Vobis-Tochter Adam Riesig: Großhändler für kleine Wiederverkäufer

19.07.2001
Der PC-Großhändler Adam Riesig verkauft mit großem Erfolg an kleinere Wiederverkäufer. Kein Wunder, sagt mancher Branchenkenner, bei den Familienverhältnissen. Das Braunschweiger Unternehmen ist nämlich eine 100-prozentige Tochter von Vobis, Jürgen Rakow und Jürgen Bochmann führen das Geschäft. Also Erfolg durch Kungelei oder nur ein weiteres Standbein der Aachener?

Kennen Sie Adam Riesig?" Mit dieser Frage eröffnete ein Anrufer bei ComputerPartner eine kleine redaktionelle Schnitzeljagd. Hinter diesem PC-Großhändler verstecke sich niemand Geringerer als Jürgen Rakow von Vobis. Das Braunschweiger Unternehmen würde absolute Hammerpreise im PC-Bereich machen und die daraus resultierenden Verluste einfach bei Vobis unterbringen. Bei deren Verlusten fiele das ja nicht weiter auf. Adam Riesig hingegen sei hochprofitabel. Skandal! Mauschelei! Illegale Geschäftspraktiken!

Bevor nun alle mit gierig glitzernden Augen die Adam-Riesig-Lager leerkaufen wollen - stopp! Das Braunschweiger Unternehmen ist weder eine verheimlichte illegitime Tochter noch die Hauptfigur in einem Schurkenstück. Adam Riesig ist vielmehr eine hochoffizielle 100-prozentige Tochter von Vobis, und die beiden Vobis-Bosse Jürgen Rakow und Jürgen Bochmann teilen sich die Geschäftsleitung.

Gegründet wurde die GmbH unter dem Namen Mihi bereits 1995. Aber erst im Mai 2000 wurden der Geschäftszweck in "PC-Großhändler" und der Name Mihi in Adam Riesig geändert. Zu diesem Zeitpunkt stand die Firma Frank & Walter vor dem Aus und "viele mir persönlich bekannte, qualifizierte Mitarbeiter auf der Straße", erklärt Jürgen Rakow die letztjährige Si- tuation. Andererseits hatte Vobis zu diesem Zeitpunkt Defizite im Einkauf.

So kam eins zum anderen, und alle waren glücklich: Die qualifizierten Mitarbeiter hatten wieder ein berufliches Zuhause und Vobis seitdem eine gut gehende Einkaufsabteilung in Braunschweig mit Schwerpunkt Asien. Der VobisVorstandsvorsitzende und Großhändler-Geschäftsführer hat in den Adam-Riesig-Räumen auch ein eigenes Arbeitszimmer, und "an der Tür steht Vobis", erzählt Rakow schmunzelnd.

Großhandel versus Distribution

Der gebürtige Berliner legt großen Wert auf die Differenzierung zwischen "Großhändler" und "Distributor". "Der Großhändler verkauft das reine Produkt, zum Beispiel Steckdosen, an den Elektromeis-ter", definiert Rakow den Unterschied. "Was dieser mit der Steckdose dann machen kann, sollte er schon selbst wissen, immerhin ist er der Fachmann. Es ist nicht mein Ding, ihm zu erklären, wie er die Steckdose einzubauen hat. Der heutige Distributor hingegen muss nicht nur die Ware weiterverkaufen, er unterstützt den Hersteller auch noch bei der Marktbearbeitung, zum Beispiel durch Akquise, und muss dann noch dem Händler Support, also Hilfestellung, bieten. Für diese Mehrleistung, sollte er eigentlich auch mehr Geld verlangen. Die Distis verwässern doch den Markt, indem sie Unternehmen unterstützen, die eigentlich gar nicht lebensfähig sind."

Als lebensfähig und äußerst gesund präsentiert sich hingegen Adam Riesig. Derzeit gibt es 16 Mitarbeiter, und Rakow ist zuversichtlich, in diesem Jahr einen Umsatz "locker über 100 Millionen Mark" einzufahren. Das Sortiment ist etwas kleiner als das von Vobis, die Software fehlt. Neben den verschiedensten Komponenten wie Festplatten, CD-Laufwerke und Monitore werden auch PCs verkauft. "Ja, es sind Vobis-Rechner", bekennt Rakow, "aber die sind nicht sonderlich erfolgreich. Die kleinen Wiederverkäufer, die wir hauptsächlich ansprechen, kaufen lieber individuell konfigurierte Rechner. Aber auf absehbare Zeit werden wir kein Built-to-Order-Modell einführen." Gut gehen hingegen die TFTs, wohl dank der eingespielten Einkäuferriege mit Schwerpunkt Asien.

Und wie steht es um die Preise? Wer sich schon einmal die Preisliste von Adam Riesig angesehen hat, wird keinen nennenswerten Unterschied zu anderen Distributoren, pardon Großhändlern, finden. Andererseits ist es für Rakow absolut normal, dass Vobis und Adam Riesig gemeinsame Volumina einkaufen. Der Großhändler ist somit bei Einkäufen sehr wohl Nutznießer möglicher Mengenrabatte, Vobis aber auch. "Und bei den Highscreen-PCs machen wir Adam Riesig selbstverständlich besonders gute Preise, aber nicht die gleichen wie Vobis." Rakows Ziel ist eben immer noch, vor allem Vobis in die schwarzen Zahlen zu bringen und dann mit Profit zu verkaufen.

www.vobis.de

www.adamriesig.de

ComputerPartner-Meinung:

Aus Vobis-Sicht ist die Ausweitung des Geschäftes absolut nachvollziehbar. Neben Ladengeschäften, Internet-, Mailorder- und Telefonverkauf ist der Wiederverkauf ein weiteres Standbein. Pikant wird nur die Situation für den anvisierten kleinen Wiederverkäufer, sprich den Fachhändler. Ausgerechnet er, der sich in seiner Existenz von Computershops wie Vobis bedroht fühlt, soll nun bei seinem "Erzfeind" einkaufen und dessen Säckel füllen. Aber vielleicht sollte man es auch von der anderen Seite betrachten: Nun kann auch der Fachhändler aus dem Margenpoker eines Großen Gewinn ziehen. (go)

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