Verstehen, was die Kunden wollen

18.12.2006
Tech Data hat sich laut Zentraleuropa-Chef Dr. Thomas Huber stabilisiert. Welche Ziele für 2007 anstehen und was den Wettbewerbern passieren kann, wenn sie Tech Data angreifen, darüber sprach Huber mit den ChannelPartner-Redakteuren Damian Sicking und Beate Wöhe.

2006 ist so gut wie zu Ende. Wie war das Jahr für Tech Data?

Thomas Huber: Unter dem Strich waren wir in Zentraleuropa sehr erfolgreich und haben unsere Vorgaben in überwiegendem Maße erfüllt. Einige Dinge haben wir aber auch nicht ganz erreicht.

Können Sie das präzisieren?

Huber: Polen und Tschechien waren überaus erfolgreich und machen Lust auf mehr. In Österreich sind wir sowohl mit dem Zuwachs des Marktanteils als auch damit, wohin sich der Markt entwickelt, sehr zufrieden. Das Geschäft in der Schweiz war, wie man im amerikanischen Sprachgebrauch sagt, okay. Hieraus hören Sie bereits, dass wir das eine oder andere hätten besser machen können. Und in Deutschland sind wir mit beiden Vertriebsschienen sowie mit der Logistikumstellung sehr zufrieden.

In den vergangenen drei Monaten mussten Tech Data und einige andere Distributoren aufgrund der Logistikprobleme bei Ingram Micro einiges auffangen. Konnten Sie dieses Mehraufkommen bewerkstelligen?

Huber: Ich verstehe das Wort "müssen" nicht. Wir haben es gerne gemacht.

Trotzdem ist dieser Mehraufwand on top zum Jahresend-geschäft relativ überraschend gekommen.

Huber: Das stimmt. In der Massivität waren wir nicht darauf vorbereitet. Wir hatten saisonal bedingt bereits Vorkehrungen getroffen und zusätzlichen Frachtraum angemietet. Natürlich gibt es auch Tage, an denen wir noch das eine oder andere Stündchen anhängen müssen, um innerhalb der zugesagten Frist ausliefern zu können.

Das Tech-Data-Highlight in diesem Jahr war wohl der Logistikumzug nach Bor.

Huber: Ja, aber ich würde auch noch gerne ein zweites Highlight nennen. Wir sind im Know-how rund um die Vertriebsmannschaft von Klaus Schlichtherle ein gutes Stück weitergekommen.

Was meinen Sie damit?

Huber: Wir verstehen viel besser als noch vor einigen Jahren, was die Kunden und auch die Hersteller von uns wollen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Nicht immer können wir das, was man von uns erwartet, schon erfüllen, aber wir wissen zumindest, in welche Richtung wir marschieren müssen. Hier haben Klaus Schlichtherle und sein Team ein gutes Stück Arbeit geleistet.

Welche Ziele haben Sie sich für 2007 gesetzt?

Huber: Stabilisation und Wachstum. Wir bauen eine stabile, langfristig orientierte Organisation auf, die den Markt genau kennt. Unser Ziel ist es, ganz nah an Kunden und Herstellern zu sein und dann zu versuchen, die Brücke zwischen Kundenwünschen und Herstelleranforderungen bestmöglich zu bauen. Prinzipiell wollen wir profitableres Wachstum über dem Markt generieren - nicht unbedingt zweistellig. Dieses Wachstum werden wir vor allem im Mittelstand erreichen.

Heißt das, dass Tech Data jetzt bereits vorhandene CRM-Tools mehr nutzt als bisher?

Huber: Ja, aber wir haben jetzt auch die Zeit und die richtigen Mitarbeiter dafür. Wir sind nun in einem Stadium, mit den Tools, die vielleicht schon seit Jahren existieren, richtig umzugehen.

Gehört zu profitablem Wachstum in der Broadline-Distribution auch eine Bereinigung des Produktsortiments, um dadurch Schwerpunkte zu setzen?

Huber: Es ist wichtig, dass wir lernen zu verstehen, dass ein Produktsortiment nicht statisch ist. Diese lernende Organisation müssen wir zusammen mit Herstellern und Kunden entwickeln.

Tech Data hat sich in der Vergangenheit lange mit sich selbst beschäftigt. Aus Ihren Aussagen hört man heraus, dass sich das wohl geändert hat.

Huber: Das ist richtig. Wir waren zu stark nach innen orientiert. Erst jetzt können wir die Mitarbeiter entsprechend entwickeln. Damit haben wir etwa Mitte dieses Jahres begonnen, unter anderem durch massive Schulungen. Zusätzlich haben wir länderübergreifendes Know-how-Management eingeführt, indem sich die Länder gegenseitig bei bestimmten Fragestellungen unterstützen. Ich denke, dadurch können wir uns in der Zukunft von anderen unterscheiden.

Unsere diesjährige Händlerbefragung Channel Champions ergab, dass Tech Data in fast allen Kriterien bei der Broadline- Distribution auf Platz drei liegt. Tech Data oder auch damals Computer 2000 war um die Jahrtausendwende auch schon mal auf Platz eins. Mit Platz drei werden Sie aber nicht zufrieden sein ...

Huber: Richtig, das ist nicht der Platz, auf dem wir uns ausruhen werden. Solche Analysen sind schmerzhaft, aber sie halten uns den Spiegel vor. Nur die Tatsache, dass wir jetzt stabil sind, der Geschäftsführer und das mittlere Management über zwei Jahre dabei sind, reicht nicht, um auf Platz zwei oder wieder auf Platz eins zurückzukommen. Wir haben hier noch ein Stück Weg vor uns. Wir müssen auch all die Wunden, die wir den Kunden und Herstellern über die Jahre zugefügt haben, heilen. Heilen heißt in dem Zusammenhang, über einen längeren Zeitraum Stabilität zu zeigen.

Im Segment VAD haben Wettbewerber wie Also und Ingram Initiativen gestartet. Was setzen Sie dem entgegen?

Huber: Wir können eine zufriedenstellendere Nähe zu Kunden und Händlern dagegensetzen. Wir werden uns auch durch unmotivierte Preisattacken nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wachstum in diesem Bereich funktioniert nur über Verdrängungswettbewerb. Wenn jemand denkt, dass er mit dem Ziel, nachher besser dazustehen als vorher, in diesem Bereich wachsen will, biete ich ganz offiziell an, einen Scheck auszustellen. Er kann sein Unternehmen verkaufen, steht nachher auch besser da als vorher, und wir alle ersparen uns diesen mühsamen Prozess der nächsten Quartale.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, ausländische Hersteller nach Deutschland zu holen, um im VAD-Segment zu wachsen.

Huber: Das ist eine Möglichkeit, die ich nicht ausschließe. Tatsache ist aber, dass immer der Marktverteidiger verliert, und wir sind mit Azlan Marktführer. Aber wir haben ein noch größeres Broadline- Geschäft. Und jeden, der versucht, uns bei Azlan anzugreifen, werden wir an anderer Stelle angreifen. Und dort tut es noch mehr weh. Wir sollten die Mitarbeiter nicht vergessen, die in diesem Spiel hin- und hergeschoben werden.

Der neue Tech-Data-CEO Robert Dutkowsky hat vergangene Woche die deutsche Niederlassung besucht. Mit welcher Botschaft?

Huber: Er sieht, dass wir uns in der Endstufe eines schmerzhaften Prozesses befinden, der in die richtige Richtung geht. Und dass wir stolz und zuversichtlich sein sollen, was unsere Zukunft angeht. Dutkowsky ist in seiner Ausdrucksweise extrem amerikanisch - andererseits auch extrem unamerikanisch, da er auch stark im Detail verhaftet ist. Obwohl er erst seit zwei Monaten CEO von Tech Data ist, hat man in seinem heutigen Besuch bereits seine persönliche Handschrift gesehen.

Welche Handschrift trägt ein Manager, der bisher noch nie in der Distribution tätig war?

Huber: Die Frage ist, ob jemand in seiner Position 20 Jahre Distributionserfahrung haben muss. Für mich persönlich habe ich mitgenommen, dass er internationale Erfahrung hat und die überwiegende Zeit außerhalb von Amerika verbracht hat. Er ist sich des Wertes der Mitarbeiter absolut bewusst, hat aber auch klar zum Ausdruck gebracht, dass unser A und O trotzdem die tägliche Umsetzung höchster Qualität unserer Dienstleistung ist. Er persönlich sieht eine sehr große Zukunft für die Distribution. Mit wenigen Ausnahmen werden unsere Industrie und das Zusammenspiel zwischen Herstellern und Distributoren in den USA geprägt, und Dutkowsky glaubt, dass alle Hersteller mehr oder weniger rasch noch mehr auf die Distribution zukommen werden.

Das komplette Interview können Sie auf www.channelpartner.de/ distributionlogistik lesen.

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