Vobis/Maxdata/Peacock-Gruppe steht vor umfassender Reorganisation

02.06.1998

WÜRSELEN/MARL/WÜNNENBERG-HAAREN: Aufgrund der problematischen Konjunkturlage und des zunehmenden Wettbewerbs durch branchenfremde Anbieter steht Vobis-Chef Dr. Gert Hügler unter akutem Handlungsdruck. Er muß die Blutung auf der Ertragsseite stillen und gleichzeitig die Erosion des Umsatzes stoppen. Helfen soll ihm dabei auch die Tochter Maxdata in Marl.Für 230 der 630 Maxdata-Mitarbeiter fing das Jahr 1998 überhaupt nicht gut an. Zwei Wochen nachdem Unternehmenschef Holger Lampatz in einem Rundschreiben noch die erreichte Mitgliedschaft im "Club der Umsatzmilliardäre" feierte und auf das neue Jahr "ohne Angst vor der Zukunft" anstieß, mußten die entsetzten Mitarbeiter erfahren, daß die PC-Fertigung (Artist) nach Würselen verlegt wird und ihre Arbeitsplätze in Marl damit wegfallen werden. Das war ein Schock.

Gerüchte sehen Vobis in den roten Zahlen

Verständnis für diese Entscheidung hatten die wenigsten der Betroffenen. Denn Maxdata geht es gut. Die Zahlen sind hervorragend. Nicht nur in bezug auf den Umsatz konnte Firmenchef Maxdata eine Punktlandung melden (vgl. ComputerPartner Nr. 1/98, Seite 1). Auch die Ertragsentwicklung war im letzten Jahr überaus erfreulich. So erfreulich, daß Lampatz gegenüber ComputerPartner erklärte, er werde in Zukunft keine Gewinnzahlen mehr veröffentlichen, um keinen Neid aufkommen zu lassen.

Das Problemkind in dem Vobis/Maxdata/Peacock heißt auch nicht Maxdata. Es heißt auch nicht Peacock. Den wenn man den Aussagen des Managements glauben will, dann hat der ostwestfälische Distributor im Rumpfgeschäftsjahr 1997 (Juni bis Dezember) sogar mit einem Gewinn von ein bis zwei Millionen Mark abgeschlossen. Nein, Sorgen bereitet den Controllern und Strategen in der Metro-Zentrale, der Muttergesellschaft des Triumvirats, der PC-Discounter Vobis.

Die Geschäftszahlen des Jahres 1997 waren für die Aachener alles andere als zum Totlachen. Zwar hält Unternehmenschef Dr. Gert Hügler die Zahlen sorgfältig unter Verschluß, Brancheninsider sprechen aber von einem bis zu 20-prozentigen Umsatzrückgang und einem Verlust in zweistelliger Millionenhöhe. Offensichtlich hat die Neupositionierung in Richtung eines "PC-Discounters mit Fachhandelsqualität" (vgl. ComputerPartner Nr. 15/97, Seite 8 und 10) noch nicht die entscheidende Wende gebracht.

Auch für 1998 rechnet Hügler mit einem "schwierigen Jahr". Nicht nur aus dem Grund, daß die Taschen vieler Verbraucher noch immer zugenäht sind, sondern auch aufgrund der zunehmenden Konkurrenz der Lebensmitteldiscounter wie Aldi und Lidl, die mit spektakulären Aktionen und Kampfpreisen einen wachsenden Teil der Kundennachfrage absaugen (vgl. hierzu auch den Beitrag "Aldi & Co. bauen Nonfood-Bereich aus" auf Seite 13).

Kurzum: Der Vobis-Vorstand steht unter akuten Handlungsdruck. Mit der Konzentrierung der PC-Fertigung für Vobis, Maxdata und Peacock in der Vobis-Anlage in Würselen ist der erste Schritt getan, die Ressourcen zu bündeln und damit Synergien zu schaffen und naürlich die Kosten zu senken. Logisch daher auch, daß Maxdata-Mitgeschäftsführer Joachim Gut, der in Marl für Einkauf, Technik und Produktion zuständig war, nach Würselen als Vorstandsmitglied wechselte (aber gleichzeitig Geschäftsfüher bei Maxdata bleibt). Gut genießt in der Branche einen exzellenten Ruf als Komponenteneinkäufer.

Interessant in diesem Zusammenhang: Fast gleichzeitig mit dem Wechsel von Gut zu Vobis packte der bisherige Vobis-Finanzchef Joachim von Buttlar seine Koffer und siedelte nach Marl um, um sie bei Maxdata als neuer Geschäftsführer Finanzen wieder auszupacken. Er ersetzt dort den bisherigen Finanzgeschäftsführer Dr. Martin Fischer, der bereits vor einiger Zeit von Bord ging.

Derzeit sind die Maxdata-Verantwortlichen vor allem damit beschäftigt, die besorgten Fachhändler zu beruhigen. "Wir haben 1997 hier in Marl rund 240.000 Artist-PCs gefertigt und sind damit an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen. Wir hätten also in jedem Fall in eine Erweiterung unserer Anlage investieren müssen. Da Vobis aber über die fünffache Kapazität verfügt, ist es logisch, dort zu investieren. Zumal in Würselen die Produktionskosten günstiger sind, was natürlich einen positiven Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Produkte hat. Die Qualität der Artist-PCs wird, das versprechen wir unseren Händlern, weiterhin genauso gut sein wie bisher. Jeder zehnte Rechner wird über die standardmäßige Endabnahme hinaus von unseren Leuten noch einmal genau unter die Lupe genommen", versichert Unternehmenssprecher Stefan Gut. Der Versand der Rechner an die Händler soll nach wie vor aus Marl erfolgen. Die Verlagerung der PC-Fertigung soll bis April dieses Jahres abgeschlossen sein.

Sozusagen als Ausgleich für die verlorene PC-Fertigung hat Maxdata-Chef Lampatz jetzt die Verantwortung für den kompletten Monitoreinkauf der Gruppe. Im laufenden Jahr planen Vobis, Maxdata und Peacock einen gemeinsamen Monitorausstoß von mehr als zwei Millionen Einheiten.

CeBIT adè: Sparen auch bei Messeauftritten

Unter dem Etikett "Kostenreduzierung" steht auch die überraschende Entscheidung des Vobis-Managements, auf einen CeBIT-Auftritt zumindest in diesem Jahr zu verzichten. Da die Aachener auch die CeBIT-home nicht besuchen werden, ist Deutschlands größter PC-Discounter auf keiner der großen deutschen Computer-Shows vertreten. Statt dessen will Vobis 35 Hausmessen in den eigenen Superstores durchzuführen. Diese Aktionen sollen Ende März, Anfang April beginnen. Meldungen aus dem Markt zufolge plant Vobis auch tiefe Einschnitte in die Zahl der eigenen Filialen. Brancheninsider wollen überdies auch von geplanten gravierenden Veränderungen beim Franchise-Konzept erfahren haben, die bis zu einer völligen Auflösung dieser Organisation reichen sollen. Vobis-Chef Hügler aber will sich bei diesem Thema nicht in die Karten gucken lassen. Auf eine entsprechende Anfrage von ComputerPartner ließ er nur ausrichten, sowohl bei der Zahl der Filialen als auch beim Thema Franchise sei derzeit nur "Business as usual" angesagt.

Franchiser sind verunsichert

Was das heißt, bleibt der Phantasie überlassen. Fest steht, daß die Aachener noch penibler prüfen werden, ob sich die einzelnen Standorte rechnen und dann die erforderlichen Konsequenzen ziehen werden. Gut möglich auch, daß sich einelne Franchisenehmer von sich aus wieder zurückziehen. "Wegen der schlechten Konjunkturlage ist das Leben für die Franchisenehmer nicht mehr so schön wie noch 1994, als die Kassen nicht aufhörten zu klingeln", erklärt ein Vobis-Geschäftsfreund gegenüber ComputerPartner.

Eins ist mehr als wahrscheinlich: Nachdem Vobis den Anteil an Maxdata Ende letzten Jahres auf nunmehr 64 Prozent erhöht hatte (die restlichen 36 Prozent hält nach wie vor Unternehmensgründer Lampatz) sowie nach der Bündelung der PC-Fertigung in Würselen und nach der Konzentration des Monitor-Einkaufs in Marl ist erst der erste Schritt einer umfassenden Reorganisation der Gruppe vollzogen. Die verantwortlichen Personen auch bei Mutter-Metro denken derzeit intensiv über effizientere Strukturen in bezug auf die Vobis-Gruppe nach. Auch personelle Veränderungen sind nicht ausgeschlossen. (sic)

Maxdata-Geschäftsführer Joachim Gut ist jetzt als Vobis-Vorstand für PC-Einkauf und -Produktion der gesamten Gruppe verantwortlich.

Vobis-Chef Dr. Gert Hügler läßt sich in bezug auf die Pläne beim Filial- und Franchisegeschäft nicht in die Karten gucken.

Maxdata-Chef Holger Lampatz: Trotz hervorragender Geschäftszahlen muß er 230 Leute ausstellen. Zum Trost ist er jetzt Monitor-Chefeinkäufer der Gruppe.

PC-Fertigung bei Vobis: Die Qualität der Artist-PCs soll erhalten bleiben.

Zur Startseite