US-Disti Bell läutet Deutschland-Einstieg ein

16.08.2001
Don Bell, CEO und President des amerikanischen Storage-Distributors, hat es unmissverständlich gesagt: "Wir werden in Europa expandieren!" Doch Deutschland scheint eine etwas härtere Nuss zu sein, als der Rest von Europa.

Bell Microproducts ist in Deutschland noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. In den USA hingegen ist der Disti ein Begriff. Mit dem Schwerpunkt Storage machte das Unternehmen rund 1,8 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2000. Im ersten Halbjahr 2001 wurden von Bell rund 991 Millionen Dollar umgesetzt. Dass Bell nach Europa strebt, zeigt sich schon länger. Nicht nur in den Präsentationen für die Anleger findet man immer wieder den Slogan "Expand Geographical". In Europa ist der Disti mit einigen Business-Zentren vertreten, seit dem ersten Quartal dieses Jahres auch in München. Dort führt bislang noch Claudia Hesse, ehemals C2000, als Europa-Managerin die Feder. Einen Geschäftsführer gibt es noch nicht. Gerüchte, dass Gregory Blepp, ehemaliger Cheyenne-Chef und Vice-President von Network Associates, diesen Posten übernehmen soll, haben sich nicht bestätigt. "Das war von Anfang an eine Ente", kommentiert dieser gegen-über ComputerPartner. Dennoch scheint ein Geschäftsführer dringend nötig zu sein, denn Frau Hesse war trotz mehrmaliger Anfragen seitens ComputerPartner zu beschäftigt für ein Gespräch.

Auch die jüngsten strategischen Partnerschaften sowie einige Akquisitionen der Amerikaner sind Anzeichen für die Europa-Pläne. Beispielsweise wurde erst im zweiten Quartal mit EMC ein Distributionsvertrag über den nordeu-ropäischen Vertrieb von deren Enterprise Storage Systems abgeschlossen, einschließlich der "Clariion"-Familie sowie deren SAN-Systeme. Mit der Akquisition von TTPG (Touch The Progress Group) hat Bell einen Fuß in der Distribution von IBMs "Enterprise Storage Systems"-Produkten für Zentral-Europa sowie Niederlassungen in Belgien, Deutschland und Österreich. Schon länger gehört der britische Storage-Disti Ideal Hardware als 100-prozentige Tochter zur Bell-Gemeinde. Auch hier will man expandieren. Auf der Website von Ideal Hardware finden sich Stellenangebote. Derzeit wird nur für Italien und Großbritannien gesucht, doch die insgesamt 40 Mitarbeiter sollen laut Ideal bis Ende 2001 auf 180 Mitarbeiter europaweit aufgestockt werden. Es sollen Niederlassungen in Deutsch- land, Frankreich, Spanien, Belgien und Schweden entstehen.

Wenn Bell kommt, dann mit "irrwitzigen Preisen"?

Ein Branchen-Insider will gehört haben, dass Bell den Markt hier zu Lande "aufmischen will" und zwar mit "irrwitzigen Angeboten". Die deutsche Disti-Landschaft zeigt sich derzeit noch relativ unbeeindruckt. Wenn es Pläne gäbe, sei der Storage-Disti kein wirklicher Konkurrent: "Da muss schon viel passieren, dass die auch nur ein Haar von uns bekommen", hört man aus dem Hause Computer 2000. Michael Kaack, Vorstandsvorsitzender von Ingram Macrotron, weiß von etwaigen Plänen. "Es hieß eine Zeit lang, Bell wolle hier in Deutschland jemanden aufkaufen. Dann hieß es wieder, sie wollten hier von Null anfangen", berichtet er.

Die Europa-Invasion muss noch etwas warten

Warum bislang noch nicht viel geschehen ist, könnte an den Zahlen des zweiten Quartals liegen. Denn obwohl der Storage-Disti im Vergleich zum zweiten Quartal des letzten Jahres mit rund 456 Millionen Dollar etwa 19 Prozent mehr Umsatz generieren konnte, musste er 1,7 Millionen Dollar Nettoverlust wegstecken. Nicht eingerechnet sind sechs Millionen Dollar, die das Unternehmen für so genannte Restrukturierungsmaßnahmen ausgegeben hat. Dazu gehört beispielsweise die Einstellung einiger Produktlinien. Außerdem wird ein Standort in den USA geschlossen und es werden etwa 27 Hersteller aus dem Produktportfolio des Distis geschmissen. Bell erwartet jedoch, dass sich die Lage in der nächsten Zeit stabilisiert. Don Bell, CEO und Präsident des Unternehmens, lässt dennoch nicht ab von seinem Vorhaben "Super-Storage-Disti in Deutschland"! "Wir werden in Europa expandieren - wenn auch in vermindertem Maße", prophezeit er.

www.bellmicro.com

www.ideal.co.uk

ComputerPartner-Meinung:

Dass Bell Microproducts in Deutschland mitmischen will, ist klar. Die Frage ist wann, denn große Sprünge kann Bell derzeit, wie alle anderen, nicht machen. Außerdem sollte sich Bell in Acht nehmen, denn der deutsche Markt funktioniert bekanntermaßen vollkommen anders als der amerikanische. (gn)

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