Viele Grossisten wollen Hannover im nächsten Jahr fernbleiben

08.12.1999

MÜNCHEN/HANNOVER: Die Deutsche Messe AG hat sich mit ihrem Plan, auf der Cebit 2000 alle Distributoren in Halle 10 unterzubringen, keine Freunde gemacht. Diese Halle, so der Tenor der Großhändler, sei unzumutbar. Als Konsequenz bleiben viele Distis der Cebit fern. Händler und Hersteller sehen diese Entscheidung mit gemischten Gefühlen.Die Wut unter den Distributoren ist groß: "Die Deutsche Messe AG kann viel erzählen. Für uns ist es offensichtlich, daß sie uns von der Cebit verdrängen will", macht ein Distributor aus dem süddeutschen Raum seinem Ärger Luft. Udo Fußbroich, Leiter Marketing Kommunikation der Computer 2000 GmbH, ist vor allem von der Art und Weise, wie die Messe dieses Vorhaben handhabt, enttäuscht: "Es wurden zwar Anregungen von uns eingeholt, die dann aber nicht berücksichtigt wurden." Und Helga Herböck, die bei Macrotron den Bereich Marketing Communications verantwortet, meint: "Die Messemacher der Cebit haben nicht erkannt, welche Marktstellung ein Distributor hat."

Was den Unmut der Großhändler schürt, ist die Architektur der Halle 10, in der bisher die "Weltlichtschau" beheimatet war. Fünfstöckig und mit einer Deckenhöhe, die keine zweigeschossigen Messestände zuläßt, entspricht sie nicht den Vorstellungen der Distributoren. "Ich bin extra nach Hannover gefahren und habe mir die Halle wohlwollend angeschaut. Aber das ist wirklich nicht zumutbar", erzählt P&T-Marketingchefin Anke Kugies. "Kein Mensch besucht Messestände in der dritten oder vierten Etage. Dadurch fehlt jeglicher Besucherverkehr", bestätigt Fußbroich.

Die Reaktion der Distributoren auf den Plan der Messe AG ließ nicht lange auf sich warten. Einhellige Meinung der Broadliner: "Halle 10 kommt für uns nicht in Frage." Da aber die Messeleitung ihr Vorhaben rigoros durchziehen will, trudeln jetzt die ersten Absagen ein: Computer 2000 wird nur mit einem alternativen Konzept anreisen. Macrotron wird lediglich als PC-Hersteller seiner Eigenmarke auftreten, genau wie Peacock und Actebis. Und auch CHS denkt über die Möglichkeit nach, seine Eigenmarke zu präsentieren.

Nur Eigenprodukte sind erlaubt

Gar nicht mehr präsent wird P&T Computer aus Linden sein. "Die Cebit war immer mit einem riesigen finanziellen und personellen Aufwand verbunden. Den sparen wir uns jetzt und veranstalten statt dessen unsere Hausmesse ,Powerdays', vielleicht sogar zweimal im Jahr", erklärt Marketingleiterin Kugies.

Andere Distributoren hoffen noch auf ihre bisherigen Standplätze. "Wir haben unseren alten Platz wieder beantragt und bisher keinen negativen Bescheid bekommen. In Halle 10 gehen wir aber auch nicht", berichtet Erwin Leichter, Marketingleiter bei Adiva in Bad Homburg. Auch die More Computer AG aus Berlin will an ihrer bisherigen Standfläche festhalten. "In Halle 10 gehen wir nur, wenn die anderen Distributoren dort ausstellen", sagt Marketingchef Christoff Wiethoff. Ob das aber klappt, bleibt abzuwarten. Nach Auskunft von Sprecherin Gabriele Dörries nämlich, darf kein Distributor außerhalb der Halle 10 ausstellen. Ausgenommen seien Distis mit einem eigenen Produkt. "Wenn wir jetzt dieses Konzept schon einmal haben, müssen wir es auch durchziehen", erklärt sie unmißverständlich. Im übrigen kann sie die Argumente der Distributoren nicht ganz verstehen. "Die Halle 10 wird bis zur Cebit für 16 Millionen Mark renoviert", so Dörries. Geplant sei auch, erstmalig Außenwerbung an der Halle zuzulassen. Und: "Es passen zwar tatsächlich keine zweistöckigen Messestände in die Halle. Dafür aber können die Aussteller eine größere Fläche bekommen und ihre Stände stehen lassen", lautet das Angebot der Messeleitung.

Für die Fachhändlerschaft wäre das Ausbleiben der Distis "eine Katastrophe", wie es ein Fachhändler aus Hessen formuliert. Dieser Meinung ist auch Harald Lorch, Produktmanager im Systemhaus Bechtle: "Der Besuch beim Distributor ist für uns sehr wichtig, da es die einzige Möglichkeit ist, persönlichen Kontakt aufzunehmen." Außerdem werde die Cebit gern als zentrale Anlaufstelle genutzt.

Etwas anders beurteilt Margot Lehmair, Bereichsleiterin Computer beim Münchner Schulz Bürozentrum, das Ausbleiben der Großhändler. "Auf der Cebit bekommt man keine Infos, und verhandeln kann man schon gar nicht. Zudem kostet uns die Teilnahme sehr viel Geld und Zeit." Das findet auch Michael Dettmer, Inhaber des Computershop Ottobrunn. "Die Cebit ist eine reine Marketingveranstaltung. Die Informationen besorge ich mir ohnehin woanders."

Neben dem Fachhandel sind auch die Hersteller irritiert über das Vorgehen der Deutschen Messe AG. "Eine Cebit ohne Distis ist wie ein Auto ohne Reifen", meint Peter Löhr, Vertriebsleiter Distribution bei Lexmark. "Aber auch für uns wäre es schade, wenn die Distribution wegbliebe. Dann müßten wir uns überlegen, wie wir diese anderweitig unterstützen", so Löhr. Das sieht auch Erwin Zimmermann, Channel-Marketing-Manager bei Hewlett-Packard, so. "Wir schauen zwar selbst auf eine optimale Positionierung von HP auf Messen. Dennoch finden wir es schade, daß wichtige Marktteilnehmer kein Gehör bei der Messeleitung finden." (sn)

Bleiben die Distributoren standhaft, wird die Halle 10 nicht wie von der Messeleitung vorgesehen zum Händlertreff auf der Cebit werden.

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