.09.2012 von dieser Praxis etwas abgerückt. Grundsätzlich begründe die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb eine Vermutung dafür, dass die Überstunden zur Erledigung der Arbeit jeweils notwendig waren. Demnach reicht es nach Ansicht des Gerichts aus, wenn der Arbeitnehmer substantiiert vortragen kann, dass er überhaupt Überstunden geleistet hat. Es liege dann am Arbeitgeber, die Erforderlichkeit der Mehrarbeit zu widerlegen und damit die Vermutung zu erschüttern.

Praxishinweis:

Den Arbeitgeber stellt diese Rechtsprechung vor Schwierigkeiten: wenn der Arbeitnehmer nicht vortragen muss, was er getan hat, kann der Arbeitgeber kaum nachweisen, dass der Zeitaufwand nicht notwendig war. Gerade wenn der Verdacht besteht, dass sich Arbeitnehmer unnötig viel Zeit bei der Arbeitsausführung lassen, sollte daher auf die Einhaltung der vereinbarten Zeiten geachtet werden. Wirklichen Schutz bieten jedoch nur wirksame Verfallfristen, weil sie etwaige Ansprüche auf einen Zeitraum beschränken, der für beide Seiten noch überschaubar ist.
Weitere Informationen und Kontakt:
Aulinger Rechtsanwälte und Notare, Büro Bochum: Tel. 0234 68779-0, Büro Essen: Tel. 0201 95986-0, Internet: www.aulinger.eu

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