Befristete Arbeitsverhältnisse

Urteil zur Kettenbefristung



Alexander Janik ist Rechtsanwalt bei CMS in Deutschland. Er berät nationale und internationale Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht einschließlich der Prozessvertretung vor den Arbeitsgerichten.

BVerfG: Einschränkende Auslegung des Vorbeschäftigungsverbots

Das BVerfG erkennt an, dass ein zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot unzumutbar sein kann und es Fälle gibt, in denen eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses trotz Vorbeschäftigung ohne Sachgrund möglich sein muss. Das Vorbeschäftigungsverbot ist deshalb einschränkend auszulegen, wenn offensichtlich keine Gefahr einer "Kettenbefristung" besteht. Dann steht einer sachgrundlosen Befristung nichts entgegen. Eine Gefahr der Kettenbefristung ist nach dem BVerfG auszuschließen, wenn eine Vorbeschäftigung sehr weit zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

Am 6. Juni 2018 hat das Bundesverfassungsgericht ("BVerfG) entschieden, dass die Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne sachlichen Grund bei einer Vorbeschäftigung grundsätzlich nicht möglich ist.
Am 6. Juni 2018 hat das Bundesverfassungsgericht ("BVerfG) entschieden, dass die Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne sachlichen Grund bei einer Vorbeschäftigung grundsätzlich nicht möglich ist.
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Folgen für Arbeitgeber

- Entscheidung ist sofort zu beachten

Mit der Entscheidung des BVerfG gilt die Drei-Jahres-Grenze für sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse ab sofort nicht mehr. Arbeitgeber können damit den Arbeitsvertrag eines Bewerbers grundsätzlich nicht mehr sachgrundlos befristeten, wenn dieser zuvor bereits als Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt wurde.

- Ausnahmsweise sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung

Eine sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung kommt künftig nur noch ausnahmsweise in Betracht. Es genügt nicht mehr, dass Arbeitgeber eine Vorbeschäftigung innerhalb der letzten drei Jahre ausschließen. Vielmehr müssen Arbeitgeber künftig von ihren Bewerbern (wieder) abfragen, ob jemals zuvor ein Beschäftigungsverhältnis bestand. Wenn dies der Fall war, kommt eine sachgrundlose Befristung nur in Betracht, wenn die Vorbeschäftigung zum Beispiel während des Studiums als Werkstudent erfolgte und damit eine Kettenbefristung ausgeschlossen ist.

- Aktuelle sachgrundlose Befristungen überprüfen

Aktuell bestehende sachgrundlose Befristungen können in der Folge der Entscheidung des BVerfG unwirksam sein. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber von einer länger als drei Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung wusste oder nicht.

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Die Folge der Unwirksamkeit sachgrundloser Befristungen ist, dass diese als unbefristete Arbeitsverträge gelten (§ 16 S. 1 TzBfG). Dies gilt nur dann nicht, wenn im konkreten Einzelfall nach Maßgabe der nun ergangenen BVerfG-Entscheidung keine Gefahr der Kettenbefristung besteht. In einem solchen Fall, kann die Befristung "gerettet" werden. Gleiches gilt, wenn zwar die Gefahr der Kettenbefristung nicht ausgeschlossen werden kann, aber die Befristung auch durch Sachgründe gerechtfertigt ist. Insoweit kann eine sachgrundlose Befristung im Nachhinein noch in eine Befristung mit Sachgrund "umgedeutet" werden. Dies ist etwa denkbar, wenn der Arbeitnehmer als Elternzeitvertretung eingestellt wurde. Entscheidend ist aber, dass der entsprechende Sachgrund bei Vereinbarung der Befristung objektiv vorlag.

Handlungsbedarf für Arbeitgeber

Um das Risiko unbefristeter Arbeitsverhältnisse abschätzen und Handlungsoptionen definieren zu können, sollten Arbeitgeber ihre aktuellen sachgrundlosen Befristungen im Einzelnen prüfen. Bei künftigen Einstellungen auf der Basis befristeter Arbeitsverträge müssen Arbeitgeber sorgfältig abklopfen, ob der jeweilige Bewerber bereits jemals zuvor beschäftigt war. Wenn ja, kommt eine Befristung ohne Sachgrund nur noch in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Scheidet eine Befristung mit Sachgrund aus, weil ein solcher nicht vorliegt oder gefunden werden kann, bleibt Arbeitgebern lediglich die unbefristete Einstellung oder der Weg über eine Zeitarbeitsfirma. (oe)

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