Verkaufsabschluss: Die richtigen Fragen sind das A und O

30.09.1999

MANNHEIM: Die Bedürfnisse des Kunden sind erfragt und erfahren. Der Nutzen der Ware wurde ihm aufgezeigt und eine gute Beziehungsebene hergestellt. Jetzt müßte die entscheidende Frage kommen: "Sind wir im Geschäft?" Wäre da nicht oft dieser Hemmschuh, die letzte Hürde zu nehmen, hat Helmut Seßler* festgestellt.Seit einer guten Stunde erklärt der Verkäufer einem interessierten Kunden das Für und Wider einer bestimmten Computerinstallation. Und reibt sich innerlich schon die Hände, denn der Kunde nickt und lächelt unentwegt. "Den Abschluß habe ich in der Tasche", denkt er sich. Doch er irrt. Immer noch lächelnd und nickend verläßt der Kunde den Laden, weil er "die Sache noch überdenken möchte". Zurück bleibt ein verdutzter Verkäufer. Was hat er falsch gemacht?

Jeder möchte anerkannt werden und ein "Ja" hören. Doch nur allzu oft handelt es sich bei einer solchen Zustimmung um das "japanische Ja": nämlich das dort oft mit Nicken oder "hai" verdeutlichte "Ja, ich habe Sie verstanden und weiß, was Sie meinen. Ich werde darüber nachdenken.". Leider gehen viele Berater aber schon bei diesem "Ja" davon aus, daß ihr Kunde gekauft hat, und verpassen so gute Verkaufschancen.

Manchmal sagt ein Kunde auch nur: "Ja, wir machen es so", meint aber in Wirklichkeit ein "Nein", weil er im Moment den Verkäufer nicht enttäuschen oder verletzen will. Er geht heim und ruft am nächsten Tag an - mit dem Bedauern, daß er es sich doch anders überlegt hat.

"Gedankliche Fehlberatungen" verhindern

Hinzu kommt: Oftmals scheut sich der Verkäufer schlicht vor der Abschlußfrage, weil er fürchtet, der Kunde könne sich im nachhinein beschweren. Nach dem Motto: "Was haben Sie mir da nur verkauft?" Wenn der Berater, ob Angestellter oder der Firmeninhaber selbst, sich aber mit seinem Produkt, seinem Unternehmen, seiner Tätigkeit, aber auch mit seinem Kunden ganz und gar identifiziert, wird ihm so ein Gedanke kaum in den Sinn kommen.

"Gedankliche Fehlberatungen" entstehen meistens dadurch, daß man sich nicht ausreichend nach den Motiven und Bedürfnissen des Kunden erkundigt. Gekonnt abzuschließen bedeutet, im Vorfeld die richtigen Fragen zu stellen. Und: Einer empfiehlt dem Kunden immer etwas! Einer verkauft immer! Denn irgendwo schließt der Kunde seine Geschäfte ab. Es liegt in der Hand des Beraters, ob der Kunde bei ihm abschließt.

Fragen sind das A und O einer Beratung

Immer wieder stellt sich die Frage, warum so viele Berater ihre Kunden nicht fragen, ob sie jetzt und hier abschließen wollen. Das Gespräch läuft hervorragend, der Kunde ist zufrieden, es wurde eine gute Beziehung aufgebaut, der Kunde will und braucht das Produkt - was kann jetzt schlimmstenfalls noch passieren? Höchstens, daß der Kunde nicht abschließt, daß er nochmals darüber nachdenken möchte.

Dem Kunden geben, was der Kunde will

Doch wenn er diese Einwände im Gespräch äußert, besteht die Chance, ihn zu fragen, was noch unklar ist, und damit die Möglichkeit, ihm eventuelle Zweifel und Ängste zu nehmen. Die Frage nach dem Abschluß ist eine Frage wie jede andere auch. Die Antwort ist entweder ein Ja - und wenn sie ein Nein ist, sollte das als Chance gesehen werden.

Abschlußsicherheit und ein zufriedener Kunde nach der Unterschrift werden nicht durch eine besonders ausgefeilte Abschlußmethode erreicht, sondern durch die gute Beziehung, die zum Kunden aufgebaut wurde. Das bedeutet, der Kunde muß sich wohl fühlen, Vertrauen haben und seinem Gegenüber glauben. Dann muß nichts "verschachert" werden, sondern der Kunde will kaufen. Was er allerdings nur dann kann, wenn ihm auch die Möglichkeit geboten wird, wenn er danach gefragt wird.

Zuwenig ist es, ein Berater zu sein, der nur anbietet und dann fragt, ob er vielleicht einen Abschluß erhält. Der Berater wird statt dessen ganz gezielt als Beziehungsmanager den Kunden zum Abschluß führen, ihm das geben, was er möchte.

Entscheidungshilfe kontra Gewissenskonfikt

Jeder hat sicher schon einmal etwas Teures gekauft, und es gab immer Gründe, die dafür sprachen und solche, die dagegen sprachen. Dennoch wurde eine Entscheidung getroffen, manchmal selbst dann, wenn genügend Gründe dagegen sprachen. Das ist dann eine echte Herausforderung für den Verkäufer. Gemeinsam mit den Kunden die Für und Wider zu besprechen ist überhaupt nicht schlimm, sondern eher dienlich. Die Beziehung zum Kunden wird dadurch noch mehr gestärkt und ein ehrliches Vertrauensverhältnis hergestellt.

Der Ablauf eines solchen Gespräches könnte am Ende der Präsentation wie folgt lauten: "Ich möchte gerne unser Gespräch noch einmal zusammenfassen." Auf einem leeren Blatt Papier wird ein T-Konto gezeichnet mit einer Soll- und einer Habenspalte. Die linke Seite wird mit minus (Nachteile), die rechte mit plus (Vorteile) gekennzeichnet. Zunächst werden gemeinsam mit dem Kunden die Nachteile zusammengestellt. Erst wenn diese Auflistung komplett ist, wird die Habenseite mit allen Argumenten, die ihm Vorteile bringen, gefüllt.

Soll und Haben abwägen

Am Ende wird gemeinsam mit dem Kunden geprüft, welche Seite des T-Kontos schwerer wiegt beziehungsweise welcher Seite mehr Bedeutung zugemessen wird. Entscheidet er sich nun für die Habenseite, dann genügt es, festzustellen, daß der Vertrag auch so ausfallen wird. Kunde und Berater haben sich zum Abschluß entschieden.

Beachtet werden sollte, daß die Soll-seite nicht zu wuchtig wird, die Nachteile zusammengefaßt, kompakt und möglichst nur in einem Wort dargestellt werden, während die Haben-seite nutzenorientiert präsentiert wird. Sollte der Kunde bei seiner Entscheidung doch noch Zweifel und Fragen haben, kann er diese offen anbringen und der Berater hat die Chance, diese auszuräumen und zu beantworten. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß der Kunde seine getroffene Entscheidung auch so akzeptiert, wie es besprochen wurde, und der Berater kann diese Entscheidung guten Gewissens vertreten. Er kann zu seinen Produkt oder seiner Dienstleistung stehen, weil er sie dem Kunden nicht "aufs Auge gedrückt" hat.

Den Kunden in seiner Entscheidung bestärken

Nachdem eine Entscheidung getroffen wurde, ist es wichtig, daß jemand da ist, der bestätigt, daß die richtige Entscheidung getroffen wurde. Beim Kauf eines Haushaltsgerätes ist es zum Beispiel dieser kleine Zettel, der oben auf der Verpackung liegt und zum Kauf beglückwünscht. Auch der Berater sollte seinen Kunden zu seiner richtigen Entscheidung beglückwünschen. Ein kurzes Aufzählen der Vorteile werden ihn in seiner Entscheidung bestärken.

Da es für beide Seiten ein gutes Gespräch war, kann der Berater doch gleich die Gunst der Stunde nutzen und seinen Kunden fragen, ob und wie er mit der Beratung zufrieden war. Jeder sollte sich selbst auch etwas Lob und Anerkennung gönnen und vom Kunden formulieren lassen. Ein Dank für das gute und interessante Gespräch, die Versicherung, gerne wieder Geschäfte mit ihm machen zu wollen und die Frage nach einer möglichen Empfehlung stehen am Ende dieses Tages.

Die einfachste und sinnvollste Möglichkeit, ein Beratungsgespräch positiv zum Abschluß zu bringen, ist die, mit dem Kunden und nicht gegen ihn abzuschließen. Am Ende der Angebotspräsentation soll dem Kunden bei seiner Entscheidung geholfen werden, alle Fragen müssen geklärt und alle Einwände ausgeräumt sein. Wenn der Kunde das Angebot genau verstanden hat - dann fragt man nicht, ob er es noch einmal überdenken möchte, sondern er wird mit ins Boot genommen, um gemeinsam durchs Ziel zu rudern.

*Helmut Seßler ist geschäftsführender Gesellschafter des Intem-Institutes für Trainerentwicklung und Methodenforschung und der Trainergruppe Seßler & Partner GmbH in Mannheim.

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