Virusexperte McAfee schluckt Snifferexperten Network General

24.10.1997

MÜNCHEN: Rund 1,3 Milliarden Dollar und den Namen McAfee kostet PC-Netzwerker und Virusexperten McAfee die Übernahme des Sicherheitsspezialisten Network General. Unter dem neuen Namen Network Associates will das Unternehmen die PC-Nische verlassen und im Konzert der Anbieter von Netzwerktools und Managementsoftware eine laute eigene Melodie spielen.

In PC-Kreisen ist McAfee dank seiner Virenschutzsoftware eine feste Größe. Doch der kalifornische Softwarehersteller hat seit geraumer Zeit weitere und weitaus anspruchsvollere Administrations- und Sicherheitstools für PC-Netze in seinem Programm. Mit diesen können beispielsweise Virenschutz, Firewall, Help Desk und Bestandsmanagement von PC-Netzen betrieben werden. Damit konkurrieren die Netzwerker, deren weltweiter Umsatz innerhalb von vier Jahren von 20 Millionen Dollar auf zirka 181 Millionen Dollar im Jahr 1996 (Stichtag: 31. Dezember 1996) anwuchs und die derzeit zirka 700 Mitarbeiter beschäftigen, gegen Hersteller wie 3Com, Intel, Novell oder Symantec. Mit dem erklärten Ziel, auch in Sachen Administration von PC-LANs eine ebenbürtige Größe zu werden.

Was Netzwerksoftware zur Fehlerbehandlung, Performance-Analyse und Geräteverwaltung angeht, stellt Network General mit zirka 40 Prozent Marktanteil und dem Produkt Sniffer eine feste Größe dar. Allerdings sind die Kalifornier, mit 900 Mitarbeitern und einem Umsatz von zirka 241 Millionen Dollar (Stichtag: 31. März 1997) hauptsächlich in heterogenen Umgebungen tätig und damit in Unternehmen, deren Größenordnung bei 1.000 Benutzer und mehr liegen und für die Analysetools für ihre Netzwerke unverzichtbar sind.

Infolgedessen stellen auch die Vertriebswege der beiden Unternehmen ein getreues Abbild ihrer Kunden dar: McAfee vertreibt seine Software für kleinere und mittlere Unternehmen indirekt über Distributoren und Partner, während Network General direkt oder über Systemintegratoren, wie hierzulande etwa Annixter, Controlware, DEC oder Siemens, seine Produkte vor allem an Großunternehmen verkauft. Die Fusion der beiden Softwarehersteller zu Network Associates bringt deshalb zwei konträr ausgerichtete Vertriebsmannschaften zusammen.

"Wir sind nicht mehr taktischer, sondern strategischer Partner bei Kunden"

Für McAfee-Geschäftsführer Michael Struss stellt sich das

Problem der verschiedenen Vertriebswege derzeit als sekundär dar. "Wir haben ein zweistufiges Vertriebskonzept. Daran werden wir festhalten", erklärt er gegenüber ComputerPartner.

Allerdings, so der Geschäftsführer, werde unternehmensintern über die künftige Vertriebsstrategie nachgedacht. "Doch bis dahin bleibt alles so, wie es ist", versichert Struss. So kann er auch nicht ausschließen, ob bei komplexen Produkten nicht ähnlich wie bei Network General auch Systemintegratoren, wie zum Beispiel debis, eds oder Compunet, zum Zuge kommen. "Komplexe Produkte können nicht über Broadline-Distributoren verkauft werden", ist sich der Manager sicher.

An erster Stelle rangiert bei ihm die Überzeugung, mit der Fusion, die vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre mittels Aktientausch im Verhältnis 1 : 1 erfolgt, bei Unternehmen eine neue, nämlich "strategische Position als Softwareanbieter" einnehmen zu können. Denn er rechnet damit, daß seinem Unternehmen mit dem Kauf von Network General der Zugang zu großen Unternehmen eröffnet wird. "Wir sind jetzt das zehntgrößte unabhängige Softwareunternehmen im PC-Bereich. Aber der zehnte Platz ist noch nicht gut genug", lehnt sich Struss aus dem Fenster.

Konkret heißt das: MCAfee wird die Sniffersoftware in seine Netzwerkadministrationssoftware integrieren und zum Beispiel unter dem Namen NetTools ein komplettes Enterprise-Managementapplikationspaket anbieten. Zugleich denkt man in den USA darüber nach, den bisher vernachlässigten Consulting-Bereich für die Software aufzubauen. Und außerdem will man die bereits bestehende Zusammenarbeit mit HPs Systemmanagementtool Openview und IBMs Tivoliabteilung intensivieren.

Denn das neue Unternehmen will nicht nur auf der Intel-Schiene gut fahren, sondern auch die notwendige Anbindung an Unix-Netze erreichen. (wl)

Mit dem Kauf von Network General und der Umfirmierung in Network Associates will McAfee endgültig das Image des Anbieters von Antivirensoftware loswerden.

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