Vom Hardwarehersteller zum Systemintegrator

16.08.1996
ESCHBORN: Nach einem langjährigen Schlingerkurs als hostzentrierter Hardwareanbieter und einem Business-Reengineering-Prozeß will die Memorex Telex GmbH jetzt als Systemintegrator Fahrt aufnehmen. Vor allem mit Dienstleistungen will das Unternehmen Geld verdienen.An nackten Unternehmensdaten im Geschäftsjahr 1995/96 (Stichtag 31.3.96) kann Erwin Vorbauer, Geschäftsführer der Memorex Telex GmbH in Eschborn, vorlegen: 213 Millionen Mark Umsatz bei 375 Mitarbeitern, verteilt auf 30 Büros in Deutschland. Und zirka 260 Millionen Mark Umsatz, wobei die letztjährige Rendite von etwa neun Prozent gehalten werden soll, nennt er als Zielsetzung für dieses Jahr (siehe Kasten: "Facts & Figures").

ESCHBORN: Nach einem langjährigen Schlingerkurs als hostzentrierter Hardwareanbieter und einem Business-Reengineering-Prozeß will die Memorex Telex GmbH jetzt als Systemintegrator Fahrt aufnehmen. Vor allem mit Dienstleistungen will das Unternehmen Geld verdienen.An nackten Unternehmensdaten im Geschäftsjahr 1995/96 (Stichtag 31.3.96) kann Erwin Vorbauer, Geschäftsführer der Memorex Telex GmbH in Eschborn, vorlegen: 213 Millionen Mark Umsatz bei 375 Mitarbeitern, verteilt auf 30 Büros in Deutschland. Und zirka 260 Millionen Mark Umsatz, wobei die letztjährige Rendite von etwa neun Prozent gehalten werden soll, nennt er als Zielsetzung für dieses Jahr (siehe Kasten: "Facts & Figures").

Bei der Vorlage dieses Zahlenwerks ist dem seit 24 Jahren bei Memorex Telex arbeitenden Manager Genugtuung anzumerken. Denn die für sein Unternehmen dringend benötigte Umstellung vom ehemaligen IBM-Konkurrenten im Hostbereich zum Multivendor-Systemintegrator, der Produkte von 95 Herstellern aus den Bereichen Mainframe, PC, Software, Netze, Kabel und Sprach- und Datenübertragung anbietet, ist für ihn jetzt geschafft.

Daß das aber nicht selbstverständlich ist, sondern laut Vorbauer das Resultat eines "schmerzhaften Business-Reengineering-Prozesses" darstellt, den das Unternehmen "gerade noch rechtzeitig angegangen ist, um nicht unter ferner liefen zu rangieren", beweist ein Blick auf die Ergebnisse der amerikanischen Muttergesellschaft Memorex Telex Inc. in Santa Clara, Kalifornien. Diese erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr (Stichtag 31.3.1996) bei 834 Millionen Dollar Umsatz zirka 246 Millionen Dollar Verlust.

"Wir sind von der Muttergesellschaft weitgehend unabhängig. Denn erstens machen wir zirka ein Drittel des Gesamtumsatzes. Und zweitens liegt der Hardwareanteil, den wir über Preislisting aus den USA beziehen, bei 20 Prozent. Alles andere betreiben wir in Eigenregie", erklärt dazu Klaus Hoffmann, Geschäftsführer der Memorex Telex Systemhaus GmbH, die 1995 mit PCs zirka 40 Millionen Mark Umsatz machte.

Zwar streitet Hoffmann nicht ab, daß bei einem Zusammenbruch der Muttergesellschaft die positive Entwicklung der deutschen Tochtergesellschaft wieder eine Delle bekommen könnte, doch "die Memorex Telex GmbH könnte auch aus eigener Kraft weiterleben". Denn "heute sind wir ein großes Handelshaus, das sich als Systemintegrator großer Hersteller versteht", faßt Kollege Vorbauer zusammen. "Wir werden unser Geld vor allem mit Dienstleistungen verdienen. Damit wollen wir im nächsten Jahr 85 Prozent des Umsatzes erzielen.", verspricht er.

Daß er dabei dennoch von der Geschichte der Memorex Telex als Anbieter von Speicherprodukten, Terminals und Verkabelung im IBM-Umfeld profitieren möchte, gibt er zu. "Unser Alleinstellungsmerkmal als Systemintegrator ist, daß wir aus der Host-Welt kommen und somit Host-Erfahrung bei der LAN-Vernetzung von Unternehmen anbieten können. Hosts gibt es in den meisten Großunternehmen noch immer", wirbt Vorbauer mit Blick auf den Markt unabhängiger Systemintegratoren wie beispielsweise Telemation, AMC und IBS.

Welche Größenvorgabe die Eschborner bei Dienstleitungen verstehen, ist eindeutig: "Jedes Geschäft, das über zwei Millionen Mark ausmacht. Hier suchen sich die Hersteller einen großen Anbieter, der für sie gegenüber dem Kunden als Unternehmer auftritt", erklärt Vorbauer.

Das Angebot an Dienstleistungen

Und da bei Geschäften ab dieser Größenordnung schnell international agierende Unternehmen bei ihm anklopfen, macht Vorbauer einen Trend im Markt für größere und große Dienstleister für sich geltend: Multivendor-Anbieter mit internationaler Ausrichtung haben bei großen Aufträgen im Dienstleistergeschäft Vorteile. Das jüngste Beispiel für diesen Trend: Der Verkauf von Netzwerkdienstleister Compunet an den amerikanischen Konzern General Electric (siehe ComputerPartner 11/96, Seite 12).

Den Trend bestätigt Eduard Stupening, Leiter Consulting beim Marktforscher Dataquest in München: "Professionelle Dienstleistung heißt für viele Kunden, daß Systemintegratoren ihre Ausrichtung auf internationale Märkte mit entsprechenden Supportleistungen unterstützen können. Wer nur regional agiert, macht auch nur regional Geschäfte", erklärt er gegenüber ComputerPartner. Allerdings verweist er auch auf die Profitabilität dieser Dienste: "Services nehmen einen immer größeren Anteil des Budgets für Downsizing-Prozeß hin zu Client/ Server-Architekturen in Anspruch. Der Service-Anteil am Budget ist in den letzten sechs Jahren von 51 Prozent auf 55 Prozent gestiegen." (Siehe Grafik "Die Spitze des Eisbergs")

Daß Dienstleister dabei auch vermehrt zeitintensive Kundenansprüche bei Support und Service befriedigen müssen, ist in Eschborn bekannt. So verweist Geschäftsführer Vorbauer darauf, daß sein Unternehmen als selbständiges Tochterunternehmen der weltweit agierenden amerikanischen Memorex Telex auf die drei über eine Hotline erreichbaren Supportcenter (Technical Assistance Center) im Tulsa, USA, in Sydney und in Frankfurt zugreifen kann. "Unsere Kunden bekommen Support rund um die Uhr. Hier werden sie in allen technischen Fragen unterstützt. Für internationale Unternehmen spielt das eine wesentliche Rolle, denn sie wollen einen Anbieter und nicht von Land zu Land verschiedene", erklärt Vorbauer.

Die Servicekosten sollen aber die dünnen, nach Angaben Vorbauers maximal bei zirka acht Prozent liegenden Hardware-Margen nicht aufzehren. Deshalb hat das Unternehmen zusätzlich als Controllinginstrument "interne Qualitätskontrollen mit Rückkopplungseffekt zu unseren Herstellern eingeführt. Damit können wir unseren Kunden herstellerunabhängig Qualität anbieten, während wir uns auf qualitativen Service und Support, der das eigentliche Geschäft ausmacht, konzentrieren können", erklärt der Geschäftsführer.Und das heißt für den neuen Dienstleister: "Unternehmen müssen unser Know-how bereits bei der Beratung erleben. Was wir hier leisten, kommt ihnen und uns gemeinsam zugute und schlägt sich in der Produktivität der Mitarbeiter deutlich nieder."

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