Verbot der Retouren-Vernichtung

Verband hält die Forderung der Grünen für Propaganda

Kommentar  12.06.2019
Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Das von den Grünen ins Spiel gebrachte gesetzliche Verbot der Retouren-Vernichtung stößt auf geteiltes Echo. Während Greenpeace diese „gängige Vernichtungspraxis“ anprangert, bringt die E-Commerce-Branche Fakten ins Spiel.

Eine sehr gute Analyse des "Amazon-Skandals" findet sich bei unseren Kollegen von t3n. Autor Jochen G. Fuchs findet hier klare Worte: "Der Skandal um die angebliche Vernichtung von zurückgesandten Neuwaren bei Amazon ist heuchlerisch, verlogen und entbehrt größtenteils einer sinnvollen Grundlage" - hier geht's zum kompletten Artikel bei t3n.

Auch Gero Furchheim, Präsident des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh), kritisiert die Forderung der Grünen: "Die Idee, die Zerstörung von Retouren gesetzlich zu verbieten, ist Unfug. Kein Unternehmen meiner Branche hat ein Interesse, wirtschaftlich sinnvoll verwertbare Ware wegzuwerfen oder zu vernichten."

In der Tat findet man in der von den Grünen herangezogenen Studie der Universität Bamberg heraus, dass lediglich rund vier Prozent der Retouren vernichtet werden müssen. Hier verweist der bevh-Chef etwa auf Artikel, die von Kunden zurückgeschickt werden dürfen, aber aufgrund von hygienischen, rechtlichen oder funktionalen Einschränkungen nicht weiter verwertbar sind, und daher auch nach dem Inkrafttreten eines gesetzliche Vernichtungsverbots entsorgt werden müssten. Hier ist zum Beispiel Unterwäsche gemeint, die im stationären Handel nicht ohne weiteres "anprobiert" werden darf, die man aber bequem online bestellen, danach zwei Wochen tragen und wieder zurückschicken kann.

Lesetipp: Retourenflut im Online-Handel wird zum Problem

Insoweit ist die Kritik an der Forderung der Grünen durchaus berechtigt. Statt sich auf das Feindbild "Amazon" zu fokussieren, sollten ernsthafte Umweltschützer an die Verbraucher appellieren. Warum sollten sie nicht auch einmal mit dem Fahrrad in die Innenstadt fahren und dort offline einkaufen? Und wenn die Kleidung gefällt und passt, können sie diese beim nächsten Mal auch gerne wieder online bestellen, dann ist ja eine Retoure gar nicht nötig.

Und wenn wir schon über den Ressourcen-Verbrauch sprechen: Warum fördern die Grünen nicht die stationären Second-Hand-Shops? Auch "gebrauchte" Waren können durchaus einen Wert darstellen. Stattdessen kommt immer wieder die Forderung, diese Artikel zu verschenken. Damit fördert man jedoch nicht den Einzelhandel.

Gero Furchheim, Präsident des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh): "Ökologisch sinnvolles Verhalten kann besser durch Anreize und Freiwilligkeit gestärkt werden. Dass die Gesetzeskeule oft nicht sinnvoll ist, haben die Grünen zuletzt bei der Diskussion um verpflichtende Veggie-Days gelernt. Genau so schnell wie dieser angedachte Regulierungswahn sollte auch der aktuelle Vorschlag wieder vom Tisch genommen werden."
Gero Furchheim, Präsident des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh): "Ökologisch sinnvolles Verhalten kann besser durch Anreize und Freiwilligkeit gestärkt werden. Dass die Gesetzeskeule oft nicht sinnvoll ist, haben die Grünen zuletzt bei der Diskussion um verpflichtende Veggie-Days gelernt. Genau so schnell wie dieser angedachte Regulierungswahn sollte auch der aktuelle Vorschlag wieder vom Tisch genommen werden."
Foto: Michael Gueth

Und wie wäre es mit der kompletten Befreiung der unter der Wegwerfmentalität leidenden Reparatur-Dienste von der Umsatzsteuer? Das wäre mal ein innovativer Vorschlag. Stattdessen fordern die Grünen ein gesetzlich verankertes Recht auf Reparatur - etwa für Elektrogeräte. Wie bitte ist das bei dem Fachkräftemangel hier zu Lande zu bewerkstelligen? Und wie bei den in Deutschland doch relativ hohen Handwerker-Stundenlöhnen finanziell abzubilden? Reparaturkurse für Endkunden im "do-it-yourself"-Verfahren anzubieten, könnte hier einen Ausweg darstellen. Dermaßen ausgebildete Verbraucher würden dann auch sicherlich weniger Retouren verursachen. (rw)

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