Verdächtiger Griff nach begehrten Millionen

08.11.2001
Das Geschäftsmodell hat zwar nicht funktioniert, doch Internetdienstleister Adori hat noch 56 Millionen Mark in der Kasse. Die wollen sich jetzt findige Manager auf Kosten der Kleinaktionäre holen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Das Geschäftskonzept des börsennotierten Internetdienstleisters Adori ist gescheitert. Mit dem Angebot von Webdesign, Software und Logistik für Online-Händler fuhr das Unternehmen mehr Verlust als Umsatz ein. Die angekündigte Neuausrichtung will die "Süddeutsche Zeitung" nun als "Griff nach der vollen Kasse" entlarvt haben: Die im Rahmen der Sanierung geplante Fusion mit dem Nürnberger TK-Netzanbieter Plan + Design Netcare (PDN) AG sei der Versuch einiger Herren, sich der 56 Millionen Mark zu bemächtigen, die seit dem Börsengang noch unangetastet in der Adori-Kasse schlummern.

PDN-Manager auf dem Vormarsch

Als Hauptdarsteller in dem vermeintlichen Wirtschaftskrimi wurde Thomas Knorr ausgemacht: Der Chef der Wagniskapitalgesellschaft Knorr Capital Partner (KCP) wird von der "SZ" verdächtigt, Strohmänner zu benutzen und sich durch Geschäfte mit Adori zu bereichern. Knorr Capital Partner hält eine Minderheitsbeteiligung von 15,8 Prozent an PDN.

Die geplante Fusion soll durch den Erwerb von Unternehmensanteilen erfolgen. Geplant sei, dass Adori bis zu 2,3 Millionen der PDN-Aktien übernimmt, berichtet die Süddeutsche. Der von PDN vorgeschlagene Preis liegt bei zehn Euro pro Papier. Somit müsste der Internetdienstleister umgerechnet 45 Millionen Mark und damit fast die gesamte Kasse opfern. Im Gegenzug werde man gerade ein Viertel der PDN-Anteile bekommen. Zudem kommt der Kaufpreis einigen Investoren verdächtig hoch vor: Der amerikanische PDN-Partner LCC habe noch im vergangenen Jahr für 15 Prozent der Anteile gerade mal 2,7 Millionen Dollar (damals etwa sechs Millionen Mark) bezahlt.

Zu wenig Aktien für zu viel Geld?

Dennoch dürfte der Widerstand im Kontrollgremium gering ausfallen: Die PDN-Manager werden die Mehrheit im Aufsichtsrat übernehmen, ähnlich sehe es im Vorstand aus, ist sich die "SZ" sicher. So habe Vobis-Gründer Theo Lieven seinen Adori-Anteil von 22 Prozent bereits an Konrad Keil, Gründer der PDN, verkauft. Adori-Firmengründer Stefan Kreidl - ebenfalls im Besitz eines 22-Prozent-Pakets - habe dem PDN-Hauptaktionär sein Stimmrecht übertragen. Ein Verkauf der Aktien soll folgen. Lieven legte sein Aufsichtsratsmandat von Adori inzwischen ebenso nieder wie Marketing-Experte Christoph Gottschalk. Ihre Nachfolger, Robert Straubinger und Peter Koll, kommen beide von der PDN. Inzwischen ist beim noch amtierenden Aufsichtsrat eine Beschlussvorlage eingegangen, bei der um die Zustimmung für "notwenige Sanierungsmaßnahmen, insbesondere den Erwerb von Unternehmensanteilen an der PDN AG" gebeten wird. Außerdem sollen Adori-Gründer Kreidl und sein Kollege Paul Smyth als Vorstände abberufen und von den Beratern Stefan Fiebach und Andreas Kornowsk abgelöst werden. Beide waren laut "SZ" maßgeblich am Sanierungsplan beteiligt und entstammen dem KCP-Dunstkreis.

Knorr zieht angeblich die Fäden im Hintergrund

Dem Bericht zufolge vermuten einige der Finanzinvestoren nun ein so genanntes "Überkreuzgeschäft": Keil könne die von Kreidl und Lieven gekauften Aktienpakete nämlich erst bezahlen, wenn auch die PDN-Papiere - und somit die Millionen des Internetdienstleisters - den Besitzer gewechselt hätten. Thomas Knorr taucht als Drahtzieher im Hintergrund auf: "Keil handelt im Auftrag von Knorr", so ein Aktionär gegenüber der "SZ". "Ich glaube nicht, dass Keil über die finanziellen Mittel verfügt, um die Adori-Pakete zu kaufen". Dafür spreche auch, dass Knorr für Keil gebürgt habe, um den Verkauf von Lievens 22-Prozent-Paket zu unterstützen. Sollte er seine PDN-Aktien im Rahmen der Fusion verkaufen, würde er für seine Wagniskapitalgesellschaft vermutlich einen zweistelligen Millionengewinn einfahren. (mf)

www.adori.de

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