Vom Handwerker zum Manager: "Reaktive Wartung ist Service aus dem letzten Jahrhundert"

17.10.2002
Die Technoservice Systemwartung GmbH in Dreieich ist ein Pionier der deutschen IT-Dienstleistungssparte: Seit mehr als zehn Jahren lebt das Unternehmen erfolgreich vom abstrakten Begriff "Service". Geschäftsführer Günther de las Heras über die Evolution der Servicemodelle.

Es ist gerade mal 13 Jährchen her, dass die 1980er-Jahre vorbei sind. Nirgends scheinen sie länger Vergangenheit zu sein als im Bereich der IT-Service-Dienstleistung im Highend-Server-Bereich. Aus heutiger Sicht vergleichsweise prähistorisch muten die Serviceangebote des genannten Jahrzehnts und mitunter auch der Anfänge der 1990er-Jahre an.

Unternimmt man den Versuch, den IT-Service allein der letzten 13 Jahre bis heute tendenziell in Epochen zu unterteilen, so heißen diese in chronologischer Reihenfolge: Hardwarewartung - Systemwartung - Sys-tembetreuung. So klein die Veränderungen in den Bezeichnungen scheinen, so stark differieren sie bezüglich der Inhalte.

In den 1980er-Jahren war die verantwortungsvolle Aufgabe eines Inhouse-Administrators für seine IT-Landschaft noch recht überschaubar. Die Betreuung der zumeist herstellerhomogenen Rechenzentren selbst von international tätigen Konzernen war mit unternehmenseigener Manpower weitestgehend zu realisieren. Zu einer relativ überschaubaren Anzahl der unternehmenseigenen IT-Mitarbeiter kamen in Belangen der Wartung die externen Wartungstechniker hinzu.

Bei diesen dominierten die Hersteller der Systeme, die neben ihrem Kerngeschäft - Produktion und Vertrieb ihrer Produkte - wie beiläufig und mit nachrangiger Priorität auch die Wartung ihrer Systeme übernahmen. Service war definiert und wurde verstanden als Hardwarewartung, um den Ausfall der Geräte zu vermeiden und die Funktionstüchtigkeit hochwertiger Investitionsgüter durch zeitnahe Reparaturen zu sichern.

Die Servicemitarbeiter der damaligen Zeit waren Techniker im eigentlichen, handwerklichen Sinne. Ihre erforderliche Qualifikation in Form der Kenntnisse und Praxiserfahrungen in der IT-Technik hatten sie auf die eigenen Geräte spezifiziert oder sogar reduziert. Doch eines war dem Herstellerservice damals wie heute zu Eigen: Er war ein Stiefkind, was die Kundenorientierung betrifft. So etablierten sich seit Ende der 80er-Jahre zunehmend herstellerunabhängige Serviceunternehmen, die mit ihrem Produkt "Service" im Bereich der Highend-Server-Technologie den Herstellern mehr als nur Paroli boten.

Die ohnehin gegebene Nachfrage nach solchen herstellerneutralen Services wuchs weiter, gefördert vor allem durch notwendige Expansionen der IT-Systeme. Zwei Faktoren spiel(t)en bei der Neuanschaffung für Unternehmen eine Rolle: eine gewünschte Herstellerunabhängigkeit und, damit verknüpft, der durch eine Wettbewerbssitua-tion gegebene finanzielle Verhandlungsspielraum. Daraus resultierte eine Vielzahl von bestehenden Multi-Vendor-Umgebungen in den IT-Zentren der Unternehmen. Alleine die Koordination der lang bevorzugten Herstellerservices führte die unternehmensinternen IT-Abteilungen bei diesen Veränderungen schnell an die Kapazitätsgrenzen. Darüber hinaus ergab sich bei der klassischen Hardwarewartung das Problem, dass sich zwar die verschiedenen Herstellerservices um die Funktionalität ihrer eigenen Geräte kümmerten, doch damit war nicht automatisch die Funktionalität des Gesamtsystems gewährleistet.

So entwickelte sich in den 1990er-Jahren der Serviceanspruch von der klassischen Hardware- in Richtung Systemwartung. Nicht länger die Hardwarefunktionalität war durch die externen Service-Dienstleister zu garantieren, sondern die Funktionalität aller Komponenten, die als System zusammenwirken. Auf diese Weise verschoben sich die handwerklichen Anforderungen des Service-Mitarbeiters hin zum analytischen Denken und zum Umgang mit der Dokumentation. Dessen Aufgabe war es nunmehr, durch entsprechende Analysen sowie die Beseitigung von Hardware- und Softwarefehlern die Systemfunktionalität sicherzustellen.

Die kontinuierliche Systemanalyse gewann an Bedeutung. Entsprechend wurden proaktive Tools und Managementtools etabliert. Fernwartungssysteme unterstützten die externen Dienstleister auch über größere Entfernungen zu jeder Zeit bei ihrer Arbeit. Bereits im vorigen Jahrzehnt war das Service-Outsourcing an der Tagesordnung. Die Kombination der Konzentration auf das eigene Kerngeschäft mit einem einsetzenden Kosten- und Personaldruck auf die Unternehmen erforderte zwangsläufig die Orientierung zu externen Dienstleistern. Diese Situation sollte sich noch weiter verschärfen und in der vorläufig letzten Epoche, der Sys-tembetreuung, gipfeln. Ohne auch hier eine scharfe zeitliche Grenze ziehen zu können, veranschlagen wir den Beginn für die letzte Evolutionsstufe kurz nach der Jahrtausendwende.

Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage sorgt für erhebliche Kürzungen der Finanzmittel in allen unternehmerischen Belangen, auch (und vielleicht gerade) im Bereich der IT. Gleichzeitig hat aber die Bedeutung der Verfügbarkeit der IT-Systeme einen neuen Höhepunkt erreicht. Letztere ist neben der Performance nunmehr höchste Anforderung und ergo Gegenstand moderner Serviceverträge. Das Ziel des IT-Service ist heutzutage kein geringeres als die Gewährleistung der vom jeweiligen Unternehmen beanspruchten Systemverfügbarkeit. Die heutigen Service-Dienstleister haben die Aufgabe, Systemausfälle und Performance-Einbußen bereits im Vorfeld zu vermeiden.

Ein solcher systemübergreifender Verantwortungsansatz und seine Umsetzung markieren einen neuen Grad der Qualitätsansprüche an IT-Systembetreuung. Diese erfordern andere und neue Mittel, zum Beispiel die Optimierung bestehender Systemmanagement- und Fernwartungssysteme und die Etablierung eines zeitnahen Eskalationsmanagements sowie Wissens- und Informationsmanagements.

Auch die vertraglichen Ansprüche an einen modernen IT-Service haben sich längst von den starren Pauschalverträgen der zurückliegenden zehn Jahre gelöst. Moder-ne Service-Level-Agreements (SLA) bieten dem Kunden heute jene Leistungs- und Kostentransparenz, die er einfordert.

Längst sind die Zeiten vorbei, in denen Service als Zusatzleistung des Hardwarevertriebs mehr schlecht als recht angeboten wurde. Es haben sich längst verschiedene Zuständigkeitsbereiche differenziert (Planung, Implementierung, Betrieb), in denen sich Hersteller und herstellerneutrale Dienstleister mit ihrem Portfolio und ihren jeweiligen Kernkompetenzen etabliert haben. Gerade im Bereich Service (Betrieb) sind die herstellerunabhängigen Service-Dienstleister aufgrund ihrer Spezialisierung den Herstellern voraus, weil sie die Servicequalität angehoben und/oder die Kosten reduziert und transparent gemacht haben. Vor allem bieten sie bereits heute eine Betreuung aus einer Hand und entsprechen damit dem Wunsch der Unternehmen nach einem Single Point of Contact (SPOC) im Sinne einer konsolidierten Prozessplattform.

Wagt man einen Ausblick, so kann man durchaus eine weitere, deutliche Tendenz feststellen, die eine neue Ausprägung in den nächsten Jahren zur Folge haben wird: die Zunahme der Bedeutung des Sing-le Point of Contact (SPOC). Selbst in wirtschaftlich wieder besseren Zeiten wird das Effizienzdenken für die Serviceorganisation der eigenen IT-Infrastruktur sicherlich weiterverfolgt.

Das Bestreben der Unternehmen wird nach der externen Übertragung der Systemverfügbarkeit dahin gehen, dass sich die Gesamtverantwortung der zuständigen Dienstleister auf einen reduziert. Zwar wird ein Unternehmen alleine aus Gründen des Betreuungsumfangs aus dem Planungs- und Implementierungsbereich weiter mit mehreren Dienstleistern beziehungswei-se Herstellern zusammenarbeiten und Verträge schließen müssen (vertragliche Beziehung). Doch möchte man die Prozessverantwortung (Koordination, Supervision und Eskalationsmanagement) in eine Hand geben (Prozessbeziehung).

Das hat zur Folge, dass ein einzelner Service-Dienstleister, der nicht einmal zwingend selbst Leistungen zur Gewährung der Systemverfügbarkeit erbringen muss, als Prozessverantwortlicher einziger Ansprechpartner für das Unternehmen ist. Er erhält und gewährt die Gesamtverantwortung für die Performance und die Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur des Un-ternehmens. Basis dafür ist ein Qualitätsmanagement, das für alle Beteiligten verbindlich ist und einer ständigen Überprüfung unterliegt. Diese Service-Provider-Konsolidierung folgt nur konsequent der gewünschten Minimierung des unternehmerischen Organisationsaufwands zugunsten der Konzentration auf das jeweilige Kerngeschäft des Anwenders. Den klassischen Begriff Outsourcing wird man spätestens dann um eine Lesart bereichern oder gar neu definieren müssen. (mf)

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