Befristete Arbeitsverhältnisse

Urteil zur Kettenbefristung



Alexander Janik ist Rechtsanwalt bei CMS in Deutschland. Er berät nationale und internationale Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht einschließlich der Prozessvertretung vor den Arbeitsgerichten.
Das BVerfG hat die BAG-Rechtsprechung zur Befristung von Arbeitsverhältnissen aufgehoben und sachgrundlose Befristungen eingeschränkt.

Am 6. Juni 2018 hat das Bundesverfassungsgericht ("BVerfG) entschieden, dass die Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne sachlichen Grund bei einer Vorbeschäftigung grundsätzlich nicht möglich ist. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ("BAG") zur zeitlichen Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots ist verfassungswidrig. Diese Entscheidung des BVerfG hat erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitgeber, die nun die aktuell sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse prüfen sollten und sich bei ihrer künftigen Einstellungspraxis umstellen müssen.

Das gesetzliche Vorbeschäftigungsverbot

Nach der Konzeption des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ("TzBfG") stellen unbefristete Arbeitsverhältnisse die Regelbeschäftigungsform dar. Befristete Arbeitsverhältnisse sind hingegen grundsätzlich nur bei Vorliegen gesetzlich definierter Gründe zulässig, zum Beispiel im Rahmen einer Elternzeitvertretung oder bei vorübergehendem Beschäftigungsbedarf.

Das BVerfG hat die BAG-Rechtsprechung zur Befristung von Arbeitsverhältnissen aufgehoben und sachgrundlose Befristungen eingeschränkt.
Das BVerfG hat die BAG-Rechtsprechung zur Befristung von Arbeitsverhältnissen aufgehoben und sachgrundlose Befristungen eingeschränkt.
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Nur ausnahmsweise erlaubt das TzBfG die Befristung von Arbeitsverhältnissen, wenn keine Gründe für eine Befristung vorliegen. Voraussetzung für eine solche Befristung "ohne Sachgrund" ist allerdings, dass der zu befristende Arbeitnehmer nicht bereits zuvor im Unternehmen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig war.

Dieses sogenannte Vorbeschäftigungsverbot ist in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG gesetzlich verankert und soll sicherstellen, dass es nicht unter Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes zu Kettenbefristungen kommt. Arbeitnehmer sollen nach dem Willen des Gesetzgebers einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten, wenn sie schon einmal für denselben Arbeitgeber tätig waren. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt das Vorbeschäftigungsverbot deshalb zur Anwendung, egal wie weit die Vorbeschäftigung in der Vergangenheit liegt.

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BAG: Zeitliche Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbots

Das BAG hat das Vorbeschäftigungsverbot seit 2011 zeitlich eingeschränkt (BAG, Urteil vom 06.04.2011 ? 7 AZR 716/09). Nach Auffassung des BAG sollte die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags trotz Vorbeschäftigung zulässig sein, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt. Diese Rechtsprechung stieß auf erhebliche Kritik durch die Arbeits- und Landesarbeitsgerichte, die der Rechtsprechung des BAG nicht folgten, weil der Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG eine zeitliche Einschränkung nicht vorsieht (zuletzt Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.11.2016 - 17a Sa 14/16).

BVerfG: Vorbeschäftigungsverbot gilt zeitlich uneingeschränkt

Aufgrund einer Vorlage des Arbeitsgerichts Braunschweig sowie der Verfassungsbeschwerde eines Arbeitnehmers hatte sich nunmehr das BVerfG zu den Fragen zu positionieren, ob zum einen das Vorbeschäftigungsverbot als Beschränkung befristeter Beschäftigungsformen und zum anderen die Drei-Jahres-Grenze des BAG verfassungsgemäß sind.

Das BVerfG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorbeschäftigungsverbot mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Tatsache, dass Vorbeschäftigte in der Konkurrenz um einen sachgrundlos befristeten Arbeitsplatz gegenüber nicht Vorbeschäftigten regelmäßig den "Kürzeren" ziehen dürften und keine Anstellung erhalten, führt nach Meinung des BVerfG nicht zur Unzulässigkeit des Vorbeschäftigungsverbots. Vorbeschäftigte könnten in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen oder mit Sachgrund befristet beschäftigt werden.

Für nicht verfassungsgemäß hält das BVerfG allerdings die Rechtsprechung des BAG, wonach das Vorbeschäftigungsverbot zeitlich auf drei Jahre begrenzt sei. Das BAG sei an dieser Stelle mit seiner Interpretation des Gesetzes zu weit gegangen. Nach Ansicht des BVerfG dürfe das BAG seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen.

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